23.07.2016 09:26 Uhr

Austrias Tagesgeschäft beginnt in St. Pölten

Austria-Trainer Thorsten Fink kann, will aber nicht auf den geglückten Saisonstart zurückblicken. Der Fokus gilt der nächsten Aufgabe: Aufsteiger St. Pölten
Austria-Trainer Thorsten Fink kann, will aber nicht auf den geglückten Saisonstart zurückblicken. Der Fokus gilt der nächsten Aufgabe: Aufsteiger St. Pölten

Am Sonntag (ab 16:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) gastiert die Wiener Austria beim SKN St. Pölten. Als Aufsteiger sind die Wölfe ein unangenehmer Gegner zum Bundesliga-Auftakt. Die Veilchen strotzen nach drei Pflichtspielsiegen in ÖFB-Cup und Europa-League-Quali geradezu vor Selbstbewusstsein.

Nach Europa League Qualifikationsduellen mit dem FK Kukesi (h 1:0, a 4:1) sowie einem 6:0-Kantersieg im ÖFB-Cup gegen den FC Dornbirn kann die Austria einen bislang geglückten Saisonstart bilanzieren. "Nichts ist so alt wie der Status quo", zitierte Thorsten Fink den großen Pep Guardiola. Der Austria-Trainer will den Blick seiner Veilchen nach vorne gerichtet wissen.

Die Austria startet gegen Aufsteiger SKN St. Pölten in ihren dritten Saisonbewerb. "Die Basis ist wie jedes Jahr die Meisterschaft. Dass wir die Chance haben international zu spielen, dafür arbeiten wir das ganze Jahr", erinnerte Fink an das eigentliche Tagesgeschäft. "Minimalziel" ist wie schon im Vorjahr Platz drei. "Zwei Teams haben im Moment andere finanzielle Mittel", so der 48-Jährige Deutsche. Er will sie "ärgern und schauen, was passiert."

Das Resümee der Vorsaison fällt aus Sicht der Austria einfach aus: 48 Gegentreffer waren zu viel. Ob die erhoffte Steigerung der Defensivleistung schon ersichtlich ist, wollte Fink nach drei Spielen noch nicht beurteilen: "Es ist noch zu früh, aber die Mannschaft arbeitet besser." Außerdem die Innenverteidigung mit Ex-Rieder Petar Filipović verstärkt werden.

Gleich zu Beginn zum Aufsteiger zu müssen, ist freilich unangenehm. "Sie sind aufgestiegen, haben ein tolles Stadion, einen tollen Trainer, eine positive Stimmung", war sich Thorsten Fink bewusst. "Wir müssen durch unsere Qualität und unseren Eifer dagegen angehen. Aber auch wir haben eine gute Stimmung."

St. Pölten hat den Fußball nicht erfunden

Über Stärken und Schwächen der St. Pöltener wähnte sich der Austria-Trainer gut informiert. Wie der Neuling letztlich agieren wird, sei für Fink offen, zumal die Spielanlage der Aufstiegssaison eine Klasse höher nur bedingt aussagekräftig ist. "Keiner hat den Fußball neu erfunden, auch St. Pölten nicht. Sie werden nicht ein System erfinden, das wir nicht kennen. Daher werden wir eine Lösung haben", war Fink überzeugt.

"Heute ist noch Wunden lecken angesagt", erklärte Fink keine zwölf Stunden nach der Rückkehr aus Albanien und stellte gegen St. Pölten "frischere Spieler" in Aussicht. "Wir brauchen hundert Prozent, nicht achtzig." Weiterhin fehlen werden Dominik Prokop (Knieprobleme) und Ronivaldo (OP nach hartnäckiger Schambeinentzündung).

Außerdem wollen die Veilchen weiterhin die Kriterien des Österreicher-Topfes der Bundesliga erfüllen. Anders als gegen Kukesi werden somit keine acht Legionäre dem Match-Kader angehören, sondern nur sechs. "Wir haben uns commited", stellte Austria-Vorstand Markus Kraetschmer klar, "und wollen das bedingungslos erfüllen. Grundsätzlich budgetieren wir damit." Pro Quartal stehen damit zwischen 150.000 bis 200.000 Euro auf dem Spiel. Nur Liga-Krösus Salzburg leistet sich den Luxus und erfüllt die Erfüllung nicht. Kraetschmer behält sich dies nur für Extremsituationen wie ungeheures Verletzungspech vor.

