08.03.2017 15:00 Uhr

Verratti: Taktgeber! Sprachrohr! Iniesta-Erbe?

Marco Verratti ist Denker und Lenker im PSG-Spiel
Marco Verratti ist Denker und Lenker im PSG-Spiel

Es war nicht nur eine Machtdemonstration, es schien, als hätten sich die Kräfteverhältnisse im europäischen Fußball verschoben. Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League hatte der sonst so unantastbare FC Barcelona nicht den Hauch einer Chance gegen den Gastgeber aus Paris und wurde mit 0:4 regelrecht vom Feld geprügelt.

Was die Ball-Magier der Blaugrana auch versuchten, nichts wollte gelingen: Die üblichen Zauberpässchen von Kapitän Andrés Iniesta landeten im Niemandsland, Abwehr-Boss Piqué sah gegen Draxler und Co. teilweise wie ein Schuljunge aus und der grandiose MSN-Sturm entpuppte sich höchstens als laues Lüftchen. Man durfte sich anschließend also zurecht die Frage stellen, ob die Barcelona-Ära, die der zurückliegende europäischen Fußball-Dekade ihr Gesicht verlieh, ein Ende gefunden hat.

Naja, Barcelona aufgrund einer Pleite gleich zu Grabe zu tragen, wäre sicherlich zu hoch gegriffen. Laut der spanischen Sportzeitschrift "Marca" dauerte es jedoch nicht einmal bis zum Abpfiff, bevor am Stuhl von Taktgeber Iniesta gesägt wurde. "Wird er dein Nachfolger?", soll PSG-Kicker Blaise Matuidi Barças großen Zampano demnach schon während des Spiels zugeraunt haben. Die kolportierte Antwort des 32-Jährigen: "Ja, das glaube ich." Auserkoren als designierter Nachfolger: Marco Verratti, Dreh- und Angelpunkt des furiosen Pariser Teams an diesem Abend.

Verratti gibt den Ton an

Der Stern des 24-Jährigen ging aber nicht erst an diesem Abend auf, sondern leuchtet bereits seit einigen Jahren. Sein Spiel ähnelt tatsächlich dem der spanischen Fußball-Ikone. Verratti ist so etwas wie das Gehirn auf dem Platz und der verlängerte Arm des Trainers. Trotz seines noch jungen Alters ist er die Leitfigur der Pariser, alles hört auf sein Kommando.

Der 1,68 m große Mittelfeldspieler weiß genau, wann er das Tempo aus dem Spiel nehmen und wann es schnell gehen muss. Er kann nicht nur Spieler wie Fahnenstangen umkurven, sondern verpasst dem Gegner mit seinen tödlichen Pässen ständig Nadelstiche. Cavani, Draxler und Di María werden für ihre Tore von den Fans geliebt, doch Verratti ist es, der seine Vorderleute glänzen lässt. 

Die Parallelen zu Iniesta sind also gegeben. Um dessen riesige Fußstapfen ausfüllen zu können, fehlen dem Italiener jedoch noch die ganz großen Titel. Den nächsten Schritt auf dem Weg zur ersten richtig großen Trophäe kann der wendige Azzurri allerdings bereits am Mittwoch machen.

Paris darf nicht mehr scheitern

Das komfortable Polster aus dem Hinspiel im Rücken, dürfen die Mannen aus der Stadt der Liebe eigentlich kaum noch am FC Barcelona scheitern, einer der größten Konkurrenten auf dem Weg zum ersehnten Champions-League-Titel wäre damit aus dem Weg geräumt. Gerade Verratti warnte im Vorfeld jedoch eindringlich vor Überheblichkeit: "Wir denken jetzt nicht, dass wie besser sind als Barça. Das wäre das schlechteste, was wir machen könnten", zitiert "goal.com" den Mittelfeldspieler.

Ob Verratti sich am Ende der Saison mit dem Henkelpott ablichten lassen darf, ist natürlich dennoch ebenso offen, wie die Zukunft des Akteurs aus Pescara. Trotz des Schildes "unverkäuflich", das ihm der Klub umgehängt hat, buhlen vor allem der FC Bayern München und eben der FC Barcelona um die Gunst des Mittelfeldregisseurs. 

Verratti selbst erklärte unlängst, dass er nicht davon träume, für Barcelona zu spielen, dass das Interesse solch großer Klubs jedoch eine "Ehre" sei. Er fühle sich allerdings "sehr wohl" in Paris und sei geehrt, "Teil des Projekts" zu sein. "Hierher zu kommen war eine sehr gute Entscheidung. Ich habe bisher noch nichts Außergewöhnliches getan, aber ich spüre, dass ich auf dem richtigen Weg bin", so Verratti.