26.06.2017 11:00 Uhr

Starke: "Hoeneß hatte sich in mir getäuscht"

Bleibt dem FC Bayern als Torwartkoordinator erhalten: Tom Starke
Bleibt dem FC Bayern als Torwartkoordinator erhalten: Tom Starke

Am 34. Spieltag der abgelaufenen Saison fand die bewegte Profi-Laufbahn von Tom Starke ein Ende. Nach 17 Jahren im Geschäft macht der Keeper Schluss - mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Im Interview mit dem "kicker" blickt der Routinier, der künftig als Torwartkoordinator im Juniorenbereich des FC Bayern arbeiten wird, auf die Hochs und Tiefs seiner Karriere zurück.

Unvergessen bleibt für Starke der Triple-Gewinn vor vier Jahren: "Es war meine erste Saison, es war eine geile Truppe mit einem tollen Trainer Heynckes, der mich auch fünf Spiele in der Saison machen ließ. Und dann gewinnen wir den Pott gegen Dortmund, holen eine Woche später das Triple. Das war einfach der Wahnsinn", schwelgt der 36-Jährige in Erinnerungen. Beim Champions-League-Finale in London saß die etatmäßige Nummer zwei zwar nur auf der Bank, feierte im Anschluss aber kräftig mit.

Mit seiner Rolle als Vertreter von Stammtorwart Manuel Neuer konnte Starke stets gut leben. Der 1,94-Meter-Riese lobt den designierten FCB-Kapitän in höchsten Tönen: "Wir haben bei Bayern den mit Abstand besten Torwart der Welt", so der Altmeister, der Neuers Stil bewundert: "Bei Bayern München braucht man einen Torwart wie Manuel Neuer, vom Torwartspiel, von der Persönlichkeit und von den Reaktionen her. Der Spielaufbau ist bei Bayern noch wichtiger als woanders. Da braucht es Beidfüßigkeit, Spielverständnis, Antizipationsvermögen und Mut".

"Für Pep war jeder lange Ball ein verlorener Ball"

Von seinem fünf Jahre jüngeren Ex-Kollegen hat Starke viel gelernt: "Ich konnte mir viel von Manuel abschauen. Das hing auch mit den Trainern bei Bayern zusammen. Bei dem Ballbesitzfußball von Guardiola war man ja automatisch der elfte Feldspieler, auf Augenhöhe mit den anderen zehn".

An den spanischen Starcoach hat der Schlussmann gute Erinnerungen: "Früher hat man immer gesagt, dass nach dem zweiten Rückpass der Ball rausgehauen werden muss. Da sagte Pep: 'Nein, wir wollen den dritten und vierten Rückpass, um den Gegner herauszulocken'. Das wurde bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Für ihn war jeder lange Ball ein verlorener Ball", so Starke.

Eine Maßnahme Guardiolas hat den in Dresden ausgebildeten Keeper allerdings enttäuscht: "Als der Verein Pepe Reina holte und ich Nummer 3 wurde, da habe ich schon geschluckt", blickt Starke zurück: "Aber Pep Guardiola ging damals mit mir sehr offen um, sodass ich am Ende damit klarkam".

Hoeneß gesteht Fehleinschätzung ein

Schmerzhafter waren für den 36-Jährigen zwei andere Erfahrungen: Die 0:6-Klatsche im HSV-Trikot gegen Werder Bremen 2004 und seine Degradierung in Hoffenheim 2012.

Auf das Debakel im Nordderby angesprochen, gesteht Starke ein: "Das war eine ganz schwere Situation. Ich verlor meinen Platz im U-21-Kader, Uli Hoeneß meinte, der "Fliegenfänger" macht kein Bundesligaspiel mehr. Und der HSV ließ mich voll im Stich. Das Spiel schadete mir", so die ehrlichen Worte des Ex-Profis, der mit Hoeneß allerdings längst Frieden geschlossen hat: "Er hat mir eine sehr große Wertschätzung entgegengebracht, betont, dass er sich in mir getäuscht habe. Das war dann viel schöner als eine einfache Entschuldigung".

Auch zu seiner Zeit im Kraichgau äußert sich der Torwart: "Das war fußballerisch sicher meine beste Zeit, weil ich Stammspieler in der Bundesliga war, die Mannschaft mit anführte, ein tolles Standing im Verein und bei den Fans hatte. Dass Markus Babbel später auf Tim Wiese setzte, war hart". Aus heutiger Sicht hatte die Entmachtung allerdings ihr Gutes: Starke wechselte von der TSG nach München und gewann beim Rekordmeister Titel am laufenden Band - als Nummer zwei.

Mini-Comeback in der Vorbereitung

Den Platz als Stellvertreter soll in der kommenden Saison wieder Sven Ulreich einnehmen, doch der Ex-Stuttgarter ist aktuell ebenso wenig fit wie Stammkeeper Neuer und Youngster Christian Früchtl. Zeit für ein Starke-Comeback?

"Unsere drei Torhüter der Profis sind ja alle angeschlagen. Der Verein hat darum gefragt, ob ich noch mal zur Verfügung stehen würde. Das war für mich selbstverständlich. Der Klub hat mir so viel gegeben, da gebe ich gerne wieder was zurück. Viele werden sich wahrscheinlich wundern, dass ich am 1. Juli wieder auf dem Platz stehe", erklärt der erfahrene Goalie, der vielleicht sogar die Asien-Reise im Juli mitmacht: "Es hängt davon ab, welche Fortschritte die drei anderen machen".

Auf die Bundesliga-Bühne wird er jedoch höchstwahrscheinlich nicht zurückkehren: "Ich denke, bis zum ersten Bundesligaspieltag ist das Thema durch".