22.03.2017 11:05 Uhr

Scharner feuert Breitseiten auf Koller ab

Eine seltene Herzlichkeit zwischen Marcel Koller und Paul Scharner
Eine seltene Herzlichkeit zwischen Marcel Koller und Paul Scharner

Paul Scharner und Marcel Koller, diese Beziehung war auch schon in der Vergangenheit keine harmonische. Jetzt, fünf Jahre nach seinem ÖFB-Abschied, kritisierte der 40-fache Teamspieler abermals den Schweizer: "Er hat einen Führungsstil, der auf lange Sicht nicht funktioniert."

"Ich sehe das Problem unter anderem darin, dass sich die Spieler nicht individuell entwickeln und ins Team einbringen können. Ich habe das selbst miterlebt, dass die Spieler mehr oder weniger gar nicht einbezogen werden", meinte der "Gepard" in einem Interview mit "bwin". "Da bekommen die Spieler irgendwann das Gefühl, dass nichts weiter geht und sie sich nicht entfalten können und der Trainer der oder das Wichtigste ist."

Neben dem Führungsstil kritisierte Scharner, der 2012 nach einem Streit mit Koller seine Nationalteam-Karriere beendete, auch die unflexible Kaderpolitik: "Er verfolgt diesen Plan, um Abhängigkeiten aufzubauen. Zu Beginn seiner Zeit waren die Hälfte der Spieler bei ihren Vereinen keine Stammspieler und da hat er ihnen versprochen, dass er zu ihnen steht, auch wenn es mal nicht so läuft, dafür machst du das, was ich will und stehst auch zu mir. Wenn es dann aber zu einer EM-Endrunde geht und es spielen nicht die fitten und formstarken Spieler, weil er sich diese gegenseitigen Abhängigkeiten aufgebaut hat, wird das zu einem Problem."

Scharner ging sogar so weit, dass er Koller die nötige Kompetenz für ein Turnier absprach: "Ich bezweifle, dass er der richtige Mann für eine Endrunde ist. Wie ist denn die EM ausgegangen? Nicht besonders erfolgreich, wenn ich mich richtig erinnere. Scheinbar kann er mit der speziellen Situation einer Endrunde nicht wirklich umgehen."

Unantastbarer Alaba

Dass David Alaba eine Sonderstellung im Team hat, missfällt dem Ex-England-Legionär mit 221 Einsätzen in der Premier League ebenso: Der David hat ein besonderes Standing im Team. Als Champions League-Sieger und mehrfacher deutscher Meister hat er einfach eine gewisse Position, die es ihm erlaubt seinen Kopf durchzusetzen."

Um das Problem zu unterstreichen, führte Scharner ein explizites Beispiel an: "Beim Spiel gegen Irland war das interessant anzusehen. Stefan Ilsanker wird für Kevin Wimmer eingewechselt und versucht dem David klarzumachen, dass er hinten links spielen muss. Der David hat das einfach verweigert und ist im Mittelfeld geblieben, woraufhin der Ilsanker Linksverteidiger spielen musste. Das wurde von niemanden an die große Glocke gehängt und auch nicht von den Medien aufgegriffen."

Es sei aber bei weitem nicht alles schlecht unter Koller, das wollte Scharner auch unterstreichen: "Man muss fair sein und sagen, dass der Teamchef schon mit einem dezidierten Plan und einer Vorstellung, wie man spielen sollte, gekommen ist und dieses Konzept zu einem gewissen Teil auch sehr erfolgreich umgesetzt hat. Dass ein Trainer ein Konzept und einen Plan hat, hat es davor im Team überhaupt nicht gegeben."

Eine Chance auf das Ticket zur WM sieht Scharner nur, wenn alles nach Plan läuft: "Es hängt von den nächsten zwei Spielen ab. Wenn sich die ersten Vier weiterhin die Punkte wegnehmen und keiner davonzieht, wovon ich in der Gruppe nicht ausgehe, dann können wir es auf jeden Fall noch schaffen." Und dann kann sich zeigen, ob Koller das Zeug für eine Endrunde hat.

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red