20.04.2017 10:50 Uhr

Ex-Rapid-Meistermacher Dokupil im Interview

Ernst Dokupil hat am 24. April Geburtstag
Ernst Dokupil hat am 24. April Geburtstag

Der frühere Hütteldorfer Meistermacher Ernst Dokupil feiert am Montag seinen 70. Geburtstag. Der Jubilar führte den Rekordmeister 1996 zum Meistertitel und 1995 zum bisher letzten Cupsieg. Außerdem kam Rapid unter seiner Führung 1996 in die Champions League sowie ins Finale des Europacups der Cupsieger.

Das Endspiel endete am 8. Mai 1996 in Brüssel mit einer 0:1-Niederlage gegen Paris St. Germain, Dokupil denkt bis heute mit gemischten Gefühlen daran. "Davor hatten wir auch Glück, dass wir so weit gekommen sind, aber im Finale selbst hatten wir einfach Pech. Und wir haben nicht gezeigt, was wir drauf haben, es hat die Lockerheit gefehlt", erinnerte sich der Wiener. "Dieses Spiel war mein größter Erfolg, aber gleichzeitig auch meine größte Enttäuschung."

Schönste Zeit der Karriere trotz Spielerbesuch im Fanshop von Old Trafford

Nur wenige Monate nach diesem Tiefschlag gelang die erstmalige Qualifikation für die Champions League. In der Gruppenphase schauten gegen Manchester United, Juventus und Fenerbahçe allerdings nur zwei Punkte heraus. Alle Partien der "Königsklasse" waren für Dokupil Highlights, eine aber hatte einen bitteren Beigeschmack.

Vor der 0:2-Schlappe bei Manchester United deckten sich die Rapid-Profis im Fanshop mit Utensilien der "Red Devils" ein. "Das habe ich nicht verstanden. Wir waren genauso in der Champions League wie Manchester United, und von denen ist keiner in unseren Fanshop gegangen", sagte Dokupil.

Trotz dieser unerfreulichen Episode überwiegen bei Dokupil im Rückblick auf sein Engagement bei Rapid ganz klar die positiven Aspekte. Die Hochphase bei den Grün-Weißen Mitte der 90er Jahre bezeichnete der Ex-Coach als "meine schönste Zeit im Fußball. Es war ein Wahnsinn, was wir für ein Theater hatten - wir haben die Erfolge lachend gefeiert."

"Ich hatte Freude mit problematischen Spielern"

Stimmungsmacher waren damals die als "Daltons" bezeichneten Dietmar Kühbauer, Zoran Barisic, Stephan Marasek und der mittlerweile an ALS erkrankte Sergey Mandreko. Dazu kamen weitere Klassespieler wie Michael Konsel, der bereits verstorbene Trifon Ivanov, Peter Stöger, Peter Schöttel oder Andreas Heraf. Christian Stumpf und Carsten Jancker bildeten in der Meistersaison ein legendäres Sturm-Duo.

Dokupil schaffte es damals, aus unterschiedlichsten Charakteren eine schlagkräftige Truppe zu formen. "Ich hatte Freude mit problematischen Spielern, weil sie sich auf dem Platz etwas getraut haben, da habe ich ihnen auch Freiheiten gelassen." Dies galt auch Jahre später für Dejan Savićević. "Er war der mit Abstand beste Fußballer, den ich jemals trainiert habe, und ich habe auch Mario Kempes trainiert." Den argentinischen Ex-Weltmeister betreute der bald 70-jährige Wiener bei der Vienna, weitere Trainer-Stationen waren Simmering, Admira/Wacker und VSE St. Pölten.

Von den Niederösterreichern kam Dokupil 1994 zu Rapid, wo er 1998 auf den Posten des Sportdirektors wechselte. 2000 wurde er neuerlich Cheftrainer, ehe im August des darauffolgenden Jahres die Entlassung folgte. Kurz davor hatten hartgesottene Rapid-Anhänger bei einer 0:4-Heimniederlage gegen den GAK mit einem Sitzstreik für eine Spielunterbrechung gesorgt und sich trotz Diskussionen mit Dokupil nicht wirklich besänftigen lassen.

"Ultras" am Anliegen von Rapid nicht so interessiert wie am eigenen Fan-Leben

"Sie haben damals so stark gegen mich Stellung bezogen, dass mich der Verein entlassen musste", erklärte der Jubilar, der keine hohe Meinung von den Ultras hat. "Ich habe das Gefühl, sie sind an den Anliegen Rapids nicht so sehr interessiert wie an ihrem eigenen Fan-Leben."

Nach eigenen Angaben musste Dokupil in seiner Amtszeit sogar einmal Polizeischutz wegen Fan-Drohungen in Anspruch nehmen. Seither sei der Einfluss der "Ultras" noch gewachsen. "Derzeit schaut es so aus, als ob sie den Verein in Geiselhaft hätten", vermutet Dokupil und sieht in diesem Zusammenhang Versäumnisse der Rapid-Führung.

"Beinahe keinen Kontakt"

Das sei aber nicht der einzige Fehler der aktuellen Vereinsführung. "Rapid wird nicht daran vorbeikommen, ein Gremium zu schaffen, das für sportliche Bereiche zuständig ist. Mit einem kaufmännischen Präsidium allein kann man sportlich nicht reüssieren." Dem geforderten Gremium sollten Personen angehören, "die Rapid-Geruch verströmen. Ihre Vorgaben müssten vom Sport-Geschäftsführer ausgeführt werden."

Dadurch könnten Trainer-Fehlgriffe wie zuletzt Damir Canadi vermieden werden, so Dokupil. "Wenn jemand aus dem Sport kommt, fällt er nicht auf eine Powerpoint-Präsentation rein." Der sportliche Führungskreis sollte aus dem Rapid-Legendenkreis rekrutiert werden, dem auch der regelmäßige Stadion-Besucher Dokupil angehört. "Wenn der Verein schon immer mehr Ultras in gewisse Entscheidungen einbezieht, hätten die Legenden auch einen berechtigten Anspruch mitzureden." Derzeit gebe es aber "beinahe keinen Kontakt" zur Vereinsführung.

Nach Dokupil wurden nur noch Josef Hickersberger 2005 und Peter Pacult 2008 mit Rapid Meister. "Wir waren damals die Besten, aber Hickersberger und Pacult hatten nicht die besten Spieler der Liga. Die haben im Frühjahr einen Lauf bekommen." Deshalb sei es wichtig, künftig wieder die stärksten Kicker nach Wien-Hütteldorf zu lotsen.

Trotz der aktuellen Misere sei ein Meistertitel in absehbarer Zukunft nicht ausgeschlossen. "Mit drei, vier neuen Spielern, die einschlagen, kann es schnell wieder bergauf gehen. Die Liga ist vom Niveau her nicht so begnadet, dass Rapid nicht Meister werden kann", sagte Dokupil.

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apa/red