23.11.2016 14:48 Uhr

Rampenlicht: Wandervögel auf der Durchreise

Ryan Babels Karriere nimmt bei Depor wieder Fahrt auf
Ryan Babels Karriere nimmt bei Depor wieder Fahrt auf

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf zwei Wandervögel, die ihr Glück nun im Norden und Süden Europas suchen: Ryan Babel ist mit über elf Millionen Klicks zumindest auf youtube der Hit und Marvin Pourié kickt in der Provinz.

Erste Spielminute zwischen Deportivo La Coruña und Sevilla FC: Ryan Babel köpft Depor zur Führung und bereitet 40 Minuten später das 2:0 vor. Ein echter Neuanfang oder nur in kurzes Zwischenhoch in einer Karriere voller Tiefen? Diese Frage stellt sich nicht zum ersten Mal in der Profilaufbahn von Ryan Babel.

18 Millionen Euro hatte Liverpool 2007 für den niederländischen Offensivmann an Ajax überwiesen. Dem damals 20-Jährigen wurde eine große internationale Karriere prophezeit. Durchsetzen konnte sich der gebürtige Amsterdamer bei den Reds jedoch nie. Schlagzeilen machte Babel, der mit fünf Jahren nur knapp dem Tod entkommen war, als eine Boeing 747 in seine Wohnsiedlung krachte, hauptsächlich neben dem Platz. Im Sommer 2008 veröffentlichte Babel seinen ersten Song. An der Seite des niederländischen Rappers Darryl performte der Profifußballer den Track "Eeyeeyo".

Auf dem Platz wurden positive Nachrichten immer weniger. Mit lediglich zwölf Toren und fünf Vorlagen auf der Habenseite verließ Babel die Insel nach vier Saisons in Richtung Bundesliga. Der TSG Hoffenheim war dieses Engagement immerhin noch sieben Millionen wert. "Ich bin überzeugt, dass ich das Level eines Ribéry oder Robben irgendwann erreichen kann und ich hoffe, dass ich das im Laufe der Saison zeigen kann", kündigte Babel damals im Interview mit "spox.com" vollmundig an.

Zurück aus dem Ruhestand

Seine vier Tore blieben jedoch nicht mehr als eine Randnotiz in der Bundesligageschichte. Im Kraichgau wurde Babel den hohen Erwartungen an ihn ebenso wenig gerecht wie bei seinem Jugendklub Ajax, zu dem er schließlich zurückkehrte. Aus Amsterdam zog es ihn in die Türkei, aber Ablösen generierte der Offensivspieler schon längst keine mehr. Immerhin folgte ein kurzes Zwischenhoch bei Kasımpaşa SK: An der Seite des Ex-Bundesligaprofis Fabian Ernst wurde er zum Stammspieler und stellte unter Beweis, dass er den Torriecher nicht vollends verloren hatte. Nach 14 Treffern in zwei Jahren schien es den 42-fachen niederländischen Nationalspieler aber endgültig in den Ruhestand zu ziehen.

Der Wandervogel spielte ab Juli 2015 für Al Ain in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo sein Vertrag im Sommer auslief. Die mit hohen Ambitionen gestartete Karriere schien ein glanzloses Ende in der Wüste gefunden zu haben. Ein Anruf von Deportivo La Coruña brachte dann jedoch eine erneute Wende: Der spanische Erstligist verpflichtete ihn als Ersatz für den Ex-Bundesliga-Stürmer Joselu, der sich zuvor am Knie verletzt hatte. Mit den Galiziern kämpft der Niederländer nun gegen den Abstieg - und bleibt vorerst nur nebenberuflich ein Musiker mit über elf Millionen Klicks.

Marvin Pourié: Persona non grata?

Eine weniger musikalische, aber nicht minder bunte Vergangenheit besitzt der ehemalige Schalker Marvin Pourié, der aktuell die Schuhe für Randers FC in Dänemark schnürt. Mit seiner vierten Torvorlage und seinem dritten Treffer besorgte der abschlussstarke Stürmer am vergangenen Wochenende den 2:1-Heimsieg gegen Viborg fast im Alleingang. Im hohen Norden läuft es rund für den Westfalen.

In Deutschland genießt der in Werne geborene Stürmer hingegen nicht den besten Ruf. Grund sind die Eskapaden während Pouriés Zeit bei 1860 München. Eine Schlägerei mit Mitspieler Torben Hoffmann, unentschuldigtes Verlassen des Trainingsplatzes - 2009 war kein gutes Jahr für den heute 25-Jährigen. Sein damaliger Trainer Uwe Wolf feuerte die Schalke-Leihgabe: "So lange ich Trainer bin, wird Pourie nicht mehr im Kader sein", sagte er.

Vom Verstoßenen zum Publikumsliebling

Der junge Offensivspieler kehrte zur zweiten Mannschaft der Knappen zurück – erfolglos. Im Sommer 2011 folgte der Wechsel in die dänische Superliga zu Silkeborg IF. Dort wurde Pourié in den zwei Jahren bei dem Abstiegskandidaten zum Publikumsliebling. Mit seinen Toren hatte er viel Anteil daran, dass der Provinzklub die Klasse hielt. Statt glücklich in der Provinz zu bleiben, folgten jedoch weitere Missverständnisse in Russland und Belgien.

Erst eine Rückkehr nach Dänemark brachte den Stürmer zurück in die Erfolgsspur. Im vergangenen Jahr fand der Werner seinen Torriecher wieder und verhalf Sønderjysk Elitesport mit neun Toren zum Klassenerhalt in der ersten Liga. Es folgte der Wechsel zu Randers FC, seine vierte Station in Dänemark. Und Marvin Pourié scheint angekommen zu sein – zumindest vorerst. "Ich kann noch sieben oder acht Jahre Fußball spielen - egal ob in Deutschland, England, Italien oder Spanien", sagte der 25-Jährige den "Ruhr Nachrichten". Die Reise des Stürmers geht also weiter. Und vielleicht wird ja schon bald ein Nachfolger für einen rastlosen Niederländer gesucht, der seine Karriere endgültig an den Nagel hängt?

 

Patrick Senft