18.08.2017 12:23 Uhr

Check: Außenseiter Barça hofft auf neuen Maradona

Carles Aleñá hat beim FC Barcelona große Träume
Carles Aleñá hat beim FC Barcelona große Träume

Nach einer enttäuschenden Vorsaison will der FC Barcelona im ewigen Gigantenduell mit Real Madrid zurück auf den spanischen Thron. Dabei müssen die Katalanen zunächst die Lücke im Angriff schließen, die Neymar durch seinen Abgang nach Paris riss. Doch Barça wäre nicht Barça ohne ein Ass im Ärmel, das zuletzt in der eigenen Talentschmiede für Aufsehen sorgte. sport.de wagt zum Start der spanischen Primera División einen Ausblick.

Die Favoriten:

In der Primera División ist mit Blick auf das Meisterschaftsrennen das bekannte Dreigespann im Fokus. Die drei bestplatzierten spanischen Mannschaften der letzten fünf Jahre hießen schließlich stets in wechselnder Reihenfolge: Real Madrid, FC Barcelona und Atlético Madrid. Ein Szenario, an dem auch in der neuen Saison kein Weg vorbei führt. 

Als Titelverteidiger und Favorit gehen dieses Jahr die Königlichen ins Rennen. Zwar verzichtete Madrid-Präsident Florentino Pérez in diesem Sommer bislang auf den einst obligatorischen Multi-Millionen-Star-Einkauf. Die bisherigen Verpflichtungen der Youngster Dani Ceballos (20 Jahre) und Theo Hernández (19) verstärken den vorhandenen Luxus-Kader aber perspektivisch. Selbst die millionenschweren Abgänge von James Rodríguez, Danilo und Álvaro Morata dürften Trainer Zinédine Zidane keine Kopfzerbrechen bereiten, gehörten allesamt doch nicht zur A-Elf. 

In Barcelona ist man nach dem erzwungenen Neymar-Abgang weiter auf der Suche, um das verbliebene Duo Lionel Messi und Luis Suárez adäquat zu ergänzen. Noch wehren sich Borussia Dortmund und der FC Liverpool im Tauziehen um die Wunschkandidaten Ousmane Dembélé und Philippe Coutinho. Einzig der brasilianische Mittelfeldspieler Paulinho konnte bisher als halbwegs namhafter Neuzugang präsentiert werden. Für einen Angriff auf die Ligaspitze und das eigene katalanische Selbstverständnis deutlich zu wenig.

Die jüngste Niederlage im spanischen Supercup gegen Real kratze allerdings keineswegs am Selbstvertrauen des neuen Barça-Trainers Jorge Valverde: "Niemand ist besser als der FC Barcelona, nicht Real, nicht Atlético, nicht Bayern", verkündete der Trainer-Newcomer trotz der vermeintlichen Außenseiter-Rolle vollmundig.

Bei Barcelonas zweitem Dauer-Konkurrenten der letzten Jahre, Atlético Madrid, steht derweil die Saison im Zeichen "Neue Heimat, altes Personal". Schließlich hat das altehrwürdige Vicente Calderón als Heimstätte der Rojiblancos ausgedient. Künftig geht Atléti im frisch umgebauten Wanda Metropolitano auf Punktejagd. 10.000 Zuschauer mehr fasst das erneuerte Rund der Hauptstädter.

Die Mannschaft ist dabei alt bewährt. Aufgrund einer Transfersperre dürfen die Hauptstädter erst im Winter wieder neue Spieler verpflichten. Stützen wie Torwart Jan Oblak und Antoine Griezmann konnten aber gehalten werden, sodass auch in diesem Jahr mit dem Team von Trainer Diego Simeone zu rechnen ist.

Die größten Transfers:

Im Schatten des Multi-Millionen-Deals von Neymar, der die Fußballwelt beben ließ, waren die  La-Liga-Klubs keineswegs untätig und kauften eifrig auf dem Transfermarkt ein.

