28.07.2017 07:59 Uhr

Zweitliga-Vorschau: "Ein echtes Überraschungsei"

Spannend, spannender, zweite Liga: In diesem Jahr zählt jeder Zweikampf
Spannend, spannender, zweite Liga: In diesem Jahr zählt jeder Zweikampf

Während ein Drittel der Liga den Aufstiegskampf ausruft, zittert der Rest um den Klassenerhalt: Vorhang auf zur spannendsten und ausgeglichensten zweiten Liga aller Zeiten. weltfussball wirft einen Blick auf die anstehende Saison im Unterhaus.

Die Top-Transfers:

Ein Weltmeister im Unterhaus: Bei Absteiger Darmstadt 98 will Neuzugang Kevin Großkreutz einen sauberen Neustart schaffen. Nach Pinkel- und Prügelaffäre sowie einem tränenreichen Kurzzeit-Abschied aus dem Profi-Geschäft, zählt für den ehemalige Dortmunder am Böllenfalltor nur noch das Wesentliche: "Jetzt denke ich nur noch nach vorne. Die Vergangenheit ist abgehakt. Ich will nochmal alles raushauen."

Neben Großkreutz haben sich die Darmstädter mit Artur Sobiech einen weiteren prominenten Namen geangelt. Mit nur zwei Ligatreffern für Hannover zuletzt, steht der Pole aber ebenfalls vor einer Bewährungsprobe.

Als niemand mehr mit ihm rechnete, zauberte Bochum-Sportvorstand Christian Hochstätter Robbie Kruse aus dem Hut. Die Glanzzeiten des Confed-Teilnehmer liegen allerdings schon ein Weilchen zurück. Sein letztes Ligator datiert vom 26.10.2013 - damals noch im Leverkusen-Trikot. Was folgte, waren stetige Verletzungen.

Auch ein China-Intermezzo in diesem Jahr verlief unglücklich. Jetzt will Kruse an seine letzte Zweitliga-Saison in Deutschland anknüpfen. 2012 steig der 28-Jährige mit Fortuna Düsseldorf auf. 

Mit dem Eine-Millionen-Mann Adam Zreľák von FK Jablonec leistet sich Nürnberg ein kostenintensives Update für den Angriff. Aktuell führt der Torjäger die slowakische U21 als Kapitän aufs Spielfeld. Auch für den Verteidiger Ewerton griffen die Franken tief in die Tasche: 800.000 Euro gingen für den Brasilianer über den Tresen. Geld, das der Verkauf des zuletzt ausgeliehenen Stefan Kutschke (1,5 Mio) nach Ingolstadt in die Kassen gespült hat.


Die Aufstiegsaspiranten:

Die Absteiger Ingolstadt und Darmstadt gehen naturgemäß als Mitfavoriten in ein völlig offenes Aufstiegsrennen. Der FCI dürfte mit "Hexer" Maik Walpurgis an der Seitenlinie die besten Karten haben, obwohl die Darmstädter den erfahrensten Kader der Liga besitzen und Leistungsträger Hamit Altintop kürzlich verlängerte. 

Dahinter könnte es kaum enger zugehen: Last-Minute-Nichtaufsteiger Braunschweig konnte sein Gerüst zusammen halten. "Die Liga ist ein echtes Überraschungsei, bei dem man gespannt sein darf, was am Ende herauskommt", wagte Eintracht-Trainer Lieberknecht bei "Sport1" keine Prognose.

Auf St. Pauli reitet man nach einem starken Saisonendspurt weiter auf der Welle des Erfolges. Alle sieben Testspiele darunter ein Kräftemessen gegen Werder Bremen konnten souverän gewonnen werden.

Nachdem die Bochumer im Sommer personell aufrüsten konnten (Hinterseer, Soares, Diamantakos und Kruse), rechnet man sich auch tief im Westen Chancen aus. "Ich bin gekommen, damit wir aufsteigen", tönte Neuzugang Danilo Soares selbstbewusst.

Forderungen, die so ähnlich auch an der alten Försterei zu vernehmen sind. Aus der Erfahrung der letzten Saison, als die Eisernen nach 25. Spieltagen noch von der Tabellenspitze grüßten und anschließend einbrachen, will man gelernt haben. "Unser Ziel ist es, in den Top Drei zu landen. Jetzt wissen wir, worum es geht", stellte Union-Stürmer Sebastian Polter klar.


Die Wundertüten:

In Düsseldorf konnten die Leistungsträger Ihlas Bebou, Kaan Ayhan und Marcel Sobottka gehalten werden. Die Verpflichtungen von Rouwen Hennings und Håvard Nielsen versprechen zudem mehr Torgefahr. Für Aufstiegs-Experte Friedhelm Funkel reicht es dennoch nicht zum großen Wurf. Auch Nürnberg schielt nach Ausgaben in Höhe von 2,3 Millionen Euro nach oben. Noch herrscht aber Zurückhaltung im Frankenland. Man wolle eine "stabile Saison" hinlegen, beteuerte FCN-Trainer Michael Köllner. 

Etwas niedriger hängen die Trauben in Kaiserslautern und Dresden. Die Pfälzer befinden sich nach einer wahren Wechselflut noch in der Findungsphase. Eine Saison ohne Abstiegsturbulenzen ist das höchste der Gefühle. Dynamo steht vor der Herkules-Aufgabe, die Leistungsträger Stefan Kutschke, Akaki Gogia und Marvin Stefaniak zu ersetzen und droht auch in den Abstiegstsrudel gerissen zu werden. 

In Heidenheim freut man sich dank der Urgesteine Marc Schnatterer und Frank Schmidt auf eine Saison in ruhigeren Fahrwassern. Auch die Fürther können trotz des Verlustes von Defensiv-Crack Marcel Franke den frühzeitigen Klassenerhalt feiern.


Die Kellerkinder:

"Lottospielen ist aktuell erfolgsversprechender, als jetzt schon auf Abstiegskandidaten zu setzen", bringt Duisburg-Trainer Ilja Gruev die Ausgangslage im Tabellenkeller auf den Punkt. Das Aufstiegstrio aus Duisburg, Kiel und Regensburg dürfte aber von Anfang an mit jeden Punkt für den Klassenerhalt hamstern. 

Im Erzgebirge reißt der Abgang von Trainer Domenico Tedesco eine riesige Lücke. Genau wie in Sandhausen und Bielefeld muss daher bis zum Schluss um den Klassenerhalt gezittert werden. 


Die neuen Trainer:

Zu einem wahren Paukenschlag kam es in Bochum: Drei Wochen vor Saisonauftakt musste Gertjan Verbeek aufgrund "zwischenmenschlicher Defizite" gehen. Der "Neue", Ismail Atalan, hat sich als Pokalschreck in Lotte einen Namen gemacht. In einem unkonventionellen und flexiblen 3-2-3-2-System will der 37-Jährige "ein gutes Pressing nach vorne spielen".

In maximal große Fußstapfen muss Trainer Thomas Letsch in Aue treten. Leitsch war fünf Jahre in Salzburg tätig und bringt die typische RB-Mentalität mit. Im Erzgebirge soll ab sofort aggressiv und überfallartig gepresst werden. 

Etwas reibungsloser dürfte der Übergang bei St. Pauli gelingen. Als vorheriger Assistent von Ewald Lienen ist Neu-Chef Olaf Janßen bereits bestens mit der Kiez-Mentalität vertraut.

Falk Velten