12.03.2017 13:24 Uhr

Paderborn vor dem Sturz ins Bodenlose

Der SC Paderborn steckt mitten im Abstiegskampf der 3. Liga
Der SC Paderborn steckt mitten im Abstiegskampf der 3. Liga

Finanziell vor dem Kollaps, sportlich droht der historische dritte Abstieg in Folge: Der frühere Erstligist SC Paderborn steht vor dem Sturz ins Bodenlose.

Der wundersame Aufstieg des SC Paderborn bis an die Tabellenspitze der Bundesliga im September 2014 glich einem modernen Fußballmärchen. Seitdem bieten die Ostwestfalen nur noch Stoff für einen Horrorschocker: Zwei Abstiege in Folge, das skandalumtoste Trainer-Missverständnis Stefan Effenberg - und es könnte noch gruseliger werden.

Dem SCP droht der ungebremste Fall aus der Bundesliga in die Viertklassigkeit. Das hat es noch nie gegeben. Dabei ist die sportliche Misere, die sich durch das 0:1 (0:0) am 26. Spieltag der 3. Liga gegen Rot-Weiß Erfurt weiter zugespitzt hat, nicht einmal das größte Problem des Tabellenvorletzten: Dem vor zwei Jahren noch schuldenfreien Klub werden am Saisonende nach eigener Kalkulation 2,51 Millionen Euro fehlen. Die Lizenz ist in höchster Gefahr.

"Aktuell nicht überlebensfähig"

"Wir haben mit den gezeigten Leistungen dazu beigetragen, dass die Situation so ist. Deshalb dürfen wir diese Zahlen jetzt nicht als Alibi nutzen", sagte Trainer Stefan Emmerling. Nach der vierten Niederlage in Folge beschwor der Fußballlehrer seine Spieler und das Umfeld, "die Köpfe oben zu behalten." Immerhin: Das rettende Ufer ist weiter in Sichtweite, der FSV Frankfurt auf Tabellenplatz 17 ist punktgleich. Am Mittwoch bietet sich beim Chemnitzer FC die Chance zur Trendwende.

Auf wirtschaftlicher Ebene scheint die Aufgabe kniffliger zu sein. "Die aktuellen Lasten führen dazu, dass wir in der 3. Liga nicht überlebensfähig sind. Entweder verändern wir die, oder wir gehen pleite", sagte Vereinspräsident Wilfried Finke am vergangenen Montag auf der Mitgliederversammlung.

Wenig Zuspruch für öffentliche Unterstützung

In die eigene Tasche greifen möchte der ebenso umtriebige wie umstrittene Möbelunternehmer nicht mehr. Bei der Stadt Paderborn beißt der langjährige Mäzen allerdings bislang auf Granit. "Die Stadt hat in der Vergangenheit Millionenbeträge für den Verein aufgebracht, sieht jetzt aber die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht", erklärte Bürgermeister Michael Dreier. Der Politiker verwies auf städtische Zuschüsse und Darlehen, die unter anderem für den Bau der Benteler-Arena und des erstligatauglichen Trainingszentrums verwendet wurden.

Finke, der über die städtische Geldspritze von 1,8 Millionen Euro für das Theater spöttelte ("Die können schauspielern wie sie wollen, absteigen können sie nicht"), hofft nun auf das Zustandekommen eines Bürgerentscheids. Dass der "kleine Mann" die Zeche für den Klub bereitwillig zahlen würde, darf allerdings bezweifelt werden. Laut einer Umfrage der "Neuen Westfälischen" würde nur knapp die Hälfte der Bevölkerung die Rettung des Klubs mit öffentlichen Geldern unterstützen.

Sechs Trainer in weniger als zwei Jahren

Zu dieser verhaltenen Resonanz hat der SCP selbst beigetragen. So erklärte Effenberg im November 2015 großspurig, er werde mit dem Klub "zeitnah in die Bundesliga aufsteigen" - Paderborn war zu diesem Zeitpunkt Tabellen-16. der 2. Liga und stieg am Saisonende sang- und klanglos ab.

Weiter belegen sechs Trainerwechsel seit Juli 2015 den Zickzackurs in der Führungsetage, die selbst keinerlei Konstanz vorlebte: Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga trat der streitbare Finke Präsident zurück, um ein halbes Jahr später auf seinen alten Posten zurückzukehren.