15.09.2016 15:09 Uhr

PL-Skandal: Viel zu wenig Rollstuhl-Plätze

Nicht genug Plätze für Rollstühle - auch Chelsea wird kritisiert
Nicht genug Plätze für Rollstühle - auch Chelsea wird kritisiert

Der englische Fußball schwimmt im Geld. Wie dieses jedoch eingesetzt wird, ist in der Premier League umstritten. Der "Telegraph" deckte nun auf, dass aktuell kaum ein Verein die Mindestzahl an Rollstuhl-Plätzen anbietet, die laut einer gemeinsamen Vereinbarung aus dem vergangenen Jahr bis zum August 2017 geschaffen werden muss.

Die neuen TV-Verträge in England spülen den Premier-League-Klubs satte 8,3 Milliarden Pfund in die Kassen. Dennoch sehen sich einige der reichsten Vereine der Welt nicht in der Lage, für die Mindestzahl an Rollstuhl-Plätzen im Stadion zu sorgen, die bei einer Abmachung mit der Liga im vergangenen Jahr getroffen wurde.

Nur drei Vereine konnten diese Abmachung bereits erfüllen: Swansea (179 Plätze), Leicester City (197) und Manchester City (252) bieten mehr Rollstuhl-Plätze an als minimal gefordert. So auch der AFC Bournemouth, doch im Stadion der Cherries liegen die Plätze so schlecht, dass sie nicht den erwünschten Standard erfüllen.

Die Großen im Fokus

Große Teams wie Tottenham Hotspur, Manchester United, Everton, Chelsea oder Liverpool hinken mitunter weit zurück. Beispielsweise bietet Tottenham nur 56 Rollstuhl-Plätze an - gefordertes Minimum wären 198 Plätze. Chelsea begründet die schlechte Infrastruktur damit, dass die Blues die Forderungen nur erfüllen könnten, wenn sie ein neues Stadion bauten. In Liverpool wurde gerade erst eine neue Tribüne eröffnet, die Rollstuhlplätze sollen erst im zweiten Renovierungsschritt folgen. Das Versprechen aus dem letzten Jahr wurde auch hier gebrochen, bis 2017 werden die Plätze nämlich nicht fertig.

"Die Entschuldigungen, die von den Klubs vorgebracht werden, warum sie dieses nicht erfüllen, sind offen gesagt nicht zu akzeptieren", zitiert der "Telegraph" die deutlichen Worte vom Labour-Partei-Angehörigen Lord Faulkner. "Der FC Liverpool zum Beispiel scheint interessierter daran zu sein die normalen Plätze zur Verfügung zu stellen, als genug Plätze für behinderte Fans zu installieren, um die Minimum-Standards des Fußballs zu erfüllen. Es ist Gesetz, dass sie dazu angehalten sind, die Plätze zur Verfügung zu stellen, und es ist eine Schande, dass sie das nicht getan haben. Es ist klar, dass die Premier League anscheinend nicht die Absicht hat, die Klubs, die die Abmachung nicht einhalten, zu sanktionieren oder zu bestrafen", so Folkner weiter.

Frustration wegen falscher Prioritäten

Generell gibt es eine große Frustration unter den Verantwortlichen, die sich für mehr Barrierefreiheit in den Stadien einsetzen. Laut Lord Chris Holmes, dem Kommissar für Menschenrechte und Gleichberechtigung der Konservativen, liegt das vor allem an den Prioritäten der Liga: "HD Kameras und der Ausbau der Sitzplätze werden innerhalb eines Herzschlages erledigt."

Nach Angaben der Zeitung wird wohl auch das Olympiastadion, in dem West Ham United seit dieser Saison spielt, den geforderten Standards nicht gerecht. Das entgeistert vor allem Joyce Cook, den Vorsitzenden der Wohltätigkeitsorganisation "Level Playing Field". "Während aktuell die Paralympischen Spiele in Rio stattfinden, fragt man sich: Wie können wir von positiven Wirkungen von London 2012 für behinderte Menschen im Vereinigten Königreich sprechen, wenn nicht einmal das Olympiastadion komplett zugänglich ist? Das ist unglaublich", regt sich Cook auf.

Halbgar meldeten sich auch die Verantwortlichen der Premier League zu Wort. "Die Vereinbarungen, die getroffen wurden, sind weitgreifend und werden neue Standards für den Sport und andere Bereiche setzen", sagte in Sprecher der Liga dem "Telegraph" und führte fort: "Alle arbeiten daran, dass ihre Stadien und die geforderten Standards innerhalb des geforderten Zeitplans erfüllen sowie das Erlebnis für behinderte Fans zu verbessern." Mit anderen Worten: Die Vereine sind stets bemüht. Ein schlechteres Zeugnis kann man kaum ausstellen.