21.06.2016 12:41 Uhr

Hummels gedanklich noch im Ruhrpott

Findet die Erwartungshaltung im eigenen Land zu hoch: Mats Hummels
Findet die Erwartungshaltung im eigenen Land zu hoch: Mats Hummels

Der deutsche EM-Auftakt gegen die Ukraine? Holprig. Das zweite Spiel gegen Polen? Eine Nullnummer. Zufrieden ist in Deutschland keiner. Zu Unrecht, findet Mats Hummels und gibt zu gedanklich noch beim BVB zu sein.

Es ist knapp zwei Jahre her da sicherten sich die deutschen Kicker den vierten Stern auf dem DFB-Trikot. Doch die Zeit nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft nutzten vor allem Fans, um ihre Erwartungshaltung nach oben zu korrigieren. Ein Umstand, der dem künftigen Münchner sauer aufstößt.

"Es wird zurzeit immer so getan, als hätten wir bei der WM den Weltfußball dominiert", monierte der Innenverteidiger im Interview mit der "SZ". Dabei habe die deutsche Auswahl in Brasilien nur zwei von sieben Spielen deutlich gewonnen: den Auftakt gegen die Portugiesen und das legendäre 7:1 gegen die Gastgeber. Die anderen fünf Partien habe die Nationalmannschaft nicht deutlich oder nur "mit einem Tor Unterschied" gewonnen.

Nach der Partie gegen die Algerier, die die Deutschen 2014 erst in der Verlängerung entscheiden konnten, hagelte es Kritik aus dem eigenen Land. Damals verlor Per Mertesacker die Geduld: "Glauben sie jetzt unter den letzten 16 ist irgendeine Karnevalstruppe oder was?" Anschließende kühlte er sich in der Eistonne ab. Nun tritt Hummels auf die Euphoriebremse: Seit der WM 2014 werde "alles verklärt."

Verweis auf Dortmunder Dribblings

"Es geht mir zunehmend auf den Zeiger, dass manche Leute immer noch nicht in der Lage sind, das vernünftig zu reflektieren", stellte der 27-Jährige klar. Seitdem werde so getan als wäre alles überragend gewesen. Das sei auch der Grund warum man nach einem 0:0 gegen die Polen unter "Rechtfertigungsdruck" gerate. Einen kleinen Versuch die Landsleute zu beschwichtigen schickte er hinterher: "Keine Sorge, wir sind da im Training dran."

Auch in Frankreich hat die DFB-Auswahl zu kämpfen. Deutschlands Gegner stehen auffällig defensiv - Teilweise verteidigten die Polen zum Beispiel mit elf Mann in der eigenen Hälfte. Als umstritten gilt daher Löws Entscheidung, auf Mario Götze als falschen Neuner zu setzen. Hummels allerdings hält Götze für die richtige Wahl: "Ich bin fest davon überzeugt, dass man gegen tief stehende Mannschaften Dribbler braucht, und davon haben wir bei der Nationalmannschaft eben nicht allzu viele."

Einen Tipp für seinen Mannschaftskollegen hat der Neu-Münchener ebenfalls parat: "Ich habe vor ein paar Tagen erst zu ihm gesagt: Du hast damals Super-Dribblings gehabt, du hast 90 Minuten lang deinen Außenverteidiger genervt, mach das doch wieder." Ob der Verweis auf gemeinsame Dortmunder Zeiten hilfreich ist wird sich zeigen: Die Nordiren überzeugten bei der EM lediglich in der Defensive. Die bestand zum Auftakt gegen Polen aus einer Fünferkette.

Gedanklich noch im Ruhrpott

Auch zu seinem Wechsel zum FC Bayern München äußerte der Abwehrspezialist sich: "Grundsätzlich waren England, Spanien und Deutschland die relevanten Ligen, in denen ich mir vorstellen konnte, noch mal Fußball zu spielen." Den "einen englischen Verein", bei dem das Gesamtpaket gepasst hätte, gab es allerdings nicht. Das Anforderungsprofil war klar: "Ein Verein, der mich fasziniert, zu dem ich immer schon wollte, bei dem die sportliche Konstellation stimmt und der natürlich nächste Saison in der Champions League spielt." Daher die "Grundsatzentscheidung" in Deutschland zu spielen.

So ganz angekommen ist er dort aber noch nicht: Auf die Frage ob er die Pokal-Auslosung verfolgt habe antwortete Hummels: "Ja, und meine erste Reaktion war: Okay, jetzt müssen wir in der ersten Runde also nach Trier." Problem: Trier ist Gegner des BVB. Der deutsche Rekordmeister hingegen muss gegen Jena antreten.