20.07.2016 08:00 Uhr

Chelsea: Conte, Kanté und das Feuer

Da oben soll's hingehen: Antonio Conte will Chelsea zurück in die Spitze führen
Da oben soll's hingehen: Antonio Conte will Chelsea zurück in die Spitze führen

Alles neu macht der Juli! So dürfte sich die aktuelle Situation bei Chelsea für viele Fans und Beobachter anfühlen. Seit einigen Tagen hat Antonio Conte, ausgestattet mit einer ganzen Wagenladung Vorschusslorbeeren nach dem Auftritt seiner Squadra Azzurra bei der EM, bei den Blues das Sagen. Der Auftrag ist klar: In der kommenden Spielzeit soll der Italiener den strauchelnden Riesen zurück in die Ligaspitze Englands führen. Einige Fragen bleiben jedoch.

Die Vorbereitung: Gleich bei seiner Präsentation vor der Presse wählte Conte durchaus poetische Worte: Ein Trainer sei "wie ein Schneider", so der 46-Jährige, "du musst den besten Anzug für die Spieler machen, einen, der ihnen passt." Das System sei dabei nicht entscheidend, "wichtig ist, dass wir wieder um den Titel mitspielen. Dafür brauchen wir Leidenschaft und gute Organisation." Ein erster Fingerzeig auf die Philosophie des emotionalen Hoffnungsträgers, der das Feuer zurückbringen soll.

Im ersten Test der Vorbereitung war von den geforderten Qualitäten derweil wenig zu sehen: Bei der Stadioneröffnung von Rapid setzte es ein verdiente 0:2-Niederlage in Wien. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison noch kein Warnsignal, wie auch der Coach betonte: "Es war das erste Spiel und ich wusste, dass es nach drei Tagen hartem Training sehr schwierig wird". Eine stabile Pre-Season dürfte nichtsdestotrotz elementar sein, um die von Conte entfachte Aufbruchstimmung am Leben zu halten.

Das Personal: Im Umfeld des Vereins wurden zuletzt Rufe nach einem personellen Umbruch laut. Die Schmach, als Tabellenzehnter sogar die Europa League verpasst zu haben, hat Spuren hinterlassen. Mit Michy Batshuayi (kam für 39 Millionen Euro aus Marseille) und N’Golo Kanté (für 35,8 Millionen von Sensationsmeister Leicester City losgeeist) haben bisher zwei prominente Kicker den Weg an die Stamford Bridge gefunden. Vor allem von Kanté erwartet Conte viel: "Er ist ein toller Spieler mit guter Technik und fantastischer Ausdauer. Wenn ein Team gewinnen will, braucht es Spieler wie ihn. Ich bin sehr glücklich über den Transfer“.

Dem gegenüber steht noch kein namhafter Abgang, auch wenn der eine oder andere formschwache Superstar mit anderen Vereinen in Verbindung gebracht wird. Positiv: Superstar Eden Hazard hat sich trotz anhaltender Spekulationen zu Chelsea bekannt.

Die Baustellen: Diego Costa wird von Atlético Madrid umworben, auch Edeljoker Loïc Rémy könnte den Verein noch verlassen. Daher besteht im Angriff Handlungsbedarf. Mit Batshuayi, der sich an die Härte der Premier League noch gewöhnen muss, steht nur ein möglicher Torjäger im Aufgebot des entthronten Meisters.

Weitere Problemzonen: Die Innenverteidigung um Altmeister John Terry und Gary Cahill benötigt dringend eine Frischzellenkur. Auch im zentralen Mittelfeld sind Nemanja Matić und Cesc Fàbregas alles andere als unumstritten. Mindestens drei kostspielige Neuzugänge dürften bis zum „Deadline Day“ noch bei den Blues aufschlagen, um die zuletzt satt wirkende Mannschaft wieder auf Touren zu bringen.

Fazit: Mit der Verpflichtung des akribischen Arbeiters Conté könnte Abramovich ein Glücksgriff gelungen sein. Dank seiner perfektionistischen, mitreißenden Art könnte der 46-Jährige genau der richtige Mann sein, um Chelsea zurück in die Spitzengruppe zu führen.

Dafür muss es ihm allerdings gelingen, den launischen Diven im Kader Beine zu machen. Zudem sind Verstärkungen in allen Mannschaftsteilen (außer im Tor) zwingend notwendig, um den Konkurrenzkampf neu zu entfachen. Das nötige Kleingeld dafür dürfte zweifellos vorhanden sein.