26.06.2016 13:24 Uhr

Portugal: Der Zweck heiligt alle Mittel

Cristiano Ronaldo will endlich den Titel - egal auf welche Art und Weise
Cristiano Ronaldo will endlich den Titel - egal auf welche Art und Weise

Cristiano Ronaldo akzeptiert für den großen Traum vom EM-Titel sogar den grauslichen Weg des Zweck-Fußballs. Kein Spiel konnte Portugal bisher in der regulären Spielzeit gewinnen - und steht dennoch im Viertelfinale.

Der Schnarch-Sieg gegen Kroatien brachte nun auch noch Häme und Kritik. Doch: Nach dem 1:0 (0:0) nach Verlängerung im Achtelfinal-Langeweiler gegen Kroatien scheint der Weg ins erste Endspiel seit der Heim-EM 2004 für Ronaldo und Co. offen zu stehen. "Wir halten erst in Paris", titelte die Sportzeitung "A Bola".

Kroatiens Coach Ante Čačić brachte die Groteske nach dem teils quälenden Gekicke in Lens auf den Punkt: "Portugal ist jetzt der neue Favorit. Sie können es bis ins Finale schaffen." Im Viertelfinale am Donnerstag in Marseille warten die schwächer als Kroatien eingeschätzten Polen. "Das ist das Ergebnis unseres tollen Teamspirits – und von sehr viel harter Arbeit", meinte Innenverteidiger Pepe, der gegen Kroatien wertvoller war als Ronaldo.

Ronaldos Bilanz des Scheiterns

Seit der traumatischen 0:1-Niederlage gegen Underdog Griechenland in Lissabon vor zwölf Jahren läuft Ronaldo dem Ziel hinterher, Portugal mit einem internationalen Titel zu beglücken. 2006 WM-Halbfinale, 2008 EM-Viertelfinale, 2010 WM-Achtelfinale, 2012 EM-Halbfinale, 2014 WM-Vorrunde lautet die Bilanz des bisherigen Scheiterns.

Ein einziger Torschuss in 120 Minuten genügte Portugal, um Kroatien auf dem Weg ins Endspiel aus dem Weg zu räumen. Und natürlich hatte Ronaldo seine Füße im Spiel. Kroatiens Danijel Subašić parierte seinen Schuss aus kurzer Distanz. Der eingewechselten Ricardo Quaresma köpfte den Abpraller aber ein. "Fast 120 Minuten lang war es ein ziemlich einfacher Job für uns gegen Ronaldo. Doch dann kam sein Moment", klagte Kroatiens Innenverteidiger Vedran Ćorluka.

Bekommt Ronaldo doch noch einmal die große Chance, auch mit dem Nationalteam etwas zu holen? "Ich habe immer gesagt, dass es mein Traum ist, mit der Nationalmannschaft einen großen Titel zu gewinnen", hatte der inzwischen 31-Jährige bereits vor dem Spiel gesagt. Angesichts der bisherigen Leistungen im Turnier erscheint diese Aussage verblüffend. Zwar spielte Portugal unter dem Strich besser, als es die nackten Ergebnisse erahnen lassen. Doch ein Titelkandidat tritt eigentlich anders auf.

Portugals Trainer glaubt an sein Team

"Kroatien hat in der Gruppenphase den besten Fußball gespielt", meinte auch Portugals Coach Fernando Santos. Als erstes Team gelang es Portugal, die hochgelobten Ivan Rakitić, Luka Modrić und Co. zu entwaffnen. "Sie haben uns weit vom Tor weggehalten. Deren Defensive war sehr gut", lobte Kroatiens Coach Čačić. Vor allem Ausnahmekönner Modrić war völlig isoliert, der Spielgestalter musste sich teilweise am eigenen Strafraum die Bälle holen.

Dies war zwar furchtbar unansehnlich, am Ende aber der Schlüssel zum Sieg. "Das war ein sehr taktisches Match. Wir haben versucht, das Spiel zu machen, aber Kroatien hat uns nicht gelassen. Und Kroatien hat auch versucht, das Spiel zu machen, aber wir haben sie auch nicht gelassen", beschrieb Santos ein mit Spannung erwartetes Spiel, das sich am Ende als einer der größten Langeweiler bei dieser bislang ohnehin an Höhepunkten so armen EM entpuppte.

Es spricht auch für Portugal, dass sie ihre extrem günstige Ausgangslage so defensiv angehen wie das Spiel am Samstag. "Es gibt keine einfachen Gegner mehr in diesem Turnier. Polen hat ein starkes Team, wir müssen wieder unser Bestes geben", meinte Abwehrspieler Cedric Soares. Auch Trainer Santos deutete allenfalls an, was bei diesem Turnier noch möglich scheint: "Unser Team entwickelt sich immer mehr, ich glaube an meine Spieler."