22.07.2017 09:36 Uhr

Basler exklusiv: "Auba-Wechsel wäre hirnrissig!"

Mario Basler befürchtet einen schweren Stand für Thomas Müller beim FC Bayern
Mario Basler befürchtet einen schweren Stand für Thomas Müller beim FC Bayern

Mario Basler spielte während seiner aktiven Laufbahn für Werder Bremen, den FC Bayern München und den 1. FC Kaiserslautern in der Bundesliga und galt in den Neunzigerjahren als "echter Typ" im deutschen Profifußball.

Noch heute ist der Europameister von 1996 vor allem als Experte gefragt, seine Meinungen sind häufig kontrovers. Im großen Exklusiv-Interview äußert sich der Kult-Kicker über die Asien-Reisen der Bundesliga-Klubs, die neue Rolle von Thomas Müller und erklärt, warum er die Dreifachbelastung als aktiver Spieler geliebt hat.

Herr Basler, bevor am 18. August die nächste Bundesliga-Saison angepfiffen wird, befinden sich die Klubs derzeit mitten in der Vorbereitung. Teams wie der FC Bayern München, der FC Schalke 04 oder Borussia Dortmund haben dabei weite Reisen nach Fernost angetreten, um ein Marathonprogramm an Werbeterminen, Fanarbeit, Testspielen und Trainingseinheiten abzuspulen. Was halten Sie von diesen Trips?

Mario Basler: Grundsätzlich ist es so, dass die Spieler wahrscheinlich alle nicht begeistert sind. Aber aus Sicht dieser großen Vereine gehört das mittlerweile dazu. In Fernost werden wichtige neue Märkte erschlossen, das Marketing muss auch da weitergehen. In Deutschland ist so gut wie alles ausgeschöpft, deswegen gehen die Klubs nach China oder Japan.

Hinzu kommen neben den vielen Werbeterminen auch Vorbereitungsspiele auf gehobenem europäischem Niveau. Welchen Wert messen Sie den Tests des BVB gegen Milan, der Bayern gegen Arsenal oder von Schalke gegen Inter bei?

Die Vorbereitung ist nicht überzubewerten. Natürlich wollen alle ihre Spiele gewinnen, aber auch Carlo Ancelotti wird nach einem 2:2 gegen Arsenal seinen Spielern nicht den Kopf abreißen. Das Hauptaugenmerk liegt weiterhin im Ausdauerbereich sowie auf taktisch-technischen Dingen. Die Spiele sind wichtig, damit sich die Mannschaften einspielen. Aber gerade in der Anfangsphase interessiert es einen Trainer relativ wenig, welche Resultate dabei herausspringen.

Wie hätten Sie denn zu Ihrer aktiven Zeit Reisen nach Fernost während der Saisonvorbereitung entgegengeblickt, bei denen es einmal um die halbe Welt geht?

Naja, ich hätte versucht krank zu machen (lacht)! Ich bin ja nicht der große Flieger, der sich stundenlang ins Flugzeug setzen möchte. In unserer Zeit war es noch so, dass der deutsche Markt der wichtigste war. Wie gesagt: Mittlerweile gehört das einfach mit dazu, weil innerhalb Deutschlands fast schon alles abgegrast ist.

Beim Thema China geht es unweigerlich auch um die letzten großen Transfers in die Super League, die stattgefunden haben oder zumindest angedacht waren. Was halten Sie von dieser Entwicklung, gut ablesbar am Beispiel Anthony Modeste?

Zu Modeste muss ich sagen: Der ist in einem gewissen Alter, in dem er noch mal die Chance bekommen hat, einen großen Vertrag zu machen. Mit 29 Jahren geht man auf ein Alter zu, in dem es noch drei, vier Jahre richtig gut laufen kann, wenn die Verletzungen ausbleiben. Von daher fand ich die Entscheidung für ihn und auch für den 1. FC Köln, der eine enorme Ablösesumme kassieren wird, gut.

