27.08.2016 14:29 Uhr

Der Scorpion-King wird 50!

René Higuita wagt bei der WM 1990 in ein Tänzchen
René Higuita wagt bei der WM 1990 in ein Tänzchen

Exentrisch, genial, irrsinnig, schillernd - der kolumbianische Torhüter René Higuita wird Fußballfans für immer im Gedächtnis bleiben. Vor allem wegen dieses einen wahnwitzigen Tricks, der ihn unsterblich machte. Grund genug, an seinem 50. Geburtstag, auf die bunte Vita und die besten Momente von "El Loco", dem Verrückten, zu blicken.

"An diesem Tag in England bekam ich den Ball, auf den ich ganze fünf Jahre lang gewartet hatte". Es war eben jener 6. September 1995 im Wembley-Stadion, der das lange Warten rechtfertigte. Kolumbiens Torwart René Higuita sieht eine harmlose Flanke von rechts von Jamie Redknapp in den Strafraum segeln, springt hoch und kickt den Ball aus dem Strafraum - mit der Hacke wohlgemerkt! Dabei setzt der damals 29-jährige ein fast teuflisches Lächeln auf. El Loco, der Verrückte, war geboren.

Higuita - das Genie

Jahre später, im Jahr 2012, blickte er mit dem spanischen Blatt "Mundo Deportivo" noch einmal auf diesen magischen Moment zurück: "Kinder waren schon immer meine Inspiration. Ich habe sie immer auf der Straße oder im Park gesehen, wie sie Fallrückzieher übten. Da habe ich ihnen gesagt, sie sollten es doch mal anders herum probieren." Was im Wembley damals kaum jemand mitbekam: Higuita hatte seinen "Scorpion-Kick" schon vorher vier oder fünf Mal beim Aufwärmen zum besten gegeben - nur hat es im spärlich besuchten Stadion niemand wirklich mitbekommen.

Der Rückwärts-Fallrückzieher ist bei weitem nicht das einzige Kunststück des Kolumbianers in seiner langen Karriere. Vielleicht noch beflügelt von seinem international viel beachteten Kick in England, bewies er sich als Torschütze im Halbfinale der Copa Libertadores gegen River Plate. Beim Stand von 0:0 legt sich Higuita den Ball zum Freistoß zurecht. Rund 18 Meter Entfernung, die Mauer steht und niemand weiß so recht, was El Loco vorhat. Ein Blick, ein schnörkelloser Anlauf und die Kugel landet unhaltbar an der Unterkante der Latte. Higuita, der Torschütze war geboren.

Higuita - der Wahnsinnige

Doch Higuita war in seiner Heimat auch für Schattenseiten im Fußball bekannt. 1990 vertändelte der Torwart den Ball nach einem waghalsigen Ausflug ins Mittelfeld gegen den Nigerianer Roger Milla, der anschließend Kolumbiens Träume vom Viertelfinale mühelos begrub. Und auch abseits des Platzes lieferte sich der heute 50-jährige zahlreiche Eskapaden und Skandale. 1991 besuchte er den mittlerweile inhaftierten Pablo Escobar, der mit seiner Schreckensherrschaft über Medellín für jahrelangen Bürgerkrieg verantwortlich war und erklärte öffentlich, ein Freund des Drogenbosses zu sein.

1993 war er selbst hinter Gittern, weil er bei Verhandlungen mit Entführern eigenmächtig eingriff und ein Lösegeld aushandelte. Jahre später brachte ihn sein Kokain-Konsum vorerst um seine Karriere als Spieler, später um die als Torwarttrainer der ecuadorianischen Nationalmannschaft. Doch der Nationalheld Higuita machte weiter, als Grass über die Sache wuchs und spielte noch bis ins zarte Alter von 43 Jahren Fußball.

Am Ende seiner Karriere versuchte sich der Torwart schließlich im Reality-Fernsehen und bestach etwa in der südamerikanischen Version des Dschungel-Camps, bei der er immerhin den zweiten Platz belegte. Letztlich war er auch in der kolumbianischen Sendung "Cambio Extremo", zu deutsch 'Radikaler Wandel', zu sehen, in der er sich zahlreichen Schönheitsoperationen unterzog.

Nichtsdestotrotz, oder vielleicht vor allem wegen seiner vielen kontroversen Gesichter, ist René Higuita mit 50 Jahren eine lebende Legende im Weltfußball. In seinen 25 Jahren als Profi-Fußballer erzielte er übrigens ganze 52 Tore...