Für 20 Millionen Euro sicherte sich der FC Sevilla die Dienste des Kolumbianers Luis Muriel. Der 26-Jährige wusste in der abgelaufenen Saison mit 20 direkten Torbeteiligungen (elf Tore, neun Vorlagen) bei Sampdoria Genua zu überzeugen. Außerdem kommt mit Simon Kjær (12,5 Millionen Euro) ein erfahrener Innenverteidiger von Fenerbahçe. 

Der FC Valencia hat nach einer halbjährigen Leihe Simone Zaza fest unter Vertrag genommen. Kostenpunkt: stolze 15 Millionen Euro. Nach sechs Toren in 20 Rückrunden-Spielen ist der Italiener aber angehalten, seine Torquote zu steigern.

Villarreal ist bei der Suche nach einem Nachfolger für Roberto Soldado (Fenerbahçe) wohl ein echtes Schnäppchen gelungen. Für 2,5 Millionen Euro Leihgebühr verstärkt Carlos Bacca vom AC Mailand das "gelbe U-Boot". Zudem konnte der hochtalentierte Angreifer Enes Ünal von Manchester City losgeeist werden. Schwer wiegt hingegen der Verlust von Abwehrchef Mateo Musacchio, der sich für 18 Millionen Euro dem AC Mailand anschloss. Eine Lücke, die Neun-Millionen-Neuzugang Rúben Semedo (Sporting CF) gleichwertig schließen soll.

Die kommenden Stars:

Carles Aleñá könnte nach jahrelanger Durststrecke die große Tradition von La-Masia-Talenten im Nou Camp aufleben lassen. Der 19-Jährige hat in der weltberühmten Talentschmiede sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen.

In der Vorbereitung gehörte der Kapitän der spanischen U19-Nationalmannschaft fest zum Profi-Team und überzeugte. Vor allem im Test gegen Manchester United sorgte der flinke Techniker, der aufgrund seiner Lockenpracht und Spielweise schon mit Diego Maradona verglichen wird, für Furore. "Ich will alle Chancen nutzen, die mir gegeben werden. Iniesta, Busquets und Rakitić geben mir wertvolle Tipps. Ich sauge alles auf", gab sich der Katalane gegenüber "Mundo Deportivo" bescheiden.

Valencias Carlos Soler hat sich bereits in der höchsten Spielklasse bewährt. Der 20-Jährige entwickelte sich in Windeseile zum Leistungsträger und Regisseur im Spiel der Fledermäuse. In seiner zweiten Profi-Saison will das Eigengewächs mehr Verantwortung übernehmen. "Weil ich schon einige Spiele absolviert habe, fordern die Leute jetzt mehr von mir. Ich komme aber gut mit dem Druck klar. Ich habe mich schnell angepasst und will mich weiter verbessern", stellte Soler vor dem Startschuss klar.

Der Stern von Neu-Madrista Dani Ceballos ging endgültig bei der U21-EM auf. Als Mittelfeld-Motor zog der 20-Jährige die Fäden im Spiel der hochtalentierten spanischen Mannschaft. Nach der Final-Niederlage gegen Deutschland wurde der Youngster gar zum besten Spieler des Turniers gewählt. 

Bei den Blancos will der Newcomer jetzt vor allem Marco Asensio nacheifern. "Ich werde sehr hart arbeiten, um den Trainer zu überzeugen. Asensio hat letztes Jahr bewiesen, was möglich ist", sagte Ceballos zu "Mundo Deportivo".

Der Neuankömmling:

Neben den altbekannten FC Getafe und UD Levante schaffte auch der kleine FC Girona erstmals in seiner 87-jährigen Vereinsgeschichte den Sprung in die Primera División. In den Jahren 2013, 2015 und 2016 war der katalanische Klub noch in den Aufstiegs-Playoffs gescheitert. 

Mit Girona kehrt auch ein Stück Guardiola zurück in die spanische Eliteliga. Sein Bruder Pere ist gemeinsam mit Geschäftspartner Jaume Roure Eigentümer des Vereins. Kein Zufall also, dass in diesem Sommer gleich vier Spieler (Aleix García, Pablo Maffeo, Marlos Moreno und Douglas Luiz) von City an den Aufsteiger verliehen wurden.

Falk Velten