Wechsel von Spielern, die schon in jungen Jahren nach China zu gehen, kann ich nicht gut heißen. Auch ein Wechsel von Aubameyang nach China wäre für mich völlig hirnrissig gewesen! Auch, wenn er da viel Geld bekommen hätte. Er kann sicherlich in Dortmund, Paris oder wo auch immer noch in einer europäischen Spitzenmannschaft spielen, wo er auch ordentliches Geld verdient. In drei, vier Jahren kann er dann immer noch über China nachdenken.
Wenn man zum Ende der Karriere noch einmal ins Ausland geht, wie damals zum Beispiel Effenberg und meine Wenigkeit, um nochmal ordentliches Geld zu verdienen, dann ist das allzu verständlich. Aber dass Spieler schon mit Mitte 20 über einen Wechsel in eine Liga nachdenken, die fußballerisch absolutes Entwicklungsland ist, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Der FC Bayern hat mit der Ausleihe von James Rodríguez auch international für viel Wirbel gesorgt. Haben Sie den Spieler zuletzt selbst beobachtet und was trauen Sie James in der Bundesliga zu?

Also im letzten Jahr konnte ich ihn wenig beobachten, weil er relativ wenig gespielt hat. Aber wir wissen natürlich alle, was er kann! Dass James ein toller Fußballer ist, steht ja außer Frage. Er passt sicher auch zu Bayern München. Die Bayern mussten in Sachen Neuverpflichtungen auch etwas machen. Ob es unbedingt diese Position sein musste, lässt sich infrage stellen. Diese Position war für mich eigentlich perfekt besetzt mit Thiago oder auch Thomas Müller. Ich hätte es lieber gesehen, dass Bayern noch eine Granate als Backup-Stürmer für Lewandowski verpflichtet. Wir haben letztes Jahr gesehen, dass sie ganz vorne in der Spitze doch ein paar Problemchen hatten, wenn Lewandowski nicht gespielt hat.

James könnte bei den Bayern einiges durcheinanderwirbeln…

Klar, für den ein oder anderen etablierten Spieler, wie unter anderem auch Thomas Müller, wird es eine richtig harte Saison.

Sie haben Thomas Müller angesprochen: Bisher hat er die Antworten auf dem Platz gegeben. Wird Müller das die ganze Saison über hinbekommen oder wie sehen Sie seine künftige Rolle beim FC Bayern?

Thomas hat im letzten Jahr sicher keine glückliche Saison gehabt, das muss man klar und deutlich sagen. Aber wir wissen auch alle: Wenn er zu seiner Form zurückfindet, dann ist er immer ein wichtiger Faktor. Wenn der Trainer aber einen Wunschspieler holt, wie Ancelotti es nun bei James getan hat, ist erst einmal davon auszugehen, dass dieser Spieler gesetzt ist. Wenn Sie dann bedenken, dass Lewandowski vorne sowieso gesetzt ist und die Außen im Normalfall mit Robben und Ribéry auch top besetzt sind, sehe ich nicht mehr viele Positionen, auf denen Thomas immer spielen wird. Somit könnte ihn theoretisch die Problematik treffen, dass seine Positionen irgendwann bezogen sind. Auch im Hinblick auf die WM könnte es für ihn schwer werden. Wenn ich sehe, wie der ein oder andere Nationalspieler drauf ist, ist auf jeden Fall sehr große Konkurrenz da.

Zuletzt gab es bereits vermehrt Spekulationen, die Thomas Müller mit englischen Vereinen in Verbindung gebracht haben. Wäre die Premier League vielleicht eine bessere Alternative?

Zumindest ist eines ja ganz klar: Thomas muss sich die Frage stellen, ob er sich damit zufrieden gibt, vielleicht erst mal nur auf der Bank Platz nehmen zu müssen. Die Angebote liegen wohl vor. Wenn er Uli [Hoeneß, Anm. d. Red.] oder Kalle [Rummenigge] darum bitten würde, ins Ausland gehen zu können, um nicht auch in der Nationalmannschaft ins zweite Glied zu rutschen, würde man ihm sicher keine großen Steine in den Weg legen.
Natürlich würden sie versuchen, ihn zu halten. Aber der Spieler muss auch an sich denken. Ich glaube, es dürften noch ganz spannende Wochen werden, bis das Transferfenster geschlossen wird. Thomas würde theoretisch auch ganz gut auf die Insel passen. Von daher wird er sich seine Gedanken darüber machen. Also noch einmal: Ich vermute, dass die nächste Saison leider sehr problematisch für Thomas werden wird.

Lesen Sie am Sonntag in Teil II des Interviews: Mario Basler über seinen Ex-Klub Werder Bremen, das Comeback von Mario Götze und seine Rückkehr auf die Trainerbank.

Das Interview führte Mats-Yannick Roth