12.08.2016 20:00 Uhr

Monaco & Co.: Best of the Rest oder mehr?

Radamel Falcao ist der alte und neue Hoffnungsträger in Monaco
Radamel Falcao ist der alte und neue Hoffnungsträger in Monaco

Die Meisterschaft scheint bereits vor Saisonstart entschieden. Doch was treiben die Teams hinter dem Riesen aus Paris? weltfussball blickt im zweiten Teil der großen Ligue 1 Vorschau auf Traditionsvereine und Newcomer.

AS Monaco: Hoffnungsträger mit Ladehemmung

Vor gut zwei Jahren wurde in Monaco ein Strategiewechsel vollzogen – keine Hochglanzstars mehr, stattdessen die Rückkehr zu alten Tugenden und exzellenter Jugendarbeit. Im Gegensatz zum letzten Sommer fand diesmal kein Ausverkauf der Silberware statt, dafür bildet sich ein junger und sehr talentierter Mannschaftskern mit Spielern wie Lemar oder Bernardo Silva heraus, dem auch in diesem Jahr viel zuzutrauen ist.

Die größten Verstärkungen des Kaders kommen neben Innenverteidiger Glik vor allem von Leihgeschäften zurück. Valère Germain glänzte letztes Jahr in Nizza, Radamel Falcao tat das Gegenteil in zwei Jahren England, ist aber nun ein großer Hoffnungsträger im Fürstentum. Der Kolumbianer nahm drastische Gehaltseinbußen in Kauf, um in Monaco wieder schlichtweg Fußball spielen zu dürfen. Nach den ersten Eindrücken scheint er auf gutem Wege und für 20 Tore gut zu sein.

OGC Nice: Favres neues Meisterstück?

Beim Überraschungsvierten der vergangenen Saison ist vor allem der Abgang von Hatem Ben Arfa zu PSG das große Thema. Mit 17 Toren und sechs Assists schoss das Enfant terrible die "Jungen Adler" fast im Alleingang in die Europa League. Gernot Rohr, von 2002-05 Trainer in Nizza, sieht im Abgang der großen Figur allerdings eine Chance: "Ben Arfas Abgang könnte andere Spieler, die bisher in seinem Schatten standen, befreien und Kräfte freisetzen. Jeder weiß nun, dass er ab sofort mehr tun muss."

Neben Ben Arfa verließen jedoch auch andere Größen den Klub:  Germain zu Monaco, Kapitän Mendy schloss sich Leicester an und Erfolgscoach Claude Puel unterschrieb in Southampton. Dafür ist nun Lucien Favre an der Seitenlinie der Rot-Schwarzen. Trotz der etwas holprigen Vorbereitung sieht Rohr den Ex-Gladbacher als großes Plus: "Mit ihm wird Nizza wieder eine interessante Rolle spielen. Er kann Talente wie Koziello oder Seri entwickeln und sie zu Topspielern formen." Sollte sich allerdings keine neue Führungsfigur herausbilden, wird Nizza die letzte Spielzeit nicht bestätigen können.

AS Saint-Étienne: Rekordmeister schielt auf das Comeback

Nach wie vor mit zehn Titeln Rekordmeister, klaffen Anspruch und Wirklichkeit bei "les Verts" seit jeher weit auseinander. Trainer Galtier ist inzwischen im achten Jahr bei ASSE beschäftigt, muss sich aber mehr und mehr der Kritik der eigenen Anhänger widersetzen. Hauptvorwurf: Trotz der abermaligen Qualifikation für die Europa League spielt Saint-Étienne keinen schönen Fußball. Die Betonabwehr lässt deshalb wenig zu, weil auch das Mittelfeld viel läuft und die Lücken schließt – da bleibt wenig Kraft für spektakuläre Offensivaktionen.

"Wir haben uns zum vierten Mal in Folge international qualifiziert. Mit unserem Budget sind das Riesenerfolge, viel mehr können wir nicht verlangen", gibt Aufsichtsratsvorstand Bernard Caïazzo in Richtung Fans zu verstehen. Dennoch versucht Coach Galtier den offensichtlichen Kreativitätsmangel zu beheben. Saelnes, Tannane und Dabo sollen das Spiel weniger ausrechenbar machen. Ein echter Spielmacher von Format fehlt aber nach wie vor. Vermutlich wird’s am Ende wieder heißen: Mauern und lange Bälle.

Olympique Marseille: Endlich Ruhe im Chaos

Der Chaosklub vom Mittelmeer kommt einfach nicht zur Ruhe. Nach einer Katastrophensaison, in der sich der neben PSG beliebteste Klub des Landes am Ende gar im Abstiegskampf wiederfinden musste, weiß niemand so recht, wie es weitergehen soll. Klubeignerin Margarita Louis-Dreyfus will den Verein verkaufen, prüft aber bereits seit Monaten Angebote für "einen der größten Klubs der Welt" und wird die Übergabe wohl erst im Laufe der Saison vollziehen. OM muss sich also auf eine weitere Übergangssaison einstellen, in der viele Fans bereits den Abstieg befürchten.

Als wäre das Chaos in der Führungsriege nicht schon genug, musste OM in diesem Sommer auch sportlich erheblich bluten. Kapitän und Urgestein Mandanda zu Crystal Palace, Toptorjäger Batshuanyi zu Chelsea, Stabilisator N’Koulou zu Lyon. Seit Bielsa fehlt ohnehin ein fähiger Trainer, der den das hitzige Umfeld akzeptiert. Die Fluktuation im Kader ist gewaltig, lediglich vier Spieler vom Mai 2015 sind aktuell noch im Kader der Himmelblau-Weißen.

„OM hat keine Spielphilosophie. Sie verändert sich jedes Jahr, oft sogar innerhalb einer Saison. Um aber ein großer Verein zu werden, müsste sie konstant bleiben, egal unter welchem Trainer oder Präsidenten“, kritisierte Ex-Nationalspieler Éric Carrière kürzlich. Der Hoffnungsträger dieses Sommers heißt im übrigen Sturmtank Bafétimbi Gomis, von Swansea ausgeliehen – natürlich ohne Kaufoption.

Girondins Bordeaux: Erfolg mit Frankreichs Jürgen Klopp

Der Traditionsklub und Meister von 2009 könnte eine der positiven Überraschungen dieser Spielzeit werden. Diese Hoffnung verbreitet vor allem der Trainer: Jocelyn Gourvennec gilt international bereits als "französischer Jürgen Klopp", so Michael Yokhin gegenüber "FourFourTwo". Mit seiner intelligenten und gewitzten Art führte er Zweitligist Guingamp u.a. 2014 sensationell zum Pokalsieg. Nun soll er sich bei einem großen Klub beweisen und die Vorschusslorbeeren bestätigen.

Hauptproblem an der Atlantikküste war im letzten Jahr unter Willy Sagnol vor allem die fehlende klare Linie, die sich in 57 Gegentoren und 86 verschiedenen Aufstellungen in 88 Spielen unter dessen Regie äußerten. Gourvennec packt das an und verordnet dem Team ein klares 442. "Er hat klare Vorstellungen und kommuniziert diese deutlich, das hilft uns sehr", lobt Staubsauger Jérémy Toulalan. Sollte der Kloppo-Effekt greifen, wird mit den Girondins wieder zu rechnen sein.

Johann Mai