27.08.2016 09:28 Uhr

Exklusiv: Ex-BVB-Coach will keine Limits

Für David Wagner gibt es aktuell oft Grund zum Jubeln
Für David Wagner gibt es aktuell oft Grund zum Jubeln

Vier Jahre lang coachte David Wagner die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund und arbeitete in dieser Zeit Hand in Hand mit BVB-Meistertrainer Jürgen Klopp, mit dem ihn auch privat viel verbindet.

Ebenso wie Klopp, den Wagner bereits seit über 20 Jahren kennt, wechselte auch David Wagner im letzten Jahr auf die Insel, unm dort als Cheftrainer zu arbeiten. Mit Huddersfield Town hat der 44-Jährige in der zweitklassigen englischen Championship einen Saisonstart nach Maß hingelegt: Zehn Punkte aus vier Spielen bedeuten Platz eins der XXL-Liga mit 24 Mannschaften. Seine Handschrift ist dabei ebenso unverkennbar wie auch der Einfluss deutscher Kicker auf dem Rasen; denn mit Michael Hefele, Chris Löwe, Christopher Schindler und Elias Kachunga hat der Ex-Borusse gleich vier ehemalige Bundesligaspieler mit zu den Terriers holen.

Im ersten Teil des exklusiven weltfussball.de-Interviews spricht David Wagner über die Euphorie in der Stadt und die Leistungen seiner deutschen Spieler.

Herr Wagner, Sie haben mit Huddersfield zehn Punkte in den ersten vier Saisonspielen geholt. Hatten Sie das erwartet und wie schätzen Sie den Saisonstart ein?

David Wagner: Wenn man nicht gerade Bayern München ist, kann man das nie erwarten. Insbesondere wir nicht. Wir wissen, wer wir sind und wo wir herkommen. Wir sind sehr bescheiden, sehr demütig. Vom Etat her sind wir immer noch bei den letzten sechs der Liga. Dementsprechend ist uns klar, dass wir für Erfolg, den wir nicht kaufen können, arbeiten müssen. Das unterscheidet uns in der Liga von dem ein oder anderen Klub. Die Jungs haben in der Vorbereitung und den ersten Wochen der Saison super gearbeitet. Wir haben das nicht erwartet, aber natürlich gehofft, dass wir in jedem Spiel als schwieriger Gegner auftreten. Und das waren wir. Es sind nicht nur die zehn Punkte erfreulich, sondern auch, dass wir uns jeden einzelnen verdient haben.

Gibt es ein vorgegebenes Saisonziel?

Nein. Als wir die Vorbereitung angefangen haben, habe ich ganz bewusst gesagt: Diese Saison steht ganz klar unter dem Motto "No Limits". Ich glaube, dass es in dieser ausgeglichenen Liga, in der viele ehemalige Premier-Ligisten spielen, einfach keinen Sinn macht, ein Ziel vorzugeben.

Die Terriers sind in den letzten Jahren immer im unteren Drittel der Tabelle gelandet. Merken Sie eine Euphorie in der Stadt oder ist es dafür noch zu früh?

Eine Euphorie ist auf jeden Fall zu spüren. Erstmal muss man sagen, dass Huddersfield ein ganz traditioneller, britischer Klub ist, der 1908 gegründet wurde. Bisher haben hier nur britische Manager gearbeitet, ich bin der erste Nicht-Brite in dem Klub. Dieser Klub hat dementsprechend auch relativ wenig mit ausländischen Spielern gearbeitet, weil britische Manager natürlich auch gerne mit britischen Spielern arbeiten. Dementsprechend hat mit meinem Amtsantritt und der Unterstützung unseres Besitzers Dean Hoyle eine echte Kehrtwende stattgefunden. Unser Besitzer hat gesagt: "Wir sind hier einer der kleinsten Fische in der Championship. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir etwas anderes machen als die anderen." Er hat damals mit mir und Stuart Webber als Sportdirektor diese Idee entwickelt.

