26.10.2016 16:00 Uhr

Pokalderby in Manchester: Duell zur Unzeit

Unzufriedenheit so weit das Auge reicht: In Manchester kriselt es
Unzufriedenheit so weit das Auge reicht: In Manchester kriselt es

Es hätte alles so schön sein können. Manchester-Derby Nummer zwei, die Giganten messen sich erneut. Mou gegen Pep, Agüero gegen Ibra, De Bruyne gegen Pogba - was vor wenigen Wochen noch als Duell des Jahres galt, verkommt im League Cup nun zum Frustgipfel.

Wie schon im September, als die Citizens das erste Aufeinandertreffen für sich entscheiden konnten, treffen die Erzrivalen im Old Trafford aufeinander. Doch diesmal bleibt das große Säbelrasseln, das im Vorfeld eines jeden Derbys quasi zum guten Ton gehört, aus. Eine mögliche Erklärung für die ungewohnte Ruhe könnte in der traditionell geringen Wertschätzung der englischen Elite für den League Cup liegen.

"Es ist der unwichtigste Wettbewerb", ließ José Mourinho vor wenigen Tagen wissen. "Ich würde lieber in der Premier League spielen". Understatement? Mitnichten. Ob Skyblues oder Red Devils - in Manchester haben sie gerade ganz andere Sorgen.

Krisenherd United: Überall Baustellen

Bis zur 1:2-Niederlage im Stadtderby ohne Punktverlust, ist beim Rekordmeister seither der Wurm drin. Rund 180 Millionen Euro hat der Verein in der Sommerpause in die Hand genommen, um so namhafte Kicker wie Paul Pogba, Henrikh Mkhitaryan und Eric Bailly zu ködern - ganz zu schweigen vom Monstergehalt, mit dem Zlatan Ibrahimović ein Engagement auf der Insel schmackhaft gemacht wurde. Viel Geld ist geflossen - bislang ohne nennenswerten Erfolg, wie nach dem ersten Viertel der Saison konstatiert werden muss.

Nicht erst seit der bitteren Demütigung beim FC Chelsea (0:4) offenbart der aktuelle United-Kader bedenkliche Baustellen. Die als Führungsfiguren verpflichteten Superstars Pogba und Ibrahimović (seit fünf Ligaspielen torlos) kämpfen mit Formschwankungen, im Angriff mangelt es an Tempo und Esprit, zudem krankt die Mannschaft an ihrem fast schon anfängerhaften Verhalten in der Rückwärtsbewegung. Und dann wären da ja noch die Sorgenkinder Wayne Rooney und Henrikh Mkhitaryan, die bei Fans wie Trainerstab gleichermaßen einen ganz schweren Stand haben. Es kommt nicht von ungefähr, dass zuletzt sogar Rufe nach einer Begnadigung des aussortierten Bastian Schweinsteiger laut wurden.

Vor dem Duell mit den Citizens richtete "The Special One" Mourinho nun einen flammenden Appell an sein Team: "Die Zeit des Versteckspielens ist vorbei. Wir sind nicht glücklich. Wir müssen zeigen, dass wir keine Kinder sondern Männer sind und uns wie solche verhalten". Mit welchem Personal er diesen Beweis erbringen will, bleibt derweil unklar. Um in der Liga nicht vollends den Anschluss zur Spitzengruppe zu verlieren, dürfte der Portugiese nicht auf die A-Elf bauen und einigen Akteuren eine Erholungspause vor der Partie gegen Burnley gönnen.

Krisenherd City: Wo ist die Dominanz?

Kaum besser ist die Stimmung derzeit rund um das Etihad Stadium. Auf den ersten Blick mag das verwundern, grüßt Manchester City doch nach neun Premier-League-Spieltagen vom Platz an der Sonne. Fünf Pflichtspiele in Serie ohne Sieg haben zuletzt jedoch Spuren hinterlassen - allen voran die 0:4-Klatsche in der Königsklasse beim FC Barcelona. Groß waren die Hoffnungen, unter der Führung des Fußballfachmanns Pep Guardiola endlich auch international in die Weltspitze vorzudringen - bislang vergeblich.

Dabei hatte alles so gut begonnen. In den ersten Wochen eilten die Himmelblauen von Sieg zu Sieg, dominierten ihre Gegner nach Belieben, wie auch Borussia Mönchengladbach in der Champions League schmerzhaft erfahren musste. Eitel Sonnenschein beim Scheich-Verein? Bis zum 3:3 bei Celtic Glasgow. Seit dem Dusel-Remis beim schottischen Nachbarn wackelt die Defensive regelmäßig so heftig, dass die guardiol'sche Dominanz plötzlich kaum noch zu erkennen ist. Der Spanier steht nach der längsten Sieglosserie seiner Trainerlaufbahn nun sogar in der Kritik.

Wie angespannt das Nervenkostüm beim Meister von 2014 ist, zeigte sich nach dem biederen 1:1 gegen Southampton am vergangenen Spieltag, als der Ex-Bayern-Coach seine Jungs nach Schlusspfiff fast eine Stunde in der Kabine schmoren ließ. "Nichts Besonderes" sei dort passiert, behauptete Guardiola anschließend. Auch den Diskussionen um seine taktische Ausrichtung entgegnete der Katalane energisch: "Ich habe damit Titel gewonnen, ich werde nichts ändern".

Gleichwohl haben einige seiner Maßnahmen für Verwunderung gesorgt. Warum Tormaschine Sergio Agüero in Barcelona auf der Bank saß, wieso Vincent Kompany als Abwehrchef nicht mehr unumstritten ist - Guardiolas Gebahren hat Fragen aufgeworfen. Beim Versuch, im Derby eine sportliche Antwort zu geben, wird ein Liebling des Trainers jedenfalls nicht helfen können: Kevin De Bruyne wird am Mittwoch angeschlagen fehlen. Ein Star weniger in einem Stadtduell zur Unzeit.