15.03.2018 12:03 Uhr

Brisante FIFA-Sitzung steigt in Bogota

Die FIFA tagt in Kolumbien
Die FIFA tagt in Kolumbien

DFB-Präsident Reinhard Grindel und das FIFA-Council haben am Freitag in Bogota alle Hände voll zu tun. Nicht nur über den Videobeweis, sondern auch über die Nations League und die englisch-russische Krise wird diskutiert werden.

DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte schon leichtere Dienstreisen. Der Giftanschlag in England samt drohendem WM-Boykott, das "Trump"-Dilemma der USA, der Streit um die Zukunft von Nations League und Klub-WM - nach seinen rund 9100 Flugkilometern geht es für den früheren Bundestagsabgeordneten bei der FIFA-Council-Sitzung am Freitag in Bogota/Kolumbien längst nicht mehr "nur" um den Videobeweis.

Dass die umstrittene Technik bei der WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli) zum Einsatz kommt, ist schließlich nur noch Formsache. FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte sich schon zu weit aus dem Fenster gelehnt, als dass sich die 36 anderen Council-Mitglieder doch noch gegen den "VAR" (Video Assistant Referee) entscheiden könnten.

Grindel sitzt zwischen den Stühlen

"Wir leben in einer digitalen Ära und können die Augen vor solchen Neuerungen nicht mehr verschließen", sagte Infantino: "Bei der WM können wir es uns nicht leisten, dass ein potenzieller Schiedsrichter-Fehler gravierende Folgen hat." Die (leisen) Bedenken aus Deutschland wegen der kurzen Einarbeitungszeit für die Schiedsrichter aus aller Welt wird der Schweizer zu zerstreuen wissen.

Deutlich hitziger wird über die Klub-WM und Nations League diskutiert werden. Die beiden Wettbewerbe stehen stellvertretend für die Spannungen zwischen der FIFA und der Europäischen Fußball-Union (UEFA) - und für die Bedenken der Fans, dass sich der Fußball immer mehr von der Basis entfremdet. Grindel sitzt zwischen den Stühlen.

FIFA vs UEFA

Infantino will die Klub-WM ausweiten, statt sieben sollen mindestens 24 Mannschaften mitspielen. Die UEFA plant dagegen, ihre im September startende, ursprünglich nur europaweite Nationenliga weltweit auszutragen. Beides zusammen wird nicht funktionieren.

"Schamlos und aggressiv" findet Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die jeweiligen Strategien, die "die Gesundheit der Spieler gefährden" würden. FIFA und UEFA sollten ihre Rechnung "nicht ohne die Klubs" machen. Im Weltverband sitzt die einflussreiche Klub-Vereinigung ECA aber (noch) nicht mit am Tisch.

Bewerbungsfrist endet am Freitag

Dafür kommen im Agora-Kongresszentrum gleich mehrere Konfliktparteien zusammen. Zum einen sitzen Sunil Gulati (USA) und Victor Montagliani (Kanada) den sechs Council-Mitgliedern aus Afrika gegenüber, deren Verbände bei der Vergabe der WM 2026 durch den FIFA-Kongress am 13. Juni in Moskau für Marokko stimmen werden - und nicht für den Verbund aus den USA, Mexiko und Kanada, der schwer mit den Äußerungen von US-Präsident Donald Trump zu kämpfen hat.

"Will derzeit irgendjemand auf der Welt den USA etwas Gutes tun?", fragte "ESPN" zuletzt mit Blick auf die fragwürdige US-Politik. Am Freitag müssen die Bewerbungsunterlagen komplett vorliegen. Vor ein paar Monaten schien das Rennen klar zugunsten der Nord- und Mittelamerikaner gelaufen zu sein. Doch Marokko hat kräftig aufgeholt - trotz der objektiv klar schlechteren Voraussetzungen in dem nordafrikanischen Land.

Zoff zwischen England und Russland

Zum anderen wird sich Englands Verbandschef David Gill mit Russlands WM-Organisator Alexej Sorokin arrangieren müssen. Nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in Salisbury herrscht zwischen den beiden Nationen politische Eiszeit. Sogar ein WM-Boykott stand kurzzeitig im Raum. Die britische Premierministerin Theresa May hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass weder Regierungsmitglieder noch Vertreter des Königshauses zur Endrunde fliegen werden.

Die englische FA teilte mit, weiterhin "eng mit der Regierung und den zuständigen Behörden" zusammenzuarbeiten. "Als Standardprozedur" werden Reisehinweise vom Auswärtigen Amt eingeholt. Präsident des englischen Verbandes ist Prinz William.