31.05.2017 11:29 Uhr

Löwen erleiden episches Desaster

Die Löwen sind am Boden
Die Löwen sind am Boden

Nach einem Skandalspiel und dem Abstieg in die 3. Liga steht 1860 München ohne Führung, ohne Trainer und ohne Mannschaft da. Der Verein ist am Ende.

Ein Abstieg des TSV München von 1860, hatte der bisherige Geschäftsführer gewarnt, käme einem "Desaster epischen Ausmaßes" gleich. Nun ist es eingetreten. Nach einem Skandalspiel, das wegen der fortwährenden Randale sogenannter Anhänger der Löwen hätte abgebrochen werden müssen, ist der frühere deutsche Meister am Ende: Abstieg in die 3. Liga, keine Mannschaft, kein Trainer, keine Führung, kein Plan, keine Hoffnung.

Die Auflösungserscheinungen hatten bereits vor dem Rückspiel der Relegation, vor dem 0:2 gegen Jahn Regensburg begonnen. Geschäftsführer Ian Ayre, erst vor wenigen Wochen vom FC Liverpool gekommen, stellte schon am Dienstagvormittag seinen Posten zur Verfügung. Präsident Peter Cassalette, bisher mehr oder weniger eine Marionette von Investor Hasan Ismaik, kündigte nach dem Spiel seinen Rücktritt an.

Ismaik als Alleinunterhalter

Eben jener Ismaik hatte am Tag vor dem "Endspiel" in einer Art Brandbrief via Facebook verbal auf jeden eingedroschen, der in den vergangenen Wochen und Monaten am Absturz der einst so stolzen Löwen beteiligt war. "Ich werde 1860 nicht im Stich lassen", schrieb der Jordanier, betonte aber, er halte grundlegende Änderungen auf "allen Ebenen" für "notwendig und (die) einzige Möglichkeit", um einen Neuanfang zu schaffen - egal in welcher Liga.

Wie Ismaik diesen Neuanfang gestalten will, ist völlig unklar. Der Jordanier, der 2011 bei den Löwen eingestiegen war und für 60 Prozent der Aktien an der TSV 1860 München KGaA 18 Millionen Euro bezahlt hatte, ist Teil des Problems, sieht das aber nur bedingt ein. "Alles, was ich in den vergangenen Jahren unternommen habe, um den Verein voranzutreiben, ist auf allen Ebenen gescheitert", schrieb er, er habe "sogenannten Fachleuten", also den falschen Leuten vertraut.

Nur sechs Spieler mit Vertrag

Ayre, so ist zu hören, hatte genug vom erratischen Verhalten Ismaiks. Der steht nach dem ersten Abstieg der Löwen in die 3. Liga seit 1992 völlig alleine da. Nur sechs Spieler haben einen Vertrag, der Rest kann ablösefrei gehen - und wird das wohl auch. Statt sechs Millionen Euro TV-Geld erhalten die Löwen künftig nur noch eine Million, darüber hinaus entfällt die Garantiesumme vom Vermarkter Infront in Höhe von fünf Millionen Euro.

Am Tag nach dem Desaster erschien zunächst eine Art Hilferuf auf der Homepage der Löwen - Verfasser unklar. "Löwen, wir brauchen Euch!", steht da geschrieben, und weiter heißt es: "Mit dem Fall 3. Liga haben wir uns bereits befasst. Jetzt werden wir uns die notwendige Zeit nehmen, um diese Pläne in Ruhe durchzugehen und alle Optionen sorgfältig zu prüfen." Eine Beruhigungspille, eiligst verabreicht, aber vermutlich wirkungslos.

Aus Wut wird Entsetzen

Ein Appell an die Anhänger ist seit Dienstagabend ohnehin ein fragwürdiges Unterfangen. In der 81. Minute begann der Pöbel in der Nordkurve, Stangen, Sitzschalen und andere Gegenstände am heruntergerissenen Sicherheitsnetz vorbei in den Strafraum der Regensburger zu werfen. Schiedsrichter Daniel Siebert unterbrach das Spiel, doch nicht einmal der populäre Co-Trainer Daniel Bierofka konnte den aufgebrachten Mob beruhigen.

Nach dem schnellen Aufmarsch der Polizei ging es nach 14 Minuten weiter - eine weitere Eskalation sollte dadurch verhindert werden. So hatten es Polizei, Schiedsrichter und auch der unerschütterliche Regensburger Torhüter Philipp Pentke besprochen. Pentke flogen auch nach Wiederanpfiff Stangen, Sitze und anderes um die Ohren, kurz vor Schluss landete bei einem Eckball eine Stange in einer Spielertraube. Wie durch ein Wunder wurde kein Spieler verletzt.

Als der Schlusspfiff ertönte, wich die Wut auf den Tribünen schlagartig stillem Entsetzen. Nur in einer Ecke der Südkurve, wo sonst die Anhänger des FC Bayern beheimatet sind, wurde gefeiert. Jahn Regensburg ist nach dem Durchmarsch aus der Viertklassigkeit nach vier Jahren wieder Zweitligist. Völlig verdient.