20.08.2016 17:55 Uhr

La-Liga-Langeweile oder Legenden-Revival?

Die glorreichen Zeiten: Alavés und Cruyff (r.) im UEFA-Cup-Finale
Die glorreichen Zeiten: Alavés und Cruyff (r.) im UEFA-Cup-Finale

In Spanien hat das lange Warten endlich ein Ende! Dabei kennt der gemeine Fußballinteressierte wahrscheinlich schon den Ausgang der 88. Saison der Primera División: Der FC Barcelona, Real Madrid und Atlético Madrid prügeln sich um Platz eins, dahinter kommt irgendwann der FC Sevilla, Athletic Bilbao oder Villarreal. Der Rest verschwindet in sportlicher Belanglosigkeit. Umso spannender und lohnender ist deshalb der Blick an das untere Ende des Tableaus, wo ein UEFA-Cup-Finalist aus dem Tiefschlaf erwacht ist.

Der Club Deportivo Alavés aus dem Baskenland ist ein Verein, der schon immer im Schatten der Großen stand. In Spanien geriet "El Glorioso" lange in Vergessenheit und selbst in der baskischen Heimat stehen Athletic Bilbao und Real Sociedad mehr im Fokus als die Blau-Weißen aus Vitoria-Gasteiz. Dennoch hat der Klub eine beeindruckende Geschichte hinter sich - und jede Menge Angriffslust, den Großen ein Bein zu stellen. Am ersten Spieltag der Primera División muss der Aufsteiger direkt ins Vicente Calderón zum Champions-League-Finalisten Atlético. Mit Sicherheit ist dies schon eines der Highlights der Saison für die baskischen Fans - den unbestritten größten Moment der Vereinsgeschichte erlebte CD Alavés allerdings vor nicht allzu langer Zeit in Dortmund...

Turbulente Nullerjahre

Westfalenstadion. 16. Mai 2001. UEFA-Cup-Finale. In einem irren und spannenden Krimi scheint sich Jordi Cruyff, der Sohn des großen Johann Cruyff, für Alavés unsterblich zu machen. Es läuft die 89. Minute, der FC Liverpool liegt mit 4:3 vorne. Eckball Alavés von rechts mit Zug zum Tor. Reds-Keeper Sander Westerveld kommt aus seinem Kasten und verschätzt sich. Cruyff hingegen steht goldrichtig, springt kerzengerade hoch und rettet seinen Verein in die Verlängerung. Jetzt ist alles möglich, vielleicht sogar der erste Titel der Vereinsgeschichte. Doch der Fußball kann bekanntlich grausam sein: Drei Minuten bis zum Elfmeterschießen müssen die Basken noch über die Zeit retten, doch dann schlägt Gary McAllister einen Freistoß vor das Tor. Alavés-Verteidiger Delfí Geli steigt zum Kopfball und erzielt das Golden Goal - ins eigene Tor.

Das größte Spiel der Vereinsgeschichte fiel in die glorreichste Zeit der Basken, obgleich sie nicht lange währte. 2003 musste man den Gang in Liga zwei antreten, 2009 rutschte der Verein gar in die Drittklassigkeit. Zwischendrin mischte der ukrainische Unternehmer Dmitry Piterman als Investor mit und multiplizierte die Schulden des Vereins von drei auf 23 Millionen Euro in den vier Jahren seiner Amtszeit. Piterman ging und hinterließ einen Scherbenhaufen. Doch 2015 übernahm der bis dato wenig erfolgreiche José Bordalás das sinkende Schiff, brachte es binnen zwölf Monaten auf Kurs und schaffte den Aufstieg. Überraschend wurde sein Vertrag trotz des Erfolgs nicht verlängert. Alavés im Umbruch im Umbruch im...

"Alavés ist eine Herausforderung"

CD Alavés ist letztlich wieder oben angekommen und will am ersten Spieltag beweisen, dass die Jahre der Misere ein Ende haben. Neu-Trainer Mauricio Pellegrino geht zumindest optimistisch an das Unterfangen heran, wie er im Fachblatt "Marca" hervorhob: "Ich bin zufrieden mit der Vorbereitung, weil das Fundament der Mannschaft bereits steht." Dabei ist dieses "Fundament" ein ziemlich frisches und unter Umständen äußerst wackliges: 18 neue Spieler begrüßte der Trainer zu Beginn der Saison, nur sechs sind älter als 25, viele haben keine Liga-Erfahrung. Im Kader gibt es nun mehr Leihspieler als Aufstiegshelden. Einzig die Neuzugänge Ibai Gómez (Athletic Bilbao) und Alexis (Besiktas) können als direkte Verstärkung betrachtet werden. Größte Last wird auch auf dem Kolumbianer Daniel Torres liegen, der dem Klub 3,5 Millionen Euro Wert war - Vereinsrekord!

Pellegrino setzt also primär auf die Jugend und versteht seinen Klub als Ausbildungsverein für talentierte Jung-Profis, die bei Atlético, Real Madrid oder Manchester City keine Einsatzzeiten bekommen. Bestes Beispiel: Der 18-jährige Theo Hernández, der sich anders als sein älterer Bruder Lucas noch nicht unter Diego Simeone durchsetzen konnte, aber nach der Meinung spanischer Fußballexperten als eines der vielversprechendsten Talente der kommenden Saison gilt. Am Ende kommt der Übungsleiter aber nicht umher, ehrlich zuzugeben: "Alavés zu trainieren, ist eine Herausforderung".

Sein neuer Linksaußen, Ibai Gómez, möchte in Anbetracht des schwierigen Auftaktspiels in Madrid seinen neuen Mannschaftskameraden mit seiner "ganzen Erfahrung in der Primera División" helfen. "Es ist schwer, Atlético Probleme zu bereiten. Es ist eine Mannschaft, die sich zuhause wohl fühlt und ein sehr gutes Konterspiel hat. In einem Stadion wie dem Calderón muss schon wirklich alles perfekt laufen". Worte, die vor fünfzehn Jahren niemals von einer Alavés-Legende wie Jordi Cruyff im blau-weißen Trikot gefallen wären. Denn in der legendären Saison 2000/2001 spielte CD Alavés in der ersten Liga - Atlético Madrid in Liga zwei...

Gerrit Kleiböhmer