09.12.2016 14:11 Uhr

Wohin geht Draxlers Reise?

Julian Draxler steht in Wolfsburg vor dem Abschied
Julian Draxler steht in Wolfsburg vor dem Abschied

Julian Draxler sollte in Wolfsburg die neue Leitfigur auf dem Weg zu regelmäßigen Champions-League-Abenteuern werden. Der Nationalspieler sah bei den Wölfen ein Sprungbrett zu einer großen internationalen Karriere. Nach anderthalb Jahren voller Missverständnisse und Probleme ist klar: Das Kapitel Draxler in Wolfsburg wird für beide Seiten kein erfolgreiches – und endet womöglich schon in diesem Winter. Ein Überblick:

Die Situation

Schon nach der letzten Saison hatte es Ärger um Draxler gegeben. Der Offensiv-Allrounder hatte in der "Bild" unverblümt verkündet, dass er "den VfL Wolfsburg verlassen möchte". Manager Klaus Allofs lehnte großzügige Offerten für den Ex-Schalker ab und hielt Draxler gegen seinen Willen bei den Niedersachsen fest.

In der laufenden Spielzeit scheiterte diese Zwangsehe endgültig. Mit der katastrophalen Bilanz von null Toren und ebenso vielen Vorlagen in elf Bundesligaspielen schaffte es der Weltmeister von 2014 zuletzt nur noch auf die Bank. Nach seiner Einwechslung wurde Draxler dann von den eigenen Fans gnadenlos ausgepfiffen und erneuerte anschließend seine Wechselabsichten. Rückendeckung aus den eigenen Reihen bekommt der gebürtige Gladbecker nicht mehr. Coach Valérien Ismaël stellte fest, dass Draxler die Pfiffe gegen sich "zum Großteil selbst verschuldet" habe.

Das Tischtuch zwischen Draxler und dem Verein ist zerschnitten und wohl auch nicht mehr zu kitten. So verwundert es kaum, dass Draxlers Berater Roger Wittmann laut "Kicker" bereits mit dem Verein über einen Wechsel verhandelt. Eine schnelle Trennung scheint unvermeidlich. Bleibt die Frage: Wohin zieht es Julian Draxler?

Die Optionen

Nach Informationen der "WAZ" ist der VfL bereit, Julian Draxler zum Einkaufspreis von 36 Millionen auch wieder abzugeben. Das wäre nicht einmal die Hälfte der 75 Millionen, die der 23-jährige im Sommer per festgeschriebener Ablöse wert würde, was bei einigen Klubs das Interesse wecken dürfte.

Paris Saint-Germain wollte Draxler bereits in der Sommerpause an die Seine locken. An Geld mangelt es bekanntlich nicht beim Scheich-Klub aus der Ligue 1. PSG ist dort derzeit nur Dritter und hat in der Winterpause Handlungsbedarf. Allerdings soll PSG mit Tottenhams 20-jährigem Mittelfeldtalent Dele Alli und Manchester Uniteds Stürmer Anthony Martial noch zwei andere Hochkaräter auf dem Zettel haben.

Auch beim FC Arsenal wird Draxler nicht zum ersten Mal gehandelt. Coach Arsène Wenger wollte ihn schon vor der Saison nach London holen. Im 4-2-3-1-System der Gunners könnte Draxler auf der linken Seite spielen – genau dort, wo er sich einst in die Nationalmannschaft spielte. Arsenal könnte Draxler auch als Backup für Alexis Sanchez holen. Der Chilene fordert eine drastische Aufstockung seines Gehalts und hat laut "Mirror" ein Mega-Angebot aus China vorliegen.

Zu Juventus Turin wollte Draxler im Sommer nach den Worten seines Agenten Fabio Parisi auch "gerne wechseln". Die Bianconeri mussten mit Paul Pogba eine kreative Offensivkraft ziehen lassen, kommen allerdings auch so ganz gut klar und stehen schon wieder an der Spitze der Serie A. Zudem ist fraglich, ob Juve genug in der Kasse hat, denn die Pogba-Millionen hat die "Alte Dame" bereits in Higuaín und Pjanić investiert.

Seit einigen Tagen geistert auch der FC Bayern München als potentieller Abnehmer durch die Medien. Die "tz" spekulierte, ob der Rekordmeister nicht zugreifen sollte, wenn die Ablösesumme passt. Fakt ist, dass Draxler als junger Nationalspieler mit Talent und Erfahrung perfekt ins Beuteschema der Bayern passt. Deren Offensive ist zwar hochkarätig besetzt, aber auch verletzungsanfällig. Ob Bayern für Draxler bietet, könnte auch davon abhängen, wie sich die Vertragsverhandlungen mit Arjen Robben gestalten, dessen Vertrag im Sommer ausläuft.

Die Prognose

Ein weiterer Wechsel Draxlers innerhalb der Bundesliga scheint am unwahrscheinlichsten. Der 23-jährige hat hier nach den teils unrühmlichen Kapiteln in Gelsenkirchen und Wolfsburg nicht den besten Ruf. Zudem hat Draxler selbst schon mehrfach anklingen lassen, dass ihn ein Wechsel ins Ausland reizt.

Dabei dürfte Turin derzeit nicht die erste Option sein. Bei den Italienern läuft es gerade rund und das nötige Geld hat die "Alte Dame" auch nicht wirklich über. In Paris sieht das anders aus. Finanzielle Probleme sind beim Scheich-Klub grundsätzlich unbekannt und Handlungsbedarf im sportlichen Bereich durchaus gegeben. Nach den Bemühungen im Sommer hält sich PSG bisher allerdings mit Aussagen zu Julian Draxler zurück.

Die besten Chancen auf eine Verpflichtung Draxlers hat der FC Arsenal. Arsène Wenger hätte den Offensiv-Allrounder schon letztes Jahr gerne gehabt. Mit seinen starken Tempo-Dribblings und seinem Zug zum Tor passt Draxler perfekt in das Offensivsystem der Gunners. Noch wahrscheinlicher würde ein Transfer auf die Insel im Falle eines Abgangs von Alexis Sanchez. Dann hätte Arsenal sowohl die Ablöse für Draxler, als auch das Geld für eine Verlängerung mit dessen Kumpel Mesut Özil, auf einen Schlag locker. So bekäme Wenger doch noch seinen Wunschspieler und Draxler den großen europäischen Klub, zu dem er schon im Sommer wollte.

Lennart Wegner