09.10.2016 12:42 Uhr

Bittere Lehrstunde für Kadeřábek und Co.

Die Tschechen sahen gegen Manuel Neuer und Co. kein Land
Die Tschechen sahen gegen Manuel Neuer und Co. kein Land

Seine schwache Leistung schien Pavel Kadeřábek nicht zu belasten. In ordentlichem Englisch beantwortete Tschechiens Abwehrspieler nach der Lehrstunde durch Weltmeister Deutschland die Fragen der Journalisten.

Er gab dabei eine deutlich bessere Figur ab als zuvor in 93 bitteren Minuten auf dem Rasen des Hamburger Volksparkstadions. "Wir wussten, dass Deutschland klarer Favorit ist. Sie haben mit hoher Geschwindigkeit gespielt, das war schon beeindruckend", meinte der Rechtsverteidiger von 1899 Hoffenheim, über dessen Seite zwei der drei Gegentore eingeleitet wurden.

Für seinen verpatzten Auftritt erntete der einzige eingesetzte Bundesliga-Legionär der Tschechen, die nun schon früh um die WM-Teilnahme bangen müssen, heftige Kritik. "Kadeřábek hat überhaupt nichts getan", ätzte "Pravo" (Onlineausgabe). "Nach vorn existierte er praktisch nicht, nach hinten haben ihn die Deutschen gejagt und gemacht, was sie wollten."

In der Tat waren es Linksverteidiger Filip Novák und dessen Pendant Kadeřábek, die sich gegen stürmische Deutsche als Schwachstellen der Hintermannschaft erwiesen. "Mit Diagonalpässen und Ballverlagerungen wollten wir hinter Tschechiens Abwehr kommen und diese aufreißen", berichtete Bundestrainer Joachim Löw lächelnd. "Das haben wir gut gemacht und dem Gegner damit viele Probleme bereitet."

"Unterschied glich einem Abgrund"

Probleme hat der EM-Champion von 1976 und -Zweite von 1996 in der Tat einige. Nach zwei Spielen steht das Team in der Gruppe C schon unter Druck. Es droht, dass nach der WM 2014 in Brasilien auch das Turnier 2018 in Russland ohne die Tschechen stattfinden wird. Zumal die Nachfolger der "goldenen Generation" leistungsmäßig an Ex-Stars wie Karel Poborský, Milan Baroš oder Jan Koller bei weitem nicht heranreichen. Ihrer Mentalität entsprechend wollten sie dennoch wie glorreichere frühere Auswahlteams ihres Landes mit den Deutschen mitspielen. Das kam dem Weltmeister sehr gelegen: Thomas Müller (13.) leitete den Sieg früh ein, Toni Kroos (49.) und erneut Müller (65.) erhöhten. Dem standen ganze zwei Chancen durch Bořek Dočkal entgegen.

"Der spielerische Unterschied zwischen dem Weltmeister und dem tschechischen Team glich einem Abgrund. Ohne die gute Leistung von Torwart Tomáš Vaclík hätte der deutsche Erfolg noch größer ausfallen können", fasste "MF Dnes" zusammen. Trainer Karel Jarolím hofft dennoch, dass die Tschechen (1 Punkt) noch die Kurve kriegen und sich in die WM-Relegation retten können. "Deutschland war und ist die klare Nummer eins in der Gruppe, dahinter wird es einen harten Kampf um Rang zwei geben", sagte der Nationalcoach. Am Dienstag ist gegen Deutschland-Verfolger Aserbaidschan (6 Punkte) in Ostrau allerdings ein Heimsieg nötig, um im Rennen um die WM-Fahrkarte zu bleiben.