04.09.2017 11:56 Uhr

Norwegen-Check: Letzter Weg Optimismus

Norwegens Håvard Nordtveit (l.) und Joshua King sind vor dem Deutschland-Spiel optimistisch
Norwegens Håvard Nordtveit (l.) und Joshua King sind vor dem Deutschland-Spiel optimistisch

Die deutsche Nationalmannschaft kann im achten WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen in Stuttgart am Montag (20:45 Uhr) das Ticket für die Endrunde in Russland vorzeitig lösen. Dazu muss die Elf von Bundestrainer Joachim Löw Norwegen besiegen. Eine lösbare Aufgabe, so scheint es. Doch die Norweger wittern ihre berechtigte Chance. Der sport.de-Gegnercheck vor dem Duell gegen Deutschland.

Formkurve:

Der Traum von der WM in Russland hatte sich für die Norweger eigentlich schon bei der 0:2-Auswärtsschlappe beim Überraschungsteam aus Nordirland im vergangenen März in Luft aufgelöst. Als die Nordmänner dann auch noch zuhause gegen Tschechien nicht über ein Unentschieden hinauskamen, war selbst für die größten Optimisten alles vorbei. Balsam für die nordische Seele war immerhin der 2:0-Sieg am vergangenen Freitag gegen Aserbaidschan vor heimischer Kulisse. 

Gegen Aserbaidschan lieferte vor allem Joshua King im Angriff eine gute Partie ab. Lauffreudig, passsicher und zweikampffreudig zeigte der Angreifer, der einigen Bundesliga-Fans noch aus seinem Intermezzo bei Borussia Mönchengladbach bekannt sein dürfte, eine ansprechende Leistung. Am Ende sprang ein verdienter und gar zu niedrig ausgefallener Sieg heraus. "Wir hätten auch 3:0 oder 4:0 gewinnen können, aber alles in allem war es ein guter Kampf", so Matchwinner King hinterher zufrieden.

Die Schlüsselspieler:

Einen Star, wie es einst Rekordnationalspieler John Arne Riise oder Ole Gunnar Solskjær waren, hat Norwegen zurzeit nicht zu bieten. Bekannte Gesichter aus deutscher Sicht lassen sich dennoch im Kader finden. Im Tor wechseln sich Herthas Rune Jarstein und Ingolstadts Ørjan Nyland in reger Regelmäßigkeit ab. Gegen die DFB-Elf ist Nyland, der sich im Verein seinen Platz im Tor in dieser Saison noch erkämpfen muss, nicht im Kader. 

Als Führungsspieler und Kapitän agiert Hoffenheims Neuzugang Håvard Nordtveit in der Innenverteidigung. Der 27-Jährige, der bei seinen Stationen bei Borussia Mönchengladbach und West Ham United noch im defensiven Mittelfeld seine Stärken ausspielte, gibt den Ton an. Nordtveit hat sich in Hoffenheim allerdings noch nicht wirklich eingefunden. Beim Remis in Leverkusen ließ 1899-Coach Nagelsmann den Sieben-Millionen-Euro-Neuzugang 90 Minuten auf der Bank. In der Nationalelf führt am Abwehrspieler jedoch kein Weg vorbei.

Für weitere Erfahrung im Kader sorgt unterdessen Offensiv-Spieler Tarik Elyounoussi von Olympiakos Piräus, der mit 42 Länderspielen die meisten Einsätze für die "Wikinger" in der aktuellen Nationalmannschaft verbuchen kann. Die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft hegen die Norweger unterdessen auf Sturm-Talent Alexander Sørloth, der für seinen Klub Midtjylland in dieser Saison in 13 Spielen sieben Treffer erzielte. Der immer wieder als Wunderkind verschrieene Martin Ødegaard hingegen wartet seit März 2016 auf seinen nächsten Einsatz. Mittlerweile ist das Talent von Real Madrid an den sc Heerenveen ausgeliehen.

Der Trainer:

Ende des vergangenen Jahres zog der Verband die Reißleine und setzte Per-Mathias Høgmo vor die Tür. Als Retter sollte ausgerechnet Lars Lagerbäck die Kurve kriegen, der lange Jahre für den Nachbarn aus Schweden die Geschicke leitete.

Der Schwede konnte nach seinem Antritt jedoch nicht sofort die Wende einleiten und kann bisher einen Sieg, zwei Remis und eine Niederlage als Norwegen-Coach vorweisen. Auch er hat die WM-Qualifikation bereits abgehakt, im verbandsinternen Interview blickte er vor dem Duell gegen Deutschland jedoch optimistisch nach vorne: "Es ist eine junge Mannschaft. Für die Zukunft sieht es gut aus."

Lagerbäck versucht sich dabei mit Kontinuität und scheint seinen Kader bereits gefunden zu haben. "Wir haben jetzt einen ziemlich guten Stamm. Ich denke, dass es wichtig war, diesen zu erarbeiten", so der 69-Jährige. Gegen Deutschland steht deshalb mit Birger Solberg Meling (Rosenborg BK) auch nur ein Neuling im Aufgebot.

Prognose:

Deutschland hat das Hinspiel im vergangenen September deutlich mit 3:0 für sich entschieden und bleibt auch im Rückspiel der klare Favorit. Einzig eine geschlossene Mannschaftsleistung der Norweger könnte für eine Überraschung sorgen. "Wir müssen eine unglaublich gute Teamarbeit leisten", so Lagerbäck: "Jeder muss an diesem Tag liefern." Mit den jüngsten Rückenwind scheint die Mannschaft den richten Spirit zumindest gefunden zu haben

Hoffenheims Håvard Nordtveit brachte es vor der Partie in Stuttgart treffend auf den Punkt: "Wir haben nichts zu verlieren." Die Hoffnungen auf eine vierte WM-Teilnahme in der Verbandsgeschichte sind schließlich dahin.

Gerrit Kleiböhmer