17.08.2017 15:18 Uhr

Hasenhüttl will "lebendigen Powerfußball bieten"

Ralph Hasenhüttl geht mit RB Leipzig in die 2. Bundesligasaison
Ralph Hasenhüttl geht mit RB Leipzig in die 2. Bundesligasaison

Ralph Hasenhüttl geht in seine zweite Saison beim Vizemeister RB Leipzig. Im Interview spricht der 50-Jährige über den Bundesliga-Start bei Schalke 04 und die Herausforderungen der kommenden Spielzeit.

Herr Hasenhüttl, auf Schalke wurde viel getan. Wie ist die Zielsetzung gegen dieses neu ausgerichtete Team?

Ralph Hasenhüttl: Anderer Trainer, andere Mannschaft, bedingt andere Herangehensweise. Dreierkette haben sie letztes Jahr auch schon gespielt, aber es wird eine interessante taktische Aufgabe für uns werden. Eine sehr schwierige, wie ich finde. Da geht es gleich darum, voll da zu sein.

In der vergangenen Saison sorgte Nationalstürmer Timo Werner mit seiner Schwalbe gegen Schalke für viel Empörung bei den Fans. Erwarten Sie da eine Reaktion der Schalker Anhänger?

Für mich ist diese Schwalbe absolut kein Thema mehr. Das ist längst ad acta gelegt, und ich glaube, dass das Spiel viel mehr hergibt als eine Schwalbe, die vor einem gefühlten Jahrzehnt passiert ist.

Bei Schalke sitzt Domenico Tedesco als neuer Trainer auf der Bank. Wie haben Sie seinen Sprung von Erzgebirge Aue aus der zweiten Liga in die Bundesliga miterlebt?

Bei Aue hat er das gut gemacht. Schalke ist jetzt zwar im Vergleich eine andere Hausnummer, aber man kann schon ein paar Automatismen erkennen, die er der Mannschaft mitgegeben hat. Sie spielen zum Beispiel mutig hinten raus. Da kann man schon eine Handschrift erkennen.

In der Vorsaison stand Leipzig für spektakulären Offensivfußball. Bleiben Sie der taktischen Marschroute treu?

Unser Spiel ist mittlerweile so variantenreich geworden, dass es schwerer wird, uns zu kategorisieren. Was wir sicherlich beibehalten müssen, ist die Leidenschaft. Die hat nicht unbedingt immer etwas mit Ökonomie zu tun, aber das ist auch nicht unser Hauptansatz. Wir wollen eher lebendigen Powerfußball bieten.

Ist nach dem rauschhaften ersten Jahr noch einmal ein Erfolg wie die Vize-Meisterschaft drin?

Das weiß ich nicht. Für mich wäre das jedenfalls genauso sensationell wie vor einem Jahr. Die Vize-Meisterschaft hat sich absolut als Erfolg angefühlt. Aber ich kann nicht sagen, was sich nun mit der Dreifachbelastung als Erfolg anfühlt. Wenn wir in allen drei Wettbewerben gut mit dabei wären, könnten wir von einer sehr gelungenen Saison sprechen.

Ist sogar ein Angriff auf Bayern München realistisch?

Es wird in Deutschland nur dann möglich sein, die Bayern zu stürzen, wenn sie mal anfangen, Fehler zu machen. Ansonsten ist das eine eigene Liga, und das wird auch nächstes Jahr so sein. Die Möglichkeiten dort sind mit nichts in der Liga zu vergleichen.

Wen sehen Sie als Konkurrenten im Rennen um die Plätze hinter Bayern?

Es wird vorne sicherlich viele Mannschaften geben, die viel vorhaben. Mannschaften wie Schalke, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach, die in diesem Jahr nicht die Doppelbelastung haben und nur einmal die Woche spielen. Den Vorteil hatten wir im letzten Jahr.

Sie starten nun zum ersten Mal in der Champions League. Ist dort eventuell gar das Achtelfinale möglich?

Wir gehen da jungfräulich rein. So wie letztes Jahr in der Bundesliga wollen wir auch da für Überraschungen sorgen. Wir sind ja wahrscheinlich in Topf vier bei der Auslosung und bekommen eine richtig schwere Gruppe, was dazu führt, dass uns wohl kaum einer richtig kennt. Vielleicht ist das dann nach der Gruppenphase anders.

Bereitet Ihnen die Dreifachbelastung Sorge im Bezug auf einen Leistungseinbruch in der Bundesliga?

Das wurde uns ja schon von vielen Seiten prophezeit. Die Prophezeiungen müssen ja nicht eintreten. Lasst uns erst mal spielen und dann schauen wir, wie gut wir wirklich waren.

Die Champions League ist auch für Sie als Trainer neues Terrain...

Wegen des Anzugs?

Im Anzug die Hymne zu hören, ist schon etwas Besonderes, oder?

Das sind die einzigen beiden Unterschiede. Ansonsten geht es um Fußball, aber es ist klar: Es gibt dort noch ein paar andere Mannschaften mit noch etwas mehr Qualität. Das ist super für die Fans. Aber jetzt warten wir erstmal die Auslosung ab.

Das Interesse von Top-Klubs an Emil Forsberg und Naby Keita war in der Sommerpause sehr groß. Gehen Sie davon aus, dass Sie - wie es Sportdirektor Ralf Rangnick angedeutet hat - beide Spieler nach der neuen Saison verlieren könnten?

Wenn Naby Keita noch einmal so eine Saison spielt, wird das Interesse sicher nicht abnehmen. Ich werde aber einen Teufel tun und so weit in die Zukunft schauen. Mich als Trainer interessiert nicht, was nächstes Jahr im Sommer passiert. Wenn ein Trainer ein Jahr in die Zukunft blicken will, sollte er lieber schauen, dass er da noch Trainer ist.(lacht)

Sie sind jetzt in Ihrem zweiten Jahr in Leipzig. Welche Art der Entwicklung haben Sie auch bei sich selbst festgestellt?

Es war für mich ein Glücksfall herzukommen, weil ich persönlich den nächsten Schritt gemacht habe. Man könnte auch sagen, ich habe es nicht verhindern können, dass die Mannschaft erfolgreich war in der letzten Saison. Ich habe mich immer als jemanden gesehen, der versucht, alle Teile zusammenzufügen. Das ist mir in der letzten Saison ganz gut gelungen. Trotzdem bin ich weiterhin sehr ehrgeizig und will mit der Mannschaft so erfolgreich wie möglich weiterarbeiten.

Schalke mit Domenico Tedesco (31) oder auch 1899 Hoffenheim mit Julian Nagelsmann (30) arbeiten mit sehr jungen Trainern. Wie beobachten Sie diesen Trend?

Sie haben auch schon zehn, elf, zwölf Jahre als Trainer gearbeitet. Also genauso lange wie ich. Aber ich habe eben bis 37 Fußball gespielt. Deshalb sind wir vielleicht als Trainer gleich alt und nur auf dem Papier etwas auseinander. Ich würde das nicht zu hoch hängen. Heutzutage haben diese Trainer schon so viel Erfahrung gesammelt, dass der Schritt in die Bundesliga vielleicht nicht mehr der schwerste ist. Und wenn man dann diese Chance bekommt, ist die Verlockung natürlich groß, es auch sofort zu probieren.