19.04.2017 08:29 Uhr

Rummenigge wütet: "Sind beschissen worden"

Karl-Heinz Rummenigge hadert offen mit der Schiedsrichterleistung
Karl-Heinz Rummenigge hadert offen mit der Schiedsrichterleistung

Karl-Heinz Rummenigge hat die Leistung von Schiedsrichter Viktor Kassai beim Viertelfinal-Aus des FC Bayern bei Real Madrid mit harten Worten kritisiert.

"Ich muss sagen, ich habe heute zum ersten Mal so etwas wie wahnsinnige Wut in mir, Wut, weil wir beschissen worden sind. Wir sind beschissen worden, im wahrsten Sinne des Wortes", erklärte der Vorstandsvorsitzende in der Nacht in seiner Bankettansprache.

"Ich glaube, heute waren alle Zeugen eines Spiels, das Geschichte geschrieben hat. Uli Hoeneß und ich, wir haben viele Schlachten geschlagen", sagte der Vorstandsvorsitzender Münchner und stellte fest: "Heute war auch so ein Spiel."

Robben und Hummels attackieren Kassai

Auch die Spieler der Münchner hatten den Schuldigen für die Niederlage schnell gefunden: "Wenn ein Spiel durch solche Fehlentscheidungen entschieden wird, ist das Wahnsinn. Das war ja nicht nur ein Fehler", schimpfte Superstar Arjen Robben über Schiedsrichter Viktor Kassai aus Ungarn. Dieser habe einen "eklatant schlechten Tag erwischt", monierte Mats Hummels.

Kassai hatte beim 2:2 (105.) und 3:2 (110.) durch Superstar Cristiano Ronaldo jeweils eine Abseitsposition übersehen. Zudem stellte er Arturo Vidal in der 84. Minute mit Gelb-Rot vom Platz. "Es war nicht mal Foul, geschweige denn eine Gelb-Rote-Karte, das war ein Killer", polterte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge über "die kuriose Fehlentscheidungen". Dass Kassai allerdings auch vor dem Eigentor durch Sergio Ramos zum 2:1 (78.) daneben gelegen hatte, als Müller zuvor im Abseits stand - und dass Vidal schon viel früher hätte Gelb-Rot sehen müssen, übersahen die Bayern geflissentlich.

Unter dem Strich blieb trotz eines großen Kampfes der Münchner, die schon das Hinspiel 1:2 verloren hatten, ein "verdientes Weiterkommen", wie Weltmeister Toni Kroos treffend feststellte. Fußball sei "Ergebnissport, deshalb können wir nicht zufrieden sein", konstatierte Hummels.

"Die Mannschaft liegt in Trümmern"

Die Stimmung bei den Münchnern war nach dem vierten Aus in Serie gegen ein spanisches Team am Nullpunkt. Schon direkt nach einem "extrem emotionalen Spektakel" hatte Rummenigge den Frust beim Rekordmeister in martialische Worte gefasst. "Die Mannschaft in der Kabine ist in Trümmern", sagte er bei "Sky", "wer ihr einen Vorwurf machen würde, ist im falschen Film. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Mannschaft." Auch wenn man "ein bisschen stolz" sein könne, ergänzte Hummels, "die Enttäuschung ist schon sehr, sehr groß".

Die Bayern waren durch einen von Robert Lewandowski verwandelten Foulelfmeter in Führung gegangen (53.). Ronaldo glich aus (76.). Das Eigentor von Ramos brachte schließlich die Verlängerung, in der die Bayern in Unterzahl neben den Toren von Ronaldo auch noch einen Gegentreffer durch Marco Asensio (112.) hatten hinnehmen müssen.

Rummenigge gab auch das Ausmaß der Schwere der Fußverletzung von Manuel Neuer bekannt. Der Torhüter hatte sich vor dem Treffer zum 2:3 eine Fraktur am linken Fuß zugezogen. "Manuel Neuer hat sich schwer verletzt, er wird acht Wochen ausfallen", sagte Rummenigge.


