20.09.2016 12:33 Uhr

Wagners neue "Kein-Kommentar"-Kultur

Kein Kommentar von Sandro Wagner
Kein Kommentar von Sandro Wagner

In Darmstadt hat Sandro Wagner in der vergangenen Saison Tore am Fließband erzielt und auch abseits des Platzes für Aufsehen gesorgt. Bei 1899 Hoffenheim hält sich der U21-Europameister von 2009 (noch) zurück.

Inzwischen lässt Sandro Wagner lieber Taten sprechen. Im aktuellen Stadionmagazin des Bundesligisten 1899 Hoffenheim beantwortet der extrovertierte U21-Europameister von 2009 im "Kein-Kommentar"-Interview "provokante Fragen", aber ohne dabei den Mund aufzumachen - als Pantomime. Noch vor ein paar Monaten hatte der 28-Jährige viel mehr gesagt, als eigentlich gut für ihn war.

Damals noch unter Vertrag beim Ligakonkurrenten Darmstadt 98 ließ sich Wagner über "teilweise" unterbezahlte Fußballer aus. Das Interview in der Bild-Zeitung sorgte für massive Kritik, in den sozialen Netzwerken wurde der Stürmer, der die Lilien am Ende mit 14 Toren fast im Alleingang zum Klassenerhalt führte, sogar verspottet.

"Neid-Kultur"

"Im Großen und Ganzen stehe ich zu meiner Meinung", sagte er später im "Aktuellen Sportstudio" des "ZDF". Laut dieser verdienen die hochbezahlten Bundesliga-Profis, "gemessen an all dem, was man aufgibt", zu wenig. Der Druck sei ja schließlich riesig. Dass die Jungstars ihren Reichtum zur Schau stellen, sei für Wagner "völlig in Ordnung", er sprach von einer "Neid-Kultur".

Wagner, der nach seiner ersten richtig guten Profi-Saison nach Hoffenheim wechselte und dort wohl mehr als in Darmstadt verdient, eckt bewusst und gerne an. Zuvor hatte er "viele Fußball-Kollegen" als "nur noch peinlich und zum Fremdschämen" bezeichnet. Er positionierte sich demonstrativ als Typ mit Ecken und Kanten. "Ich kann gut damit leben, wenn 99 Prozent mich nicht mögen", sagte er. Auf dem Platz kann das ein Vorteil sein.

"Auch Talent"

Vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg am vergangenen Samstag (0:0) wurde 1899-Trainer Julian Nagelsmann gefragt, ob beim ihm Mentalität vor Talent komme - weil Wagner immer spielt. "Zunächst einmal: Sandro hat auch Talent", antwortete der Coach. In den ersten vier Pflichtspielen der Saison hatte Wagner zwei Tore erzielt.

Ein Diplomat ist an Wagner noch nie verloren gegangen. Vielleicht auch deshalb gelang dem einstigen Talent von Bayern München erst sehr spät der Durchbruch. "Irgendwann bin ich vielleicht mal falsch abgebogen. Oder ich hatte nicht so viel Talent", sagte er. Groß stören tut ihn das aber nicht.

"Wie lebt es sich damit, dass Du dich öfter rechtfertigen musst, weil Du abseits des Platzes Deine Meinung sagst?", ist eine Frage im 1899-Magazin. Wagners Antwort-Geste: Breites Grinsen, beide Daumen hoch.