15.11.2017 13:24 Uhr

"Exil"-Trainer zwischen Abstiegsangst und Titelträumen

Winfried Schäfer ist zurzeit Trainer beim iranischen Top-Klub Esteghlal
Winfried Schäfer ist zurzeit Trainer beim iranischen Top-Klub Esteghlal

Deutsche Trainer sind international gefragt, verkörpern sie doch das Fußball-Knowhow des viermaligen Weltmeisters. Doch wie schlagen sich die deutschen Fußballlehrer im Ausland? Ein Überblick.

Abseits von Star-Trainern wie Jürgen Klopp und außerhalb Europas arbeiten viele deutsche Trainer in kleineren Ligen im Ausland. Einer von ihnen ist Winfried Schäfer.

Nach zwölf überaus erfolgreichen Jahren beim KSC und zwei weniger erfreulichen Engagements beim VfB Stuttgart und Tennis Borussia Berlin zog es "Winnie" in die weite Welt hinaus. 2002 wurde er Nationaltrainer Kameruns, Stationen in den Vereinigte Arabischen Emiraten, Aserbaidschan und Thailand folgten.

Im Sommer 2013 übernahm der Blondschopf die Nationalmannschaft Jamaikas. Seine Amtszeit auf der Karibikinsel endete jedoch abrupt. Nach der verpassten Qualifikation für die WM 2018 soll Schäfer das Kabel aus der Kamera eines jamaikanischen Journalisten gezogen haben, woraufhin er suspendiert wurde.

Persien statt Inselparadies

Seit Oktober 2017 trainiert der Weltenbummler den iranischen Erstligisten Esteghlal aus Teheran. "Zuhause nur die Spülmaschine auszuräumen, das wäre nichts für mich", verkündete der 67-Jährige bei der Vertragsunterschrift: "Das ist ein riesiger Verein, wie Schalke 04 oder Borussia Dortmund in der Bundesliga."

Trotz aller Euphorie verlief Schäfers Einstand aber nicht nach Plan. Nach einer 0:1-Niederlage im Prestige-Derby gegen Lokalrivalen Persepolis geriet der Deutsche nur wenige Wochen nach Dienstantritt unter Druck. Er habe ein "krankes Team" übernommen und nun viel Arbeit vor sich, erklärte er der Tageszeitung "Hamshahri". Als nächstes wolle Schäfer den junge Spielern das Kombinations- und Kurzpassspiel beibringen.

Damit sollte sich der Übungsleiter beeilen. Esteghlal rangiert derzeit nur knapp über dem Abstiegsbereich – viel zu wenig für den Großklub aus der iranischen Hauptstadt.

Drei Deutsche in Fernost

Felix Magath steht bereits seit Sommer 2016 bei Shandong Luneng, dem Team aus der Millionen-Stadt Jinan, unter Vertrag. Dort arbeitet er mit dem ehemalige Freiburger Torjäger Papiss Demba Cissé und Junmin Hao zusammen, den Magath 2010 nach Schalke geholt hatte. In der gerade abgelaufenen Saison lief "Quälix" mit seinem Team auf Rang sechs ein und steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr immerhin um acht Plätze.

Auch Ex-Bayer-Coach Roger Schmidt wechselte zur Rückrunde der Saison 2017 in die Chinese Super League. Beim Hauptstadtklub Beijing Guoan wurde der 50-Jährige mit warmen Worten empfangen: "Roger Schmidt ist ein hervorstechendes Beispiel für aufstrebende deutsche Trainer", hieß es in der Pressemitteilung des Vereins. 

Trotzdem landeten die Pekinger nur auf Platz neun – ihre schlechteste Platzierung seit Bestehen der Liga. 

Noch schlechter lief es für Tianjin Teda. Der Klub von Uli Stielike beendete die Saison als Viertletzter. Dass das Team aus der 14-Millionen-Einwohner-Metropole nicht noch schlechter da steht, liegt wohl auch an dem Deutschen.

Nachdem er im September sein Amt antrat, gewann Tianjin fünf der letzten sieben Saisonspiele. Das Engagement in China ist für Stielike bereits die elfte Station im Ausland. Vorher arbeitete er in der Schweiz, in Spanien, der Elfenbeinküste, in Katar und in Südkorea.

Ex-Fortune greift Down Under nach dem Titel

Noch weiter gen Osten zog es Marco Kurz. Nach Stationen in der Bundesliga – zuletzt bei Fortuna Düsseldorf – heuerte der ehemalige 1860-Profi im Juni beim australischen Erstligisten Adelaide United an.

"Das ist ein wichtiger erster Schritt, um Adelaide zurück an die Spitze der A-League zu führen", erklärte Sportdirektor Ante Kovacevic die Verpflichtung. Helfen sollen Kurz dabei mit Karim Matmour und Daniel Adlung zwei alte Bekannte aus Deutschland.

Der Start in die neue Spielzeit verlief trotz der neuen Einflüsse aus dem Land des Weltmeisters durchwachsen. Nach sechs Spielen steht United mit nur einem Sieg und fünf Punkten auf dem drittletzten Tabellenplatz. Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung: Unter Kurz zog Adelaide zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren in das Pokalfinale ein. Dort könnte der Coach nach der Meisterschaft mit dem BVB (1995) und dem UEFA-Pokal-Sieg mit dem FC Schalke (1997) den dritten Titel seiner Laufbahn holen.

Von Norwegen nach England

Uwe Röslers Spielerkarriere endete tragisch. Im Alter von 34 Jahren und im Dienste des norwegischen Erstligisten Lillestrøm SK zwang ihn eine Krebserkrankung 2002 zum Aufhören. Er blieb in Norwegen und übernahm 2004 das Traineramt bei seinem Ex-Klub. 2011 ging der Thüringer nach England. 

In der Saison 2013/14 gewann er mit dem Premier-League-Absteiger Wigan Athletic sensationell den FA Cup gegen die Übermannschaft Manchester City. Ausgerechnet City könnte man sagen, denn von 1994 bis 1998 war Rösler für die Citizens als Spieler aktiv.

Aktuell ist Rösler für die sportlichen Geschicke von Fleetwood Town in der drittklassigen League One verantwortlich. Nachdem man die letzte Saison als Liga-Vierter beendete und den Aufstieg in den Playoffs verpasste, steht der Verein aktuell auf Platz neun. Die Playoff-Plätze sind aber dennoch nicht außer Reichweite. Mit 25 Punkten haben die "Fishermen" nur einen Punkt Rückstand auf Rang sechs.

Sebastian Ernst