28.06.2016 10:47 Uhr

Hazard läuft heiß: Belgien träumt vom Titel

Eden Hazard nähert sich seiner Bestform
Eden Hazard nähert sich seiner Bestform

Auf der Reise in seine Vergangenheit verkneift sich Eden Hazard große Gefühle. "Natürlich", betont der Kapitän der belgischen Nationalmannschaft, sei es etwas Besonderes, in Lille zu spielen. Es sei aber nicht das Wichtigste. "Viel wichtiger ist es, dass wir unsere Leistung bestätigen", sagte Hazard vor dem EM-Viertelfinale am Freitag gegen Wales.

Wenn Hazard "wir" sagt, dann meint er auch sich selbst. Mit einem Tor und einer Vorlage war er beim überzeugenden 4:0 im Achtelfinale gegen Ungarn der herausragende Mann. Rechtzeitig zur entscheidenden Turnierphase scheint der Hochbegabte endlich in Schwung zu kommen - nach einer Saison mit vielen Selbstzweifeln und reichlich Kritik.

Hazard, 2012 nach fünf Jahren beim OSC Lille für 40 Millionen Euro zum FC Chelsea gewechselt, durchlebte ein anhaltendes Tief. Der 25-Jährige erzielte in 31 Spielen der Premier League lediglich vier Tore, in der Champions League traf er bei acht Einsätzen überhaupt nicht.

Es waren aber nicht nur seine rätselhaft uninspirierten Vorstellungen auf dem Rasen, die seine Kritiker auf den Plan riefen. Beim Achtelfinal-Hinspiel in der Königsklasse gegen Paris St. Germain tauschte er schon in der Halbzeitpause das Trikot mit Angel Di Maria. Die ManUnited-Legend Roy Keane attestierte ihm darauf das Verhalten eines "verzogenen Kindes".

Bei den Chelsea-Fans verlor Hazard nach seinen überragenden Leistungen im Meisterjahr 2015 ebenfalls an Ansehen. Sie nahmen ihm weniger seine mittelmäßigen Auftritte übel, sondern dass er trotz eines Vertrages bis 2020 heftig mit PSG flirtete.

Das Kapitänsamt beflügelt

Im Kreise der Nationalmannschaft blüht der Edeltechniker wieder auf. Obwohl er nicht immer als Freund von Nationaltrainer Marc Wilmots galt, bestimmte dieser ihn vor dem Turnier nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Vincent Kompany zum Kapitän. "Plötzlich muss ich ernsthafte Dinge sagen. Nach und nach versuche ich, das zu lernen", sagt Hazard.

Als Superstar sieht sich Hazard, der von den Teamkollegen als "bodenständig" und "sehr intelligent" beschrieben wird, deshalb nicht. Er denke vielmehr, dass es die Medien seien, die ihn dazu machen. "Der Star", so Hazard, "das bin nicht ich, sondern die Mannschaft."

Aber jede Mannschaft braucht Führungsspieler, auch wenn diese gerne mal zwischen Genie und Wahnsinn schwanken. "Ein Kapitän kann nicht immer nur mit dem Mund sprechen, er muss auch mit seinen Füßen sprechen. Ich vergleiche ihn ein bisschen mit Zinedine Zidane", sagte Wilmots, der sich schützend vor Hazard stellt: "Er ist erst 25. Man darf nicht vergessen, was er schon alles geleistet hat."

Gute Erinnerungen an Lille

Das haben sie auch in Lille nicht vergessen. Angeführt von Hazard gewann OSC 2011 das Double. Hazard erinnert sich gerne an die Zeit in einer "sehr schönen Stadt" zurück.

Der mit drei Brüdern - Thorgan spielt bei Borussia Mönchengladbach - in der Kleinstadt La Louvière aufgewachsene Hazard sorgte aber schon damals für Schlagzeilen außerhalb des Platzes. Das "Juwel des belgischen Fußballs" (Jugendtrainer Stephane Adams) zog sich 2011 den Unmut des Verbandes zu. Nach seiner Auswechslung in einem EM-Qualifikationsspiel verließ er das Stadion und bekämpfte seinen Frust mit einem Hamburger an der Imbissbude. "Burger-Gate" ist inzwischen verziehen. Jetzt zählt erst einmal nur die Rückkehr nach Lille.