14.06.2017 18:27 Uhr

Tolisso im Check: Was kann der Millionen-Mann?

Soll das Bayern-Mittelfeld beleben: Corentin Tolisso
Soll das Bayern-Mittelfeld beleben: Corentin Tolisso

Der FC Bayern München rüstet mächtig auf. Nach den Transfers von Niklas Süle, Sebastian Rudy und Serge Gnabry hat der deutsche Rekordmeister auch Corentin Tolisso unter Vertrag genommen. Stolze 41,5 Millionen Euro soll der junge Franzose kosten - mögliche Bonuszahlungen ausgenommen.

In Deutschland ist der 22-Jährige bislang den wenigsten Fans ein Begriff. Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen des Mittelfeld-Allrounders? Welche Position könnte er perspektivisch einnehmen? Und wer muss für Tolisso weichen?

1. Wer ist Corentin Tolisso?

Mehr Eigengewächs geht nicht: Tolisso stammt aus der Nachwuchsabteilung von Olympique Lyon und durchlief vor seinem Profidebüt sämtliche Juniorenteams des Traditionsklubs.

Der Rechtsfuß feierte am ersten Spieltag der Saison 2013/2014 seine Premiere in der ersten Mannschaft von "OL" - exakt eine Woche nach seinem 19. Geburtstag.

In den folgenden Jahren mauserte sich Tolisso, dessen Vater aus Togo stammt, sukzessive zur Stammkraft in Lyon. Mittlerweile hat der einmalige französische Nationalspieler 160 Pflichtspiele auf dem Buckel, zwölf davon in der Champions League.

2. Wo könnte Tolisso zum Einsatz kommen?

Im Laufe seiner Karriere hat Tolisso bereits Erfahrungen auf fünf unterschiedlichen Positionen gesammelt. Am wohlsten fühlt er sich jedoch im zentralen Mittelfeld. In der Lyoner Dreierreihe fungierte der 22-Jährige zumeist als dynamischer Achter, dessen Tätigkeitsbereich eher in der gegnerischen Spielhälfte liegt.

Taktische Experimente als hängende Spitze oder auf der defensiven Außenbahn wurden nach kurzer Zeit wieder beendet. Beim FC Bayern dürfte Tolissos Einsatzgebiet im und um den Mittelkreis liegen.

3. Wo liegen Tolissos Stärken?

14 Tore und sieben Assists in 47 Einsätzen geben Aufschluss über Tolissos Vorzüge. Der neue Bayern-Star liebt es, aus dem Zentrum heraus Dynamik ins Offensivspiel zu bringen: Zum einen durch präzise Spielverlagerungen auf die Flügel, die dank seiner feinen Ballbehandlung meist maßgenau beim Mitspieler landen, andererseits durch leidenschaftliche Vorstöße mit dem Ball am Fuß.

Tolisso wird von Experten für seine Handlungsschnelligkeit und seine Antizipation gelobt. Auch im Abschluss besitzt er bemerkenswerte Qualitäten, trifft immer wieder sehenswert aus der Distanz. Für die Bayern nicht ganz unwichtig, sollte sich ein Gegner mal wieder geschlossen im eigenen Sechzehner verschanzen.

4. Welche Schwächen zeigt Tolisso?

Bundesliga-Teams gehen im Vergleich zur Ligue-1-Konkurrenz schneller und druckvoller zu Werke. Und genau in diesen Bereichen hat Tolisso Luft nach oben. In der Rückwärtsbewegung wirkt der Youngster zuweilen sorglos. Eine Zweikampfquote von 47% lässt zu wünschen übrig.

Zudem wird der Jung-Nationalspieler seine dynamischen Alleingänge beim deutschen Rekordmeister dosieren müssen, um gegen konterstarke Gegner nicht ins offene Messer zu rennen.

5. Wer muss für Tolisso weichen?

Das Karriereende von Xabi Alonso hinterlässt eine klaffende Lücke in der Münchner Schaltzentrale. Die Position des spanischen Routiniers dürfte jedoch eher Neuzugang Sebastian Rudy ausfüllen, der deutlich defensiver denkt als Freigeist Tolisso.

Perspektivisch dürfte der 35-Millionen-Mann wohl den Platz von Renato Sanches einnehmen, der nach einem völlig verkorksten Debütjahr an der Säbener Straße schon wieder vor dem Abschied steht.

Ursprünglich sollte der Portugiese dieselben Elemente ins Bayern-Mittelfeld einbringen, die er der Seleção das Quinas auf dem Weg zum EM-Titel verliehen hatte: Dynamik, Technik und Spielwitz. Doch der Plan ging nicht auf.

Nun könnte Tolisso in diese Rolle schlüpfen, der trotz seines zarten Alters bedeutend reifer auftritt als Renato Sanches. In Lyon durfte er sogar einige Male die Kapitänsbinde überstreifen, als Mannschaftsführer Maxime Gonalons gesperrt ausfiel.

6. Wie denken Trainer und Mitspieler über Tolisso?

Geht es nach Bruno Génésio, Tolissos Coach und Ziehvater in Lyon, könnte der Allrounder bei jedem Top-Klub der Welt spielen. "Es ist ein Luxus, einen Spieler wie ihn zu haben, weil er seine Sache immer gut macht - egal wo er spielt. Er hat Qualitäten, die deutlich über dem Durchschnitt liegen", schwärmt der 50-Jährige von seinem Schützling.

Ähnlich begeistert äußert sich OL-Torjäger Alexandre Lacazette über seinem Teamkollegen: "Corentin kann das Spiel lesen wie kaum ein anderer. Es macht immer Spaß, gemeinsam mit ihm auf dem Platz zu stehen". Es bleibt abzuwarten, ob Lobeshymnen dieser Art bald auch aus München zu vernehmen sein werden.