07.07.2016 23:34 Uhr

Noten: Müller glücklos, Kimmich zahlt Lehrgeld

Pechvögel unter sich: Boateng musste verletzt runter, Kimmich unterlief ein schlimmer Bock
Pechvögel unter sich: Boateng musste verletzt runter, Kimmich unterlief ein schlimmer Bock

Aus der Traum! Zwei individuelle Aussetzer kosten Deutschland das EM-Finale. Während die Defensive einen soliden Job macht, fehlt der Angriffsabteilung Wucht und Tempo. Die Einzelkritik der DFB-Elf.

Tor

Manuel Neuer: In der stürmischen Anfangsphase der Franzosen hellwach, als Griezmann durch den deutschen Strafraum spazieren durfte und der Bayern-Keeper per Blitzreflex den frühen Rückstand vermeiden konnte. Danach beschränkte sich die Rolle des dreifachen Welttorhüters weitestgehend aufs Ballverteilen als verkappter Libero. Beim Strafstoß kurz vor der Pause chancenlos. Sah beim zweiten Gegentreffer nicht gut aus, als sein Abwehrversuch vor den Füßen von Griezmann landete. An ihm lag's dennoch nicht. Note: 3,0

Abwehr

Jonas Hector: Zunächst eine solide Vorstellung des Viertelfinal-Helden. Hatte zu Beginn alle Hände voll zu tun, erledigte seine Defensivaufgaben aber zuverlässig. In der stärksten Phase der Löw-Elf Mitte des ersten Durchgangs häufig mit ins Offensivspiel eingebunden, seine Flanken blieben jedoch ungefährlich - auch mangels kopfballstarker Abnehmer im Zentrum. Nach dem Seitenwechsel wirkten seine Vorstöße immer kopfloser, oft ließen seine Pässe jede Präzision vermissen. Note: 3,5

Jérôme Boateng: Pechvogel des Spiels. In Halbzeit eins der Fels in der Brandung. Brachte Gegenspieler Giroud 41 Minuten lang fast zur Verzweiflung, indem er nahezu alle Bälle auf die Sturm-Kante perfekt antizipierte und so jede Gefahr im Keim erstickte. Da sich "Les Bleus" über weite Strecken tief in die eigene Hälfte zurückzog, fungierte der 27-Jährige immer wieder als präziser Ballverteiler. Ein Blackout in der 42. Minute, als Giroud nach einem gewonnenen Kopfballduell zu enteilen drohte, bügelte Kollege Höwedes grandios aus. Verletzte sich nach einer Stunde am Oberschenkel und musste raus. Note: 3,0

Benedikt Höwedes: Als Hummels-Ersatz rückte der Schalker in die Innenverteidigung und erledigte den Job abgeklärt. Agierte deutlich defensiver als Nebenmann Boateng. Fußballerisch keine Augenweide, aber robust in der Verteidigung. Wahnsinnsrettungstat in der 42. Minute, als er Giroud im letzten Moment den Ball vom Fuß grätschte. Hätte per Kopf fast noch für den Anschluss gesorgt. Note 3,0

Joshua Kimmich: Was für ein Wechselbad der Gefühle für den Youngster. Fing stark an auf der rechten Abwehrseite, nahm den zuletzt so starken Payet völlig aus dem Spiel. Defensiv bissig, auf dem Flügel stets anspielbar. Im zweiten Abschnitt jedoch ein Schatten seiner selbst. Verursachte mit einem schwer erklärbaren Anfängerfehler das 0:2. Hätte seinen Fehler beinahe wieder gut gemacht, als er kurz darauf den Außenpfosten traf. Zahlte diesmal Lehrgeld. Note: 4,0

Shkodran Mustafi (ab 61.): Der Torschütze aus dem Ukraine-Spiel wurde nach der Boateng-Verletzung ins kalte Wasser geworfen. Ihm war fehlende Aufwärmphase deutlich anmerken, vor allem beim 0:2 sah der Valencia-Legionär ganz alt aus. Versemmelte zwei gute Chancen zum Anschluss kläglich. Note 4,0

Mittelfeld

Emre Can: Zunächst ohne jegliche Nervosität bei seinem EM-Debüt. Setzte Akzente in der Offensive. Gute Möglichkeit in der 14. Minute, als er aus der Distanz an Lloris scheiterte. In der Defensive mit dem ein oder anderen Schnitzer. So auch als er sich in der 36. Minute wegen eines Foulspiels an Griezmann die Gelbe Karte einhandelte und im Anschluss kaum zu beruhigen war. Baute mit zunehmender Spieldauer immer weiter ab und musste nach 66 Minuten Götze weichen. Note: 4,0

Mesut Özil: Ziemlich glücklos in seinen Aktionen. Zu Beginn häufig am Ball und Ideengeber im deutschen Spiel. Tauchte nach starken Beginn immer mal wieder ab. Versuchte zwar, nach der Pause die Zügel in die Hand zu nehmen, doch es fehlten die entscheidenden Pässe. Oftmals zu kompliziert in seinen Bemühungen. Note: 4,0

Toni Kroos: Nicht spektakulär, bestimmte aber zunächst als Taktgeber im Mittelfeld erneut das deutsche Tempo. Immer ein gutes Auge für den Mitspieler. Fand im zweiten Abschnitt aber keine geeigneten Mittel, um dem Spiel eine Wende zu geben. Hatte immer wieder Schwierigkeiten mit dem kompromisslosen Spiel des EM-Gastgebers. Note: 3,5

Bastian Schweinsteiger: Die tragische Figur des Spiels. In seinem ersten Turnierspiel von Beginn an unterlief dem Kapitän ein dummes Handspiel, das Frankreich den Elfmeter zum 1:0 durch Griezmann bescherte. Agierte überwiegend als Libero vor der Abwehr und beschränkte sich vorwiegend auf seine Defensivaufgaben, die er prima löste. Tauchte nur selten in der Offensive auf. Hatte Mitte der ersten Hälfte Pech, als Lloris seinen gefährlichen Schlenzer über den Querbalken lenken konnte. Note: 3,5

Julian Draxler: Wirbelte zunächst ähnlich gut durch die französischen Reihen wie im Achtelfinale gegen die Slowakei. Verlor nach einer halben Stunde aber den Faden und nach der Pause oft auch die Orientierung. War bemüht, aber zu wenig gradlinig. Beschwerte sich zu oft über vermeintliche Fouls der Franzosen. Note: 4,0

Mario Götze (ab 67.): Rückte nach seiner Einwechslung an die Seite von Müller, richtete aber überhaupt nichts aus. War kaum zu sehen. Insgesamt eine enttäuschende EM des umstrittenen Allrounders. Note: 5,0

Sturm

Thomas Müller: Spielte für den verletzten Mario Gomez in der Spitze, wo er alle Freiheiten genoss. War wie auch in den vergangenen Spielen unglaublich bemüht, aber auch ebenso glücklos. Versuchte es aus allen Lagen, wollte manchmal aber auch mit dem Kopf durch die Wand und stand oft auf verlorenem Posten. Verkorkste EM für den sonst so zuverlässigen Münchner. Note: 4,0

Leroy Sané (ab 79.): Kam spät für Schweinsteiger. Undankbarer Zeitpunkt für sein Turnierdebüt. Konnte gegen die robusten Franzosen nichts mehr ausrichten. Ohne Note