18.12.2016 14:38 Uhr

Derbi Barceloní: Stürzt Espanyol den Rivalen?

Zuletzt wurde es hitzig: RCD-Spieler attackieren Lionel Messi
Zuletzt wurde es hitzig: RCD-Spieler attackieren Lionel Messi

Das Derbi Barceloní hat in den vergangenen Jahren an Wert verloren. Zu einseitig waren die Spiele, wenn der große FC Barcelona den kleinen Stadtrivalen RCD Espanyol aus dem Camp Nou schoss. Doch am Sonntag könnte sich das Blatt wenden, denn die Gäste wollen die Heimschwäche der Blaugrana ausnutzen.

"Es ist ein Derby!", sagte Espanyols David López auf die Frage, ob das Stadtduell in der katalanischen Metropole überhaupt noch etwas wert sei: "Wer auch immer etwas anderes behauptet, hat noch nie ein Derby gespielt oder keine Ahnung, was es bedeutet." Kein Zweifel - die Spieler des Underdogs sind heiß.

Dabei ist die Frage durchaus berechtigt. Fühlt sich ein so einseitiges Duell zwischen dem Giganten FC Barcelona und den kleinen Periquitos wirklich wie ein richtiges Derby an? Unterscheiden sich die beiden Klubs überhaupt noch so stark, dass man den Nachbarn aus der eigenen Stadt so abgrundtief verabscheut wie früher?

Politische Rivalität

Um die gegenseitige Abneigung zu verstehen, ist die Geschichte beider Vereine von besonderer Bedeutung. Der FC Barcelona, gegründet im Jahr 1899, pochte schon immer auf eine internationale Orientierung und seine katalanischen Wurzeln. Espanyol, nur ein Jahr jünger als der FCB, wandte sich dagegen dem spanischen Nationalismus zu. Das zeigte sich spätestens 1912, als König Alfons XIII. von Spanien dem Klub aus Katalonien den Titel Real, also königlich, verlieh. Seitdem darf sich der Verein Real Club Deportivo Español nennen.

Diese Ehrung galt als Affront gegen Katalonien. Ein königstreuer Verein in der Hauptstadt dieser so stolzen Region? Das konnten viele Bürger nicht verstehen. Der Konflikt setzte sich während der Franco-Diktatur zunächst fort. Öffentlich unterstützte Espanyol das Regime und verteidigte dessen Gesetze.

Nach dem Ende der Schreckensherrschaft näherten sich die beiden Klubs allerdings an. Espanyol hat seinen Namen und seine Hymne im Laufe der Jahre auch in Català, die Sprache der Region, übersetzt. Die politische Rivalität ist im Vergleich zu den Anfangsjahren abgeschwächt - zumindest war sie das, bis Espanyol-Fans Barças brasilianischen Superdribbler Neymar im letzten Derby rassistisch beleidigten.

Sportliche Rivalität

Auch die sportliche Rivalität, wenn sie denn jemals groß war, hat abgenommen. Denn das Derbi Barceloní ist zwar das am häufigsten ausgetragene Derby der Primera División, aber auch eines der unausgeglichensten ganz Europas. Satte 105 von 177 Stadtduellen gewann die Blaugrana, nur 34-mal gingen die Espanyolistas als Sieger vom Feld.

In der gesamten Geschichte der spanischen Liga lag RCD in der Abschlusstabelle nur mickrige dreimal vor Barça. Die Statistiken sind erdrückend, nichts scheint am Sonntag für die Blanquiazules zu sprechen. Dennoch sind die Fans des Underdogs heiß auf das Derby, das vielen FCB-Fans längst egal ist. Schließlich gewinnt der amtierende Meister doch sowieso - oder etwa nicht?

Gerade in dieser Saison wittern die Gäste ihre Chance im Camp Nou, nachdem der Underdog dort in den vergangenen drei Spielen 14 Gegentore kassiert hat. "Der FC Barcelona hat ein paar Punkte verloren in diesem Jahr. Wir haben einen guten Lauf, wir haben seit neun Spielen nicht verloren, haben gut gespielt und Spiele gewonnen", erklärte Espanyols Victor Sánchez seinen Optimismus. Dann folgte sogar die große Kampfansage an den Rivalen: "Diese Saison haben sie mehr Punkte zuhause verloren und hoffentlich ist jetzt die Zeit, um dort zu gewinnen."

Wo liegt Espanyols Chance?

In der Tat ist die Heimbilanz der Mannschaft um Lionel Messi erstaunlich schwach: Platz elf in der Heimtabelle, drei Siege, drei Unentschieden und eine Niederlage sprechen eine deutliche Sprache. In der Auswärtstabelle sind die königlichen Gäste dagegen auf Rang vier. Heimschwäche gegen Auswärtsstärke. Dort liegt die Chance von Espanyol. Doch es wird schwer genug, sie zu nutzen. Deswegen forderte Victor Sánchez, dass seine Mannschaft "stark, intensiv und aggressiv innerhalb der Regeln" spielen müsse. Eben wie in einem richtigen Derby.

 

Florian Pütz