In der letzten Saison hat man die Euphorie schon gespürt. Seitdem wir angetreten sind, haben wir die drittmeisten Tore geschossen, hatten die meisten Großchancen und den meisten Ballbesitz der Liga. Es gab also schon ein paar kleine Indizien, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben auch alle Laufstatistiken gewonnen. In England werden solche Statistiken oft thematisiert. Nur die Resultate waren noch nicht so wie gewünscht. Aber wir haben gespürt, dass wir auf dem Platz mithalten können. Wir haben über 15.000 Dauerkarten verkauft, in der letzten Saison waren es nur 8.000. Wir hatten gegen Liverpool ausverkauftes Haus im Testspiel. Hier ist schon Euphorie und Aufbruchsstimmung zu spüren. Jetzt liegt es an uns, das am Laufen zu halten und auf dem Platz dafür zu sorgen, dass es weiter wächst.

Wie Sie schon gesagt haben, ist es bei Ihrem Klub bisher nicht so üblich gewesen, viele Spieler aus dem Ausland zu holen. Sie haben nun einige Spieler im Kader, die über Erfahrung aus den deutschen Ligen verfügen oder deutscher Staatsbürger sind. War das ein wichtiges Kriterium?

Das war kein essentielles Kriterium, aber die Idee war, an einem ausländischen Markt partizipieren zu können. Dadurch, dass wir nicht einer der wohlhabendsten Klubs sind, haben wir entwicklungsfähige oder ein wenig günstigere Spieler verpflichtet. In England ist der Markt extrem überhitzt und sehr teuer. Da ist der restliche europäische Markt schon attraktiv für uns. Darüber hinaus war es für mich wichtig, Spieler zu holen, die unsere Spielidee kennen und in ihren vorherigen Vereinen Führungsspieler waren oder mehr im oberen Drittel der Tabelle gespielt haben. Sie sollten charakterlich gut und finanziell realisierbar sein. Da sind wir dann natürlich unter anderem auf dem deutschen Markt fündig geworden. Wir haben aber auch britische Talente verpflichtet.

Gehen wir konkret auf die Spieler ein, die wir aus Deutschland kennen. Können Sie den Leistungsstand der Spieler beurteilen?

Im Prinzip haben sich alle gut eingefunden. Dass es bei manchen länger dauert, ist normal. Schindler ist herausragend gut und war von Anfang an unumstritten. Kachunga hat schon zwei Tore und zwei Vorlagen gemacht. Chris Löwe hat letzte Woche sein erstes Tor gemacht. Stankovič hatte schon einen Einsatz im Pokal und wurde wieder zur U21 von Slowenien eingeladen. Hefele hat auch schon ein Tor gemacht. Gegen Aston Villa, vor 40.000 Zuschauern, zum 1:1-Ausgleich. Er kommt momentan von der Bank, ist aber ein toller Charakter. Paurević war am Anfang im Kader, hat aber in der Vorbereitung etwas verpasst, was er jetzt aufholt. Wir sind damit absolut zufrieden und glücklich. Alle haben auf ihre Art und Weise Eindruck hinterlassen. Sie sind aber alle erst am Anfang und wir erwarten noch weitere Schritte in dieser Saison.

Als Leihspieler hat Elias Kachunga zuletzt in einem Interview gesagt, dass er mit dem Kapitel Ingolstadt abgeschlossen habe. Planen Sie damit, dass er langfristig bei Ihnen bleibt?

Wir haben Elias mit einer Kaufoption ausgeliehen, die einzig und allein wir ziehen können. Deswegen liegt das alleine bei uns und an seinen Leistungen. In meinen Gedanken ist er ein Spieler von uns.

 

Im zweiten Teil des großen Interviews mit David Wagner lesen Sie: Über seine Zeit beim BVB, die Arbeit mit Jürgen Klopp und die Wünsche für die Zukunft.

 

Das Interview führte Lionard Tampier