11.12.2016 08:30 Uhr

Marco Reus: Der Retter der Entnervten

Marco Reus rettete Borussia Dortmund in Köln - mal wieder
Marco Reus rettete Borussia Dortmund in Köln - mal wieder

Marco Reus ist der Mann für gewisse Minuten. Beim 1. FC Köln rettete er den BVB schon wieder in letzter Minute - wie drei Tage zuvor bei Real Madrid.

"Mister Last Minute" hatte es plötzlich ziemlich eilig. Nach dem Abpfiff warf Marco Reus den Fans von Borussia Dortmund noch eben ein Kusshändchen zu, dann verschwand er wortlos in der Kabine und verließ das Stadion durch den Hinterausgang.

Reus, der Unersetzliche, Retter des BVB bereits beim 2:2 bei Real Madrid drei Tage zuvor in der 88. Minute, hat es wieder getan - und diesmal noch später. Sein 1:1 (0:1) beim 1. FC Köln in der 90. Minute bewahrte den deutschen Vize-Meister vor einer harten Landung nach dem Höhenflug in der Champions League.

Thomas Tuchel kann sich jedenfalls mehr als glücklich schätzen, den so lange verletzten Nationalspieler in Topform bei sich zu wissen. "Marco war uns völlig weggebrochen seit dem Pokalfinale. Ich habe mir ernsthaft Sorgen gemacht, wann und wie er zurückkommt", sagte der Trainer nachdenklich. "Er ist mit seiner Torgefahr und Persönlichkeit nicht zu ersetzen, das wird jetzt noch offensichtlicher."

BVB in Köln schlaff und ideenlos

Am Samstag war Reus jedoch nicht der Mann, der eine starke Leistung krönte - er war der Retter der Entnervten. Erstaunlich schlaff und ideenlos waren die Dortmunder dem Tor von Artjoms Rudņevs (28.) hinterhergehechelt, bis Adrian Ramos im Strafraum perfekt für Reus auflegte. Der schob den Ball zu seinem 50. Bundesliga-Tor in die kurze Ecke. Es war seine zehnte Torbeteiligung im fünften Spiel - vier Tore und sechs Vorlagen verteilen sich auf schmale 319 Minuten Einsatzzeit. Vielleicht ist Marco Reus auf dem Weg, so gut zu werden wie noch nie.

"Er ist der wichtigste Spieler unserer Offensive, ganz außergewöhnlich", sagte Marcel Schmelzer. Der Kapitän sprach auch aus, was bei Spielen mit Reus immer im Hinterkopf rumschwirrt: "Hoffentlich bleibt er uns lange erhalten."

Das wird auch Tuchel so sehen, der die Schwankungen seiner Mannschaft bemüht beherrscht analysierte. "Eine Entwicklung ist erkennbar. Aber sie hat Dellen", sagte er und schob nervös sein Mikrofon auf dem Tisch herum: "Ich muss aufpassen, dass es nicht zu kritisch und plakativ wird."

"Kompliment viel größer als der erhobene Zeigefinger"

Zumindest plakativ wurde es dann doch. Seine Mannschaft ist jung, im Umbruch, erst jetzt sind die vielen, vielen Verletzten wieder da. Die jungen Spieler kennen die Belastung ständiger englischer Wochen nicht, es gibt kaum Zeit für Training. Da kann man das Unheil manchmal kommen sehen: "Wenn sie den Wetterbericht lesen und es soll regnen, dann nehmen sie einen Schirm mit. Und dann gibt es einen schönen Sturm dazu und sie stehen im Eisregen - dann fühlt es sich trotzdem scheiße an."

Eine Generalkritik wie nach dem 1:2 bei Eintracht Frankfurt sparte sich Tuchel. "Mit uns ist zu rechnen", sagte er. "Heute ist das Kompliment viel größer als der erhobene Zeigefinger."

Und wenn es nicht läuft beim Tabellensechsten, der acht Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze hat - dann gibt es ja Marco Reus. Den Mann für die gewissen Minuten. Den Unersetzlichen.