25.07.2016 10:45 Uhr

Der neue alte BVB

Neuzugang Dembelé (2. von r.) macht schon früh von sich reden
Neuzugang Dembelé (2. von r.) macht schon früh von sich reden

Borussia Dortmund war in dieser Sommerpause so aktiv und spendabel wie lange nicht mehr. Mit den zwei Weltmeistern Mario Götze und André Schürrle ist für Thomas Tuchel die Einkaufstour vier Wochen vor dem Ligastart beendet - doch jetzt steht die eigentliche Aufgabe für den Übungsleiter bevor.

Keine Mannschaft in der Bundesliga stand in den letzten Wochen wegen anhaltender Spekulationen und Transfergerüchten öfter im Fokus der Medien als der Revierklub aus Dortmund. Nachdem mit Henrikh Mkhitaryan ein weiterer Schlüsselspieler dem BVB den Rücken zukehrte und sein sportliches Glück bei einem anderen vermeintlichen Top-Verein zu finden gedenkte, blickte Trainer Thomas Tuchel zunächst mit trüben Blick auf die kommende Spielzeit.

"Der Trainer wirkt jetzt befreit"

Der Abgang des wohl besten Spielers der vergangenen Bundesliga-Spielzeit traf Tuchel schwer, der "ein bisschen enttäuscht" war, wie Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im "kicker" bemerkte. Kein Wunder, denn bis dato wurde Tuchels Kader "nur" von talentierten, internationalen Nachwuchshoffnungen verstärkt, denen allesamt eine gewisse Eingewöhnungszeit zugesprochen werden muss. Keine unmittelbare Verstärkung also, eher eine Investition in die Zukunft des Vereins. Dass sich das langfristige Denken bei den Verantwortlichen irgendwann auszahlen wird, scheint niemand zu bezweifeln - aber wie sieht es mit der Gegenwart aus?

Nun stehen dem Trainer gleich zwei erfahrene, hochkarätige Neuzugänge zur Verfügung, die den Kader in der Qualität und der Breite verstärken. Mario Götzes fußballerische Fähigkeiten sind unbestritten und auch André Schürrle hat in seiner Karriere bewiesen, wie wichtig er für eine Mannschaft sein kann. Tuchel "identifiziert sich mit dem Kader und kann gut damit leben", bescheinigte Watzke unlängst während der China-Reise. Er mache "einen sehr fokussierten und optimistischen Eindruck", so Watzke im "kicker".

Der Trainer hat bei der Zusammenstellung seiner Startformation nun alle Möglichkeiten. Weltmeister Schürrle, der als Teamplayer ohnehin gut in das Konzept des BVB passt, kann im Mittelfeld auf jeder Position eingesetzt werden. Der teuerste Transfer der Klubgeschichte kann allerdings auch als Stoßstürmer im von Tuchel bevorzugten 4-2-3-1-System auflaufen. Der Trainer ist sich sicher, dass das Dortmunder Spiel von seinen Fähigkeiten profitiert und dass Schürrles "Talent wieder strahlt".

Die Qual der Wahl

Fünf Testspiele hat der Vizemeister bereits absolviert. Zuletzt gewann man in Fernost gegen das von José Mourinho umgekrempelte Manchester United locker mit 4:1. Neuzugänge wie Dembelé und Mor nutzten dabei das Vertrauen des Trainers sowie die Abwesenheit der Stars und machten mit guten Leistungen auf sich aufmerksam. Allen voran der 21-jährige Ousmane Dembelé, der seinen Gegenspieler auf dem Bierdeckel vernaschte und eiskalt einschoss. Wirbeln die jungen Neuzugänge so weiter, hat Tuchel bald die Qual der Wahl.

"Bei uns ist niemand festgelegt. Wir sind sehr variabel. Das sollte unsere größte Stärke sein", weiß Sportdirektor Michael Zorc, der sich auf der China-Reise mit den neusten Entwicklungen sehr zufrieden zeigt. Auch BVB-Legende Karl-Heinz Riedle, Internationaler Medienbotschafter seines Vereins, freut sich über den neuen Kader. Dortmund habe eine Mischung aus "jungen, heißen Spielern mit Riesenpotenzial und ein paar Arrivierten".

Bei aller Vorfreude mahnt BVB-Chef Watzke im "kicker" allerdings auch zur Vorsicht. Bei all den neuen, vor allem internationalen Jungspielern, könne die Mannschaft nicht auf Anhieb zu hundert Prozent funktionieren: "Wir müssen uns erst frinden. Man tauscht nicht einfach ein paar Spieler aus, und schon läuft es. So einfach ist es nicht." Ein Grund, warum man trotz so mancher Bedenken Mario Götze zurückholte.

Demut, Pflicht, Verantwortung

Als Mario Götze 2013 an die Säbener Straße wechselte, war seine Rolle bei den Bayern klar: "Götze ist auf dem Weg zum Weltstar und diesen Schritt wird er bei Bayern machen", stellte Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge heraus. Drei Jahre später ist man froh, den Offensivspieler wieder los zu werden - ein Missverständnis auf ganzer Linie.

Der mittlerweile 24-jährige kehrt zu seinem Ausbildungsverein nun allerdings mit völlig anderen Vorzeichen zurück. "Demütig" solle er sich zeigen, riet ihm BVB-Chef Watzke kurz nach dem Wechsel. In die Pflicht müsse er sich nehmen und Verantwortung zeigen. Dinge, die Götze bisher noch nicht kannte, ihm aber gut zu Gesicht stehen wird. Beim neuen alten BVB wird er zwangsläufig in diese Rolle schlüpfen müssen und die jungen Spieler um sich herum führen. Letztlich komme es in Dortmund nicht auf die Einzelspieler an, sondern auf das Kollektiv. Oder wie Thomas Tuchel es ausdrückt: "Du bist nur so gut, wie du als Mannschaft funktionierst."