24.11.2017 10:59 Uhr

Meinung: "BVB wird vor Ehrfurcht erstarren"

Das Revierderby elektrisiert den Pott
Das Revierderby elektrisiert den Pott

Am Samstag steigt das 126. Revierderby in der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04. Der BVB ist in der Krise, Schalke schwimmt auf der Erfolgswelle - eine klare Sache für die Knappen? Zwei Redakteure, zwei Meinungen.

Warum der BVB das Derby auf jeden Fall verliert

Klar, das Derby unterliegt seinen eigenen Gesetzen, ist bekanntermaßen kein Spiel wie jedes andere und hat seinen ganz eigenen Charakter. Die sportliche Talfahrt des BVB lässt sich dennoch einfach nicht ausklammern.

Fünf sieglose Spiele in Serie, reihenweise Patzer und eine wahre Gegentorflut lassen sich nicht mit einem Handstreich aus den Köpfen der Schwarzgelben verbannen. Zwar betonte Borussen-Coach Peter Bosz artig, das Derby sei das Beste, was dem BVB passieren könne. Der Niederländer konnte aber auch nicht verbergen, dass der Druck gewaltig ist - nicht zuletzt für ihn selbst: "Ich weiß, es ist wichtig, dass wir gegen Schalke gewinnen - auch für meine Position."

Auf königsblauer Seite kann man dem prestigeträchtigen Vergleich hingegen deutlich gelassener ins Auge schauen - soweit das bei einem Derby möglich ist. Auch ohne den ganz großen Hurra-Fußball auf den Rasen zu zaubern, schwimmen die Knappen unter Trainer Domenico Tedesco aktuell auf einer Welle des Erfolgs. Größtes Pfund dabei: eine starke Defensive.

Daran, dass auch die Einstellung stimmt, lassen zumindest die Worte von S04-Keeper Ralf Fährmann keine Zweifel: "Entscheidend ist nicht nur, wie breit die Brust aktuell ist, sondern vor allem auch, wie sehr das Herz darunter brennt. Und unser Herz brennt."

Kurzum: Der Spielverlauf ist vorhersehbarer als Stau am ersten Ferienwochenende. Vor heimischer Kulisse wird der sportlich angeschlagene BVB auf Teufel komm' raus Wiedergutmachung betreiben wollen, durchaus druckvoll aus der Kabine kommen, einmal mehr ebenso bedingungs- wie kopflos mit Mann und Maus nach vorne stürmen, um dann den gefürchteten Konter zu kassieren und vor Ehrfurcht zu erstarren.

Marc Affeldt

Warum Schalke im Derby nicht favorisiert ist

Für den Großteil der Fußballfans steht der Ausgang des Derbys schon fest. 50 Prozent der Befragten tippten im "kicker" auf den FC Schalke 04 als Sieger, lediglich 30 Prozent sahen den BVB vorne.

Den Königsblauen aufgrund gegensätzlicher Formkurven die Favoritenrolle zuzusprechen, klingt plausibel – ist es aber nicht. Denn um die offenkundigen Defizite des kriselnden Erzrivalen auszunutzen, bedarf es spielerischer Mittel, die in den letzten Wochen im Tedesco-Team nur selten aufblitzten.

Analysiert man die jüngste Pleitenserie der Borussia, fällt bei vielen Gegentoren ein Muster auf. Die Elf von Peter Bosz wirkte immer dann verwundbar, wenn der Gegner nach einem Ballgewinn die riskant verteidigende BVB-Abwehr mit schnellem Umschaltspiel überrumpelte. Eben dort liegt aber das Schalker Grundproblem für das Derby.

Der S04 verfügt in der Offensive nicht über das Personal, um die taktischen Defizite der Dortmunder auszunutzen. Den gesetzten Stürmern Guido Burgstaller und Franco di Santo fehlt es schlicht an der nötigen Schnelligkeit, um die Kontergelegenheiten, die sich ihnen bieten werden, zu nutzen.

Was bedeutet das für den Ausgang des Derbys? Die neutralen Fußballfans können sich auf ein spannendes, aber wahrscheinlich wenig attraktives Spiel einstellen, in dem beide Teams das Risiko scheuen. Deshalb sollte es niemanden wundern, wenn es in der neuesten Auflage des ewig jungen Duells am Ende wie so oft in den letzten Jahren keinen Sieger gibt.

Ralf Amshove