01.07.2016 11:25 Uhr

Kroos: Der Mittelfeld-Chef gibt den Takt vor

Ist im DFB-Dress mittlerweile unverzichtbar: Toni Kroos
Ist im DFB-Dress mittlerweile unverzichtbar: Toni Kroos

Vor vier Jahren war Toni Kroos im EM-Halbfinale gegen Italien der Unglücksrabe als wenig erfolgreicher Manndecker von Andrea Pirlo. Heute ist er der unumstrittene Chef im Mittelfeld.

Toni Kroos lächelte die Vergangenheit einfach weg. "Warum sollte ich ein Italien-Trauma haben? Das müssen Sie mir erst einmal erklären, bevor ich das dementiere. Ich habe doch erst einmal bei einem Turnier gegen Italien gespielt", sagte er sichtlich amüsiert vor dem EM-Viertelfinale am Samstag gegen Italien. Dieses eine Mal, von dem Kroos sprach, hatte es allerdings in sich.

Im Halbfinale der EM 2012 in Warschau unterlag die deutsche Nationalmannschaft Italien mit 1:2, Kroos stand sinnbildlich für das Scheitern: Als Manndecker gegen Andrea Pirlo war er eine Fehlbesetzung. Bundestrainer Joachim Löw brauchte lange, um die Niederlage zu verarbeiten. "Natürlich denkt man noch mal an das Spiel, aber unsere Niederlage lag nicht an der Taktik, sondern vielmehr an individuellen Fehlern", sagte Kroos.

Chancenlos gegen Pirlo

Und doch dürfte Kroos auch heute noch dieses denkwürdige Match am 28. Juni 2012 wurmen. In der 20. Minute wurde er von Pirlo schon zum wiederholten Male austrickst, Pirlo setzte Giorgio Chiellini in Szene, und nach einer Flanke des Verteidigers erzielte Mario Balotelli die italienische Führung. Der Anfang vom Ende für den deutschen EM-Traum. Kroos war von Altmeister Pirlo teilweise schwindelig gespielt worden.

Dass er, Kroos, damals in der Kritik stand und zu einem der Hauptschuldigen für die Pleite auserkoren wurde - vergessen, wie er glaubhaft versichert. Die Narben sind verheilt, der Champions-League-Sieger von Real Madrid ist längst der Dreh- und Angelpunkt des deutschen Spiels, wie auch Jerome Boateng erklärte: "Er ist einer der wichtigsten Spieler bei uns und in Madrid. Er übernimmt Verantwortung und ist immer gefährlich."

"Kroos ist unser Fixpunkt"

Für Kroos, den sein früherer Förderer Jupp Heynckes schon zu Leverkusener Zeiten als großen Strategen bezeichnet hat, ist dies eine normale Entwicklung. Die Passmaschine, mit 92,3 Prozent gelungener Anspiele die absolute Nummer eins bei der EURO, hat sich unverzichtbar gemacht. Deshalb heißt es schon lange nicht mehr: Für wen spielt Kroos? Es heißt: Wer spielt neben Kroos?

"Toni Kroos ist auf dem Platz unser Fixpunkt", sagte Joachim Löw über seinen Dirigenten, der auf dem Platz den Takt bestimmt und den Ton angibt. Während er auf dem Rasen die Musik macht, muss Kroos sich in der Kabine, im Bus oder auch im Fitnesszelt aber zurückhalten. "Ich muss mir Kopfhörer anziehen, weil meine Musik keiner hören will", berichtete der Fan von Pur. Ober-DJ Boateng konnte da nur zustimmend nicken.