23.11.2016 23:08 Uhr

Lahm schlägt Alarm - Rummenigge rupft Boateng

Klartext von Philipp Lahm nach der Niederlage in Rostov
Klartext von Philipp Lahm nach der Niederlage in Rostov

Katerstimmung beim Rekordmeister: Der FC Bayern hat nach einer erneut lethargischen Vorstellung den Gruppensieg in der Champions League verspielt. Während Kapitän Lahm die Mannschaft in die Pflicht nimmt, kritisiert Vorstandschef Rummenigge einen Spieler.

Geschlossen gingen die Spieler des FC Bayern zu ihren rund 500 mitgereisten Anhängern und klatschten pflichtschuldig Beifall - Grund zum Feiern allerdings hatten die Münchner wieder nicht. Mit einem Sieg bei FK Rostov wollte der deutsche Rekordmeister in der Champions League seine Chance auf Platz eins in der Gruppe D wahren, stattdessen kassierte er im kalten Russland eine weitere schmerzhafte Niederlage. Der Grund? "Wir haben nicht gut gespielt", gab Trainer Carlo Ancelotti zu.

Das 2:3 (1:1) beim russischen Tabellensechsten war die Folge einer erneut fragwürdigen Abwehrleistung, einer Vorstellung mit wenig Esprit und Ideen - entsprechend ernst blickte hinterher Philipp Lahm in die Kamera. "Krise ist vielleicht zu viel", sagte der Kapitän, "aber wir müssen schnellstmöglich unsere Fehler abstellen. Wir sind aktuell ein bisschen sorglos, wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann."

"Jérôme muss wieder ein bisschen mehr zur Ruhe kommen"

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge monierte vor allem die individuellen Fehler von Jérôme Boateng und mahnte: "Es fällt ein bisschen auf: Jérôme muss wieder ein bisschen mehr zur Ruhe kommen. Ich glaube, seit dem letzten Sommer ist mir das ein bisschen zu viel. Es wäre im Sinne von ihm und auch des ganzen Klubs, wenn er wieder 'back to earth' kommt."

Zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren hat der FC Bayern zwei Pflichtspiele nacheinander verloren, damals, im Mai 2015 unter Pep Guardiola, waren es sogar deren drei. "Im Moment ist es schwierig für uns", bekannte Ancelotti, und Lahm blickte schon mit ein wenig Sorge auf das Spiel gegen Bayer Leverkusen am kommenden Samstag. "Am Samstag wartet der nächste schwere Gegner", mahnte er, Klubchef Karl-Heinz Rummenigge hat das Spiel als richtungweisend bezeichnet - es wird das erste unter dem wiedergewählten Präsidenten Uli Hoeneß sein.

Lahm bemängelt Fehler

Mit einer Leistung wie im bitterkalten Rostov am Don werden die Bayern auch gegen Bayer Probleme bekommen. "Wir machen zu viele Fehler", monierte Lahm, "wir sind im Passspiel nicht zu 100 Prozent konzentriert. Das müssen wir abstellen, so schnell wie möglich." Er hätte noch erwähnen können, dass die Münchner nach einer passablen ersten Halbzeit am Ende fast kopflos dem Ausgleich hinterher rannten.

Der Ecuadorianer Christian Noboa besiegelte mit einem Freistoßtreffer (67.) den ersten Sieg von Rostov in der Champions League, dem Tor vorausgegangen war wenig souveränes Abwehrverhalten der Münchner. Bereits zuvor hatten die Bayern Geschenke verteilt: Douglas Costa, Schütze des Führungstreffers und zugleich 400. Tores des FC Bayern in der Königsklasse (36.), leitete mit einem ungenauen Pass auf Jérôme Boateng den Ausgleich der Russen durch Azmoun ein (43.).

Der erstaunlich steif wirkende Boateng hatte ohnehin nicht seinen glücklichsten Tag an der Seite von Startelf-Rückkehrer Holger Badstuber: Kurz nach der Pause verursachte der Weltmeister einen Foulelfmeter, den Dmitri Polos verwandelte (49.). Kurz darauf gelang Juan Bernat nochmal der Ausgleich (52.), doch als Rostov danach beschloss, auch mal mitzuspielen, wurden erneut Unsortiertheiten in der Münchner Abwehr offenbar.

Dem FC Bayern fehlen Dynamik und ein Plan

Der FC Bayern hätte schon früh in Rückstand geraten können - nach einem Missverständnis zwischen Badstuber bei dessen erstem Startelf-Einsatz seit Februar und Torhüter Sven Ulreich, der den angeschlagenen Manuel Neuer vertrat: Sie schätzten einen langen Pass von Cesar Navas falsch ein, Bernat klärte den auf das leere Tor zukullernden Ball (9.).

Meist spielte sich das Geschehen danach in der Spielhälfte der Gastgeber ab: Rostov stand mit neun, zehn Leuten am eigenen Strafraum, die Münchner passten hin und her, aber meist nur quer. Nur selten gelang ein Angriff über die Flügel oder ein guter Pass durch die Abwehr. Dies war beim Sturmlauf in den letzten Minuten nicht viel anders. Es fehlten Dynamik und ein Plan.