Mit Friesenbichler fällt das Ja zu A leichter

Dass das Bekenntnis zum Österreicher-Topf bei den Austria-Funktionären nun leichter über die Lippen kommt, als noch in der Vorwoche, hat vor allem einen Grund: Kevin Friesenbichler. Der österreichische U21-Teamstürmer nahm als Überraschungsgast während der Pressekonferenz zum violetten Bundesligastart am Podium Platz.

Die Austria konnte sich mit Benfica über eine neuerliche Leihe einigen und hat zudem die am Saisonende fällige Kaufoption nachverhandeln können. "Er ist unser aller Wunschspieler", sagte Thorsten Fink. Die Verpflichtung eines weiteren Legionärs blieb den Wienern erspart.

Ob Friesenbichler schon am Sonntag zum Einsatz kommen kann, hängt einerseits von Benfica und dem Erledigen der internationalen Transfer-Formalitäten ab, andererseits vom Trainer. Der Stürmer hat trainiert, bis Ende Juni sogar im Teamcamp mit der Austria. Fink muss nun beurteilen, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Immerhin bleibt Friesenbichler nach zähen Verhandlungen anderweitiger administrativer Irrsinn erspart: "Mein Mietvertrag hier läuft noch."

Sportdirektor Franz Wohlfahrt erklärte die Kaderplanung für abgeschlossen. Zufrieden bilanzierte er das letzte Jahr: "Es hat sich viel getan. Die Entwicklung ist geglückt. Es ist was da, worauf man aufbauen kann", so Wohlfahrt mit Verweis auf die Altersstruktur des Kaders.

Aufsteiger rüstet weiter auf

Gegner St. Pölten präsentierte am Freitag ebenfalls einen Neuzugang. Der Rumäne Paul Pârvulescu soll die linke Abwehrseite verstärken. Mit Rekordmeister Steaua spielte der 27-Jährige bereits in der Champions League. "Es fehlt noch die Spielgenehmigung. Es schaut nicht so aus, als ob es bis dahin klappt", bedauerte SKN-Trainer Trainer Karl Daxbacher. Fix verzichten müssen die Niederösterreicher zudem auf Christopher Drazan, der nach einer Knieverletzung noch unbestimmte Zeit brauchen wird.

Mit dem niederländischen Trio Kai Heerings, Jeroen Lumu und Kevin Luckassen (ebenfalls noch nicht einsatzbereit) sowie Daniel Schütz wurden in der Sommerpause noch vier weitere Spieler nach St. Pölten gelotst. Fußballerisch herrscht in der niederösterreichischen Landeshauptstadt Aufbruchstimmung. Neben dem Aufstieg gab es schließlich das "gemischte Double" mit dem FSK St.Pölten-Spratzern zu feiern. Der Frauen-Meister wird künftig als SKN St. Pölten Frauen in Bundesliga und Women’s Champions League antreten.

Die Herren peilen freilich noch kein Edelmetall an. "Wir wollen am Ende der Saison nicht auf dem Abstiegsplatz stehen", schätzte Kapitän Lukas Thürauer die Ausgangslage bescheiden ein. "Platz fünf oder sechs, das wäre schon ein Erfolg", so Karl Daxbacher. Für den SKN-Coach ist das Wiedersehen mit den Veilchen gewiss emotional. Als Spieler holte Daxbacher zwischen 1971 und 1985 zahlreiche nationale Titel und stieß mit der Austria bis ins Europacupfinale im Cupsieger-Bewerb (1978) vor.

Von Sommer 2008 bis zur unschönen Trennung kurz vor Weihnachten 2011 hielt sich der heute 63-Jährige für violette Verhältnisse ungewöhnlich lange auf dem "Schleudersitz" in Wien. Mit St. Pölten kann er nun den seither am längsten im Amt weilenden Austria-Coach Thorsten Fink ärgern. Die "Generalprobe" vor der Bundesliga-Premiere ist im ÖFB-Cup mit einem 2:0 im "Derby" gegen den Kremser SC jedenfalls geglückt.

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Sebastian Kelterer