18.07.2017 12:19 Uhr

Baustellen: Juves Spiel mit dem Feuer

Juventus Turin muss nach prominenten Abgängen vor allem in der Defensive nachlegen
Juventus Turin muss nach prominenten Abgängen vor allem in der Defensive nachlegen

Sechs Jahre in Folge setzte sich Juventus in der italienischen Serie A die Krone auf. Auch in der kommenden Saison wird dem Champions-League-Finalisten kaum jemand das Wasser reichen können.

Doch hinter den Kulissen brodelt es bei der Vecchia Signora. Schließlich verlässt die halbe Hintermannschaft den Rekordmeister. weltfussball analysiert die Kader-Baustellen der Turiner.

Tor: 

Kein Superlativ scheint ausreichend zu sein, um Gianluigi Buffon zu beschreiben. Seit 2001 schnürt der mittlerweile 39-Jährige die Schuhe für Juventus. 620 Spiele in der Serie A hat er insgesamt auf dem Buckel. Sollte sein ewiger Traum, die Champions League zu gewinnen, bald in Erfüllung gehen, kann sich Buffon gar bis 2019 vorstellen, für seine Farben zwischen den Pfosten zu stehen. 

Doch der Heldenstatus der Klub-Legende birgt auch Gefahren. Denn im Schatten des Altmeisters wird kein anderer Torwart wirklich glücklich. Ersatzmann Neto geht nach zwei Jahren zum FC Valencia. Italiens Wunderknabe Gianluigi Donnarumma entschied sich zuletzt gegen einen Wechsel zum Meister und bleibt lieber beim AC Mailand.

Trotz Aussicht auf ein Dasein als Bankdrücker macht sich dennoch Wojciech Szczęsny vom FC Arsenal auf den Weg, wie die Turiner am Dienstag bekannt gaben. Hinter der neuen Nummer zwei bringt sich Carlo Pinsoglio nach beendeter Leihe in Stellung.

Prognose: Bitter für Juve, dass es Torwart-Juwel Donnarumma (vorerst) nicht nach Turin verschlägt. Die "alte Dame" hat sich mit Szczęsny unterdessen einen erfahrenen Keeper geangelt. Doch der Pole wird sich dank "Gigi" Buffon noch etwas gedulden müssen, bis er zum Zuge kommen darf.


Abwehr:

Schon verwunderlich, welche Entscheidungen Sportdirektor Guiseppe Marotta in den vergangenen Wochen getroffen hat. Erst ließ er Routinier Dani Alves nach einem sehr gelungenen Jahr in Richtung Paris ziehen. Dann folgte der Schock für alle Fans der Bianconeri: Abwehrchef Leonardo Bonucci verlässt Juve nach sieben Jahren - ausgerechnet, um beim AC Mailand anzuheuern.

Dem Vernehmen nach war der 30-Jährige mit Trainer Massimiliano Allegri im Clinch. Immerhin überweisen die Mailänder rund 42 Millionen Euro an Juventus. Auf Anhieb sportlich zu ersetzen, ist Bonucci jedoch nicht. Auch Juve-Legende Alessandro Del Piero wunderte sich: "Es wirkte wie ein Scherz."

Doch damit nicht genug: Linksverteidiger Alex Sandro könnte den Klub in den nächsten Wochen verlassen. 70 Millionen Euro will der FC Chelsea englischen Medienberichten zufolge auf den Tisch legen. Obendrein wird Urgestein Stephan Lichtsteiner mit dem VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht.

Übrig bleiben Altmeister Giorgio Chiellini und Andrea Barzagli sowie Ex-Bayern-Verteidiger Medhi Benatia, dessen Kaufoption über 17 Millionen Euro im Mai gezogen wurde. Da verwundert es nicht, dass prominente Namen im Raum stehen: Dortmunds Sokratis, Mailands De Sciglio, Barcelonas Aleix Vidal, Romas Kostas Manolas oder Valencias João Cancelo.

Prognose: Die Vecchia Signora muss sich in der Defensive verstärken. Heißester Kandidat ist De Sciglio, der laut "Gazzetta dello Sport" für zwölf Millionen Euro zu haben ist. Für das Zentrum ist der Mailänder allerdings weniger geeignet. Diese Rolle könnte Manolas erfüllen, wobei ein Transfer laut Roma-Boss James Pallotta eigentlich nicht zur Debatte steht. So oder so, durch die fixen Abgänge spielt Juve schon jetzt mit dem Feuer.


Mittelfeld:

Nach dem Abgang von Bonucci wird die defensive Last wohl auch auf das Mittelfeld abgewälzt. In Sami Khedira und Miralem Pjanić hat der Rekordmeister bereits exzellente Abräumer. Helfen kann auch Ersatz-Kapitän Claudio Marchisio, der in seine zehnte Saison bei Juve geht.

Als Verstärkung kommt im Sommer Rodrigo Bentancur, der für rund zehn Millionen Euro von Argentiniens Meister Boca Juniors verpflichtet wurde. Der 20-Jährige gilt im offensiven Mittelfeld als große Verheißung. Wie viele Einsätze der Uruguayer gleich im ersten Jahr bekommen wird, ist aber nicht abzusehen.

Da der ganz große Name noch nicht präsentiert wurde, ist die Sehnsucht nach einem Transfer-Hammer riesig. Zuletzt wurde über eine 70-Millionen-Euro-Offerte für Toni Kroos von Real Madrid gemunkelt, wirklich realistisch ist ein Transfer aber nicht. Chancen haben die Italiener eher bei Emre Can (FC Liverpool), Nemanja Matić (FC Chelsea) oder Blaise Matuidi (PSG).

Prognose:

Im 4-2-3-1-System hat Allegri seinen Kern im Mittelfeld bereits beisammen. Mit dem jungen Bentancur kommt ein talentierter Spieler hinzu. Wirklichen Nachholbedarf dürfte Juventus deshalb nicht mehr sehen.


Angriff:

Der prominenteste Neuzugang ist zweifelsfrei Douglas Costa, der für zwei Jahre vom FC Bayern München ausgeliehen und dann fest verpflichtet wird. Vor allem auf seine Stärken im Dribbling freuen sich die schwarzweißen Tifosi.

Gerüchte ranken sich derweil um dessen Pendent Juan Cuadrado. Arsenal soll kolumbianischen Berichten zufolge am 29-Jährigen interessiert sein. Laut "Gazzetta" reagierte Juventus nun mit einem Preisschild von rund 35 Millionen Euro. Unbedingt abgeben will man den Kolumbianer wohl nicht.

Sollte er dennoch gehen, steht wohl mit Federico Bernardeschi ein Ersatz schon parat. Seit Wochen zeigt Juventus Interesse am 23-Jährigen. Fix ist derweil der Wechsel von Patrik Schick, der in der vergangenen Saison für Sampdoria immerhin elf Treffer erzielte.

Prognose: 

Juve hat sich lange um Douglas Costa bemüht. Der Linksfuß wird auch deshalb ein zentrales Puzzlestück im Offensivspiel von Massimiliano Allegri sein. Mit Juan Cuadrado und/oder Federico Bernardeschi, Paolo Dybala, Mario Mandžukić und Gonzalo Higuaín ist die "alte Dame" im Angriff mehr als prominent besetzt. Im erst 17 Jahre alten Moise Kean verfügt Allegri außerdem über ein Top-Talent, das nur auf seine Einsatzchancen wartet.