26.09.2016 10:01 Uhr

Kahn: BVB kann für den FCB "unbequem werden"

Kahn ist Experte für alle Fußball-Bereiche
Kahn ist Experte für alle Fußball-Bereiche

Oliver Kahn ist begeistert vom aktuellen Spiel der Dortmunder. "Der BVB hat die taktischen Vorgaben von Thomas Tuchel perfekt umgesetzt", sagte der Keeper im Interview im "kicker" mit Blick auf den Erfolg in der Königsklasse bei Polens Meister Legia Warszawa. Inbesondere Raphaël Guerreiro und Mario Götze hätten die offenen Halbräume am ersten Spieltag beim 6:0 in Warschau perfekt genutzt und den Gegner mit Pierre-Emerick Aubameyang, Ousmane Dembélé und Christian Pulisic "in höchstem Tempo auseinandergenommen." 

Zwar hätte der Ruhrpottklub mit Mats Hummels, Henrikh Mkhitaryan und İlkay Gündoğan drei Leistungsträger abgeben und ersetzen müssen, aber das scheint perfekt gelungen zu sein, glaubt Kahn und zeigt sich begeistert: "Wie sie da nun Darmstadt und Wolfsburg abgefertigt haben, das war richtig stark." Da die jungen Spieler immer Formschwankungen haben werden, wird es laut dem 47-Jährigen "die Leistungskonstanz von Aubameyang, Reus, Schürrle und Götze" entscheidend sein. "Gelingt es dem BVB, das Top-Niveau über die gesamte Saison zu halten und größere Tiefs zu vermeiden, können sie für die Bayern unbequem werden."

Tuchel hat internationales Format

Am Dienstag kommt Real Madrid in den Signal Iduna Park. Insgesamt sieht Kahn "keineswegs große Probleme" für die BVB-Abwehr gegen den spanischen Vizemeister. Auch wenn er analysiert, dass Marc Batra noch zu risikoreich spielt und zudem zu Stellungsfehlern neigt. Sokratis sieht der ehemalige Torhüter als "verlässlichen und grundsoliden Spielertypen", zudem seien Łukasz Piszczek und Marcel Schmelzer erfahren genug für die Aufgabe. 

Götze sieht der Champions-League-Sieger von 2001 "am stärksten auf der Zehnerposition". "Mit seiner Fähigkeit, in engsten Räumen mit höchstem Tempo den Ball zu behaupten, kann er seine Mitspieler in Szene setzen oder selbst den Abschluss suchen, zudem auf dieser Position mit seiner feinen Technik und Spielintelligenz das Aufbauspiel unterstützen." So unbekümmert wie unter Klopp, wird der Dortmunder Rückkehrer allerdings nicht mehr spielen, glaubt Kahn. "Götze ist auf dem Weg der Identitätsfindung, auf der Suche nach seiner optimalen Position. Tuchel ist intelligent genug, für ihn die ideale Rolle zu finden."

Mit Blick auf die international erfolgreichen Trainer sieht Kahn in der Bundesliga nur wenige Übungsleiter, die an die Qualität von Conte, Mourinho und Co. herankommen. "Tuchel hat in Dortmund die Möglichkeit zu zeigen, dass er große Fähigkeiten besitzt. Auch Roger Schmidt von Leverkusen hat Qualitäten. Schubert und Weinzierl müssen noch Erfahrungen sammeln."

Ancelotti erinnert an Heynckes und Hitzfeld

In München hat sich seit dem Weggang von Pep Guardiola einiges getan, analysiert der Torhüter. "Auffällig finde ich, dass die Spieler häufiger und ungezwungener versuchen, den Pass in die Tiefe zu spielen, ob hoch oder flach, und somit zielstrebiger den Abschluss suchen. Und Ancelotti nimmt nicht permanent Anpassungen vor, wechselt nicht ständig die Positionen." Richtig spannend wird es aber erst, wenn der Erfolgsdruck dazu kommt und die Kreativität, die die Bayern bisher stark machte, eingeschränkt wird, weiß der achtfache deutsche Meister. "Dann ist Freiheit nicht immer das beste Mittel, sondern eine klare Strategie, an die sich Spieler und Mannschaft halten können. Vor allem gegen tief stehende Gegner muss Bayern Lösungen finden. Die Lösung für Ancelotti liegt wahrscheinlich zwischen Freiheit, Kreativität und klarem taktischen Plan."

Damit es endlich mit dem Champions-League-Gewinn klappt, müsse Ancelotti die Spieler davon überzeugen, "dass seine Idee von Fußball erfolgreich ist. Und er muss - was er bestens beherrscht - die Spieler und das Umfeld vor allem menschlich mitnehmen. Ancelotti erinnert in seinem Auftreten ein wenig an Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld." Dass es zuletzt drei Mal ein Aus im Halbfinale gab, wiegt weniger schlimm, glaubt Kahn. "2013 haben sie den Cup geholt und anschließend dreimal das Halbfinale erreicht: Die Spieler wissen, dass sie stark und immer in der Lage sind, die Champions League zu gewinnen."

Dass Frank Ribéry und Arjen Robben mit Douglas Costa und Kingsley Coman neue Konkurrenz bekommen haben, "wird sie auch im etwas höheren Alter antreiben." Der Umbruch mit Verpflichtung von Talenten wie Joshua Kimmich, Coman oder zuletzt Renato Sanches sei gut begonnen worden. "Die Talente sind vielversprechend", freut sich Kahn, "Kimmich ist der Prototyp des modernen Spielers, vielseitig, technisch stark, mit guter Mentalität."

Sollte der FCB doch einmal in eine schwächere Phase kommen, seien zudem "immense finanzielle Mittel" da, die sofort investiert werden könnten. Außerdem herrsche beim Rekordmeister die besondere Mentalität vor. "Bei Bayern wird dieses kompromisslose Erfolgsdenken von einer Generation auf die andere übertragen. Diese Kultur ist ein großer Wettbewerbsvorteil, denn die Konkurrenz kann sie nicht kopieren. Für die Spieler ist es Pflicht, jede Saison die größten Ziele anzustreben."