07.02.2017 17:08 Uhr

Sandhausen hofft auf die Sensation

SVS-Coach Kenan Kocak muss im Pokal mit dem Underdog gegen Schalke bestehen
SVS-Coach Kenan Kocak muss im Pokal mit dem Underdog gegen Schalke bestehen

Kenan Kocak sagt von sich, dass ihm Dankbarkeit und Bescheidenheit extrem wichtig seien. Das nimmt man dem Trainer von Zweitligist SV Sandhausen ab, der nach zwei Kreuzbandrissen als Profi schon mit 28 Jahren zum Sportinvaliden wurde.

Es klingt deshalb durchaus selbstbewusst, aber keinesfalls überheblich, wenn Kocak vor dem Achtelfinale im DFB-Pokal gegen Schalke 04 berichtet, dass er mit seiner Mannschaft nicht extra Elfmeterschießen geübt habe. "Wir wollen versuchen, dass Spiel in 90 Minuten für uns zu entscheiden", meinte der 36-Jährige und fügte an: "Wir werden keinen Zentimeter von unserer Spielweise abweichen und frech und mutig unseren Weg gehen."

Kocak hat vor dem Duell mit dem Bundesligisten am Mittwoch (18:30 Uhr) auch allen Grund, Optimismus zu versprühen. Der Tabellensechste aus Nordbaden ist seit fünf Spielen unbesiegt und seit 368 Minuten ohne Gegentor. Nie zuvor in ihrer Zweitliga-Historie hatten die derzeit formstarken Sandhausener, die aus der Winterpause mit zwei Siegen in Düsseldorf (3:0) und gegen Aue (2:0) starteten, nach 19 Spieltagen schon 30 Punkte auf dem Konto.

Der im türkischen Kayseri geborene Kocak, Baumeister des neuen Selbstvertrauens rund um das Hardtwaldstadion, hat trotz seiner forschen Worte großen Respekt vor Schalke. "Wir brauchen nicht auf ihre Stärken einzugehen. Da muss man eigentlich sogar auf den Busfahrer aufpassen", flachste Kocak, der im Juli 2016 den damals zum 1. FC Nürnberg abgewanderten Alois Schwartz als SVS-Coach abgelöst hatte.

Knaller: Gewinnen nur eine von zehn Partien

Zuversicht gibt den Profis auch der Zweitrundensieg im Pokal beim Bundesligisten SC Freiburg (7:6 n.E.). "Wir sind klarer Außenseiter und verlieren gegen Schalke neun von zehn Partien. In einem Spiel aber ist alles möglich", sagte der österreichische Keeper Marco Knaller, der mit 368 Minuten ohne Gegentreffer bereits für einen Zweitliga-Vereinsrekord sorgte.

Auch der für das Tor des Monats nominierte Thomas Pledl glaubt an die Überraschung seines Provinz-Klubs gegen zuletzt wenig überzeugende Schalker. "Wenn bei uns alles zusammenpasst, dann ist im Pokal nichts unmöglich", meinte der Mittelfeldspieler.

Das Hardtwaldstadion in Sandhausen, der 15.000-Einwohner-Gemeinde im nordwestlichen Baden-Württemberg, ist mit 14.500 Zuschauern ausverkauft. Coach Kocak hat die Königsblauen vor zweieinhalb Wochen beim Heimspielsieg gegen den FC Ingolstadt (1:0) live beobachtet. Schwer wiegt allerdings der Ausfall von Daniel Gordon. Der Abwehrchef ist noch für zwei Pokalspiele gesperrt. Für Gordon wird wohl Tim Kister neben Tim Knipping in die Innenverteidigung rücken.

Aufstieg: "So weit dürfen wir noch nicht denken"

Stürmer Andrew Wooten, der aktuell mit neun Saisontreffern Vierter in der Zweitliga-Torjägerliste ist, hat neben einer weiteren Pokal-Überraschung auch noch ein anderes Ziel ins Visier genommen. "Wenn wir aufsteigen, wäre das weltklasse", äußerte der ehemalige US-Nationalspieler und musste sich selbst ein bisschen bremsen: "Nein, so weit dürfen wir noch nicht denken."

Doch auch dank Kocak scheint vor den Toren von Heidelberg fast alles möglich. Er selbst hat vorgelebt, wie so ein "Aufstieg" funktionieren kann - mit viel Leidenschaft und dem Glaube an die Sache. Als Trainer begann der Ex-Profi - acht Zweitliga-Einsätze für Waldhof Mannheim und acht Erstliga-Einsätze für Austria Salzburg - in der Kreisliga bei Türkspor Mannheim.

Kocak bastelte eine neue Mannschaft: "Wir haben Jungs von Bolzplätzen und sogar von Freibadwiesen geholt. Das werde ich nie vergessen", berichtete der Vater zweier Söhne dem "kicker". Damals war Kocak Ende 20. Acht Jahre später hat er in Sandhausen für eine Aufbruchstimmung gesorgt.