13.09.2017 11:47 Uhr

Leroy Sané im Tief: Wie im (schlechten) Film

Leroy Sané wechselte 2016 von Schalke 04 zu Manchester City
Leroy Sané wechselte 2016 von Schalke 04 zu Manchester City

Trotz eines Doppelpacks als Joker beim 5:0-Kantersieg gegen Liverpool gehört Leroy Sané bei Manchester City derzeit nicht zum Stammpersonal. Auch den Champions-League-Auftakt bei Feyenoord Rotterdam am Mittwoch (ab 20:45 Uhr im Liveticker) erlebt Sané wohl zunächst nur von der Bank. Eine Systemumstellung von Teammanager Pep Guardiola hat die Einsatzchancen des Nationalspielers drastisch verringert. Auch Sanés WM-Chancen schwinden.

Als Leroy Sané im Topspiel gegen den FC Liverpool in der 77. Minute links am Strafraum den Ball zu Benjamin Mendy nach außen legt, startet der Ex-Schalker sofort durch. Mendy serviert dem Teamkollegen die Kugel perfekt in den Lauft. Sané schweißt sie kompromisslos links unten in den Kasten.

Manchester City führt am vierten Spieltag 4:0 gegen die furios in die Saison gestarteten Reds. Kurz vor Schluss macht Sané mit einem traumhaften Schlenzer aus der Distanz das Debakel für Jürgen Klopp und Co. perfekt.

Sané, erst in der 57. Minute für den ebenfalls zweimal erfolgreichen Gabriel Jesus eingewechselt, darf sich nach der Partie zu Recht mit der Mannschaft von den Fans der Sky Blues feiern lassen.

"Ich bin so glücklich für Leroy. Er hat die Qualität eines absoluten Top-Spielers, sein zweites Tor war einfach fantastisch", schwärmt Vorlagengeber Mendy von seinem Mannschaftskameraden.

Durchwachsener Saisonstart für Sané

Der große Auftritt im Top-Spiel gegen den vermeintlichen Titelkonkurrenten war Sanés erste Duftmarke in der laufenden Spielzeit. In den drei Premier-League-Partien zuvor kam der 21-Jährige zweimal ebenfalls als Joker, konnte aber keine großen Akzente setzen.

Bei seinem einzigen Startelfeinsatz Mitte August gegen Everton (1:1) enttäuschte Sané. Pep Guardiola wechselte ihn nach 69 Minuten aus.

"Große Klubs brauchen mehr als elf Spieler. Alle müssen sich dem Konkurrenzkampf stellen", warnte der Spanier schon nach dem ersten Ligaspiel in Brighton und meinte damit auch Sané.

Neues System liegt Sané nicht

Nach einer herausragenden Rückrunde, in der der gebürtige Essener zu den besten Spielern im hellblauen Trikot gehörte, droht ihm nun die Rolle als Edeljoker.

Nicht nur, dass Guardiola im portugiesischen Shooting-Star Bernardo Silva von der AS Monaco einen weiteren Ausnahmekönner für seine Offensivabteilung dazuholte. Auch das neue System des ehemaligen Bayern-Trainers kommt Sané alles andere als zupass.

Im von Guardiola jetzt präferierten 3-5-2 sind in vorderster Linie zwei echte Stürmer gefragt. An Routinier Sergio Agüero und dem formstarken Gabriel Jesus gibt es derzeit für Sané kein Vorbeikommen. "Sie sind beide tolle Spieler. Ihr Zusammenspiel ist herausragend", lobt Guardiola seine Stamm-Angreifer überschwänglich.

Defensiv-Schwäche verhindert mehr Einsatzzeiten

Auch auf den Außenbahnen ist Sané aufgrund seiner Schwächen im Rückwärtsgang wenn überhaupt nur zweite Wahl.

Der defensiv deutlich stärkere Neuzugang Mendy hat links die Nase nach überstandener Oberschenkelverletzung klar vorn. Rechts marschiert der ebenfalls vor der Saison verpflichtete Kyle Walker die Linie rauf und runter.

Auch der gegen Liverpool gelb-rot-gesperrte Raheem Sterling, von seiner Spielweise her noch am ehesten mit Sané zu vergleichen, buhlt um Einsatzminuten.

Sané auch beim DFB nicht unumstritten

Die schwierige Situation Sanés bei City dürfte über kurz oder lang auch seine Perspektive im Nationalteam weiter verschlechtern.

Ohnehin nimmt man Sané beim DFB krumm, dass er sich wenige Tage nach seiner mit einer Nasen-OP begründeten Absage für den Confed Cup ein großflächiges Rücken-Tattoo stechen ließ. Bundestrainer Joachim Löw berücksichtigte den Youngster nicht für die jüngsten Qualifikationsspiele gegen Tschechien und Norwegen.

Zwar erklärte Teammanager Oliver Bierhoff zuletzt explizit, dass ein Stammplatz im Verein keine grundsätzliche Voraussetzung für einen Platz im WM-Kader sei. Dennoch gilt Sané angesichts der riesigen Konkurrenz auf seiner Position beim Weltmeister inzwischen als einer der möglichen Streichkandidaten für die Reise nach Russland.

Neue Rolle oder neues System?

Will der Offensivspieler im weiteren Saisonverlauf seine Chancen auf eines der begehrten WM-Tickets erhöhen, wird er sich in Manchester entweder in einer defensiveren Rolle neu erfinden oder auf einen erneuten Systemwechsel Guardiolas hoffen müssen.

"Wie im Film" fühle er sich angesichts seines großartigen Schlussspurts in der Vorsaison, sagte Sané während der Sommerpause gegenüber "DAZN" - momentan ist das allerdings eher ein schlechter Film.

Tobias Knoop