25.05.2017 10:51 Uhr

Russ-Rückkehr: Emotionen ja, Todesangst nein

Marco Russ hofft auf den Titelgewinn in Berlin
Marco Russ hofft auf den Titelgewinn in Berlin

Marco Russ hat sich zurückgekämpft. Nach überstandener Krebserkrankung kann sich der Defensiv-Spezialist von Eintracht Frankfurt am Samstag einen seit elf Jahren gehegten Traum erfüllen.

Die Geschichte von Marco Russ, sie hat längst ihren Weg über die Grenzen gefunden. Im vergangenen April schrieb die britische Tageszeitung Guardian über "ein Jahr im Leben von Marco Russ". Sie erzählte von dem Doping-Test, der schockierenden Diagnose, dem Kampf gegen den Krebs - und von "der Rückkehr eines Helden", der sich im DFB-Pokal-Finale am Samstag (20:00 im weltfussball-Liveticker) mit Eintracht Frankfurt gegen Borussia Dortmund einen lang gehegten Traum erfüllen kann.

Vor elf Jahren, Russ war gerade einmal 20 Jahre alt, gehörte der Defensiv-Spezialist zu jener Eintracht-Elf, die im Endspiel im Berliner Olympiastadion knapp eine Stunde vom Pokalsieg träumen durfte. Dann traf Claudio Pizarro für den übermächtigen FC Bayern, die Zeit des Wartens auf die nächste große Chance begann. Für Russ fast mit einem ganz bitteren Ende.

Nie an den Tod gedacht

Über den Umweg einer normalen Dopingprobe, bei der zu hohe Hormon-Werte festgestellt wurden, diagnostizierten die Ärzte eine Tumorerkrankung - und das unmittelbar vor den Relegationsspielen gegen den 1. FC Nürnberg. Dennoch spielte Russ als Eintracht-Kapitän beim 1:1 im Hinspiel mit, er erzielte die Nürnberger Führung per Eigentor. Es wirkte wie ein Hollywood-Drama.

Das Happy-End aber verlor Russ nie aus den Augen. Nach der erfolgreichen Operation am 23. Mai musste sich der Familienvater zweimal einer Chemotherapie unterziehen. "Ich habe während der ersten wegen der Infusionen 13 Kilogramm zugenommen, wog 103 Kilogramm", erzählte er später: "In der zweiten waren es nur noch 85 kg, weil ich gar nichts mehr runterbekommen habe." An den Tod hab er nie gedacht, "keine Sekunde", weil die Ärzte "alle negativen Gedanken" sofort vertrieben.

Es war ein beschwerlicher Weg zurück. Aber im Laufe der Hinrunde wuchs in Russ langsam die Hoffnung, bald wieder Fußball spielen zu können. "Meine Geschichte zeigt, dass man solche Krankheiten überstehen kann", sagte Russ nach seinem Startelf-Comeback Mitte März 2017. Der Verein unterstützte den Publikumsliebling, der den Hessen nur kurz, von 2011 bis 2013 beim VfL Wolfsburg, den Rücken gekehrt hatte.

Vorfreude auf das "Highlight" in Berlin

"Unser ehemaliger Vorstandschef Heribert Bruchhagen, Sportdirektor Bruno Hübner, Trainer Niko Kovač und Fredi Bobic haben mir immer ein gutes Gefühl gegeben", sagte Russ, als sein Vertrag noch während der Chemotherapie bis 2019 verlängert wurde: "Ich bin wirklich sehr glücklich, die Eintracht hinter mir zu wissen." Er zahlte das Vertrauen zurück.

Im Pokal-Halbfinale bei Borussia Mönchengladbach gehörte Russ zu jenen Eintracht-Helden, die beim denkwürdigen 7:6 im Elfmeterschießen die Nerven behielten. "Es ist noch kein Jahr her, da habe ich von meiner Krankheit erfahren. Deshalb bin ich megaglücklich, dass wir das Finale erreicht haben und ich sogar ein Teil davon war", sagte der gebürtige Hanauer im Anschluss: Das Endspiel in Berlin, "das wird ein absolutes Highlight".

Für Russ ganz besonders.