Die Rede von Bayern Münchens Vorstandsvorsitzendem Karl-Heinz Rummenigge auf dem Bankett nach der 2:4-Niederlage im Champions-League-Halbfinale bei Real Madrid im Wortlaut:

"Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Spieler, lieber Carlo, lieber Trainer-Staff. (...)

Wir waren heute alle Zeugen eines dramatischen, eines emotionalen und ich denke auch fantastischen und unglaublichen Fußballspiels. Nach 90 Minuten haben wir in Madrid 2:1 gewonnen. Wenn man das ganze Spiel Revue passieren lässt, das was in den 120 Minuten passiert ist, dann kann ich nur den Hut, den ich jetzt nicht aufhabe, vor dieser Mannschaft ziehen.

Wenn man sich das in den letzten zehn Tagen anschaut, dann war das Drehbuch natürlich nicht unbedingt zu unseren Gunsten. Das fing an mit der Verletzung von Robert (Lewandowski) im Spiel gegen Dortmund nach einem Foul vom Torwart; die Schulterverletzung, die ihn dazu zwang, dass er das Spiel in München nicht bestreiten konnte. Am nächsten Tag: Mats Hummels beim Training verletzt. Jérôme Boateng nach dem Spiel verletzt.

Ich muss eines sagen: Es gibt so Spiele, die schreiben Geschichte. Und ich glaube, heute waren alle Zeugen eines Spiels, das Geschichte geschrieben hat. Uli Hoeneß und ich, wir haben viele Schlachten erlebt, das kann ich Ihnen sagen. Die, die in Erinnerung geblieben sind, waren die Spiele 1999 in Barcelona, leider eine Niederlage, die uns auch sehr wehgetan hat. In weniger als 120 Sekunden haben wir den Champions-League-Sieg damals verpasst. 2012 nach Verlängerung und Elfmeterschießen gegen Chelsea. Und das heute Abend war auch so ein Spiel.

Wenn man das ganze Spiel sich heute anschaut, frage ich mich ein bisschen: Was machen eigentlich diese Verbände? Wir haben da sechs Schiedsrichter auf dem Platz, sechs Schiedsrichter! Wir haben eine Gelb-Rote Karte, die nicht mal ein Foul war. Wir haben zwei Tore zum 2:2 und 3:2, die Abseits waren, und zwar klares Abseits. Wir haben einen Abseitspfiff von Robert Lewandowski, der alleine aufs Tor zuläuft. Ich muss sagen, ich habe heute zum ersten Mal so etwas wie wahnsinnige Wut in mir, Wut, weil wir beschissen worden sind. Wir sind beschissen worden heute Abend, im wahrsten Sinne des Wortes!

Nichtsdestotrotz möchte ich der Mannschaft danken. Wenn ich mir überlege, welche Probleme wir vor dem Spiel hatten - mit Mats, mit Jérôme, mit Robert. Auch mit Manuel Neuer, der sich heute schwer verletzt hat und acht Wochen ausfallen wird. Er hat sich den Fuß gebrochen beim 3:2, das eigentlich Abseits war. (...) Dann kann ich nur eins sagen: Wir haben eine tolle Mannschaft. Wir haben eine tolle Mannschaft mit einem tollen Charakter.

Die Niederlage war bitter. Aber ich glaube, aus Niederlagen – dafür ist der FC Bayern auch bekannt – haben wir oft Kraft gezogen. Es ist wieder der Moment, wo wir aus dieser Niederlage Kraft ziehen müssen. Kraft ziehen für den Rest der Saison. (...) Wir müssen die Meisterschaft noch klar machen. Wir haben einen guten Vorsprung, aber versuchen, es so schnell wie möglich (perfekt) zu machen. Und wir haben am nächsten Mittwoch wieder ein wichtiges Spiel gegen Borussia Dortmund, Halbfinale DFB-Pokal. (...)

Ein guter Freund von mir hatte einen Spruch, ich glaube von Hugo von Hofmannsthal, der gesagt hat: Heldentum sieht man nicht im Sieg von großen Schlachten, sondern im Ertragen von unglücklichen Niederlagen. Mehr braucht man heute nicht sagen. (...)"