13.04.2018 14:51 Uhr

"Bei uns gibt's keine besondere Hierarchie"

Admira-Leistungsträger Lukas Grozurek spielt eine bärenstarke Saison
Admira-Leistungsträger Lukas Grozurek spielt eine bärenstarke Saison

Lukas Grozurek erklärt im Interview den Erfolgslauf der Admira, spricht offen aus, warum er bei Rapid gescheitert ist und bedankt sich mit einer Ode an Ernst Baumeister für die Freiheiten, die ihm der Trainer gewährt.

Christoph Knasmüllner ist seit Winter weg, Maximilian Sax, Markus Wostry und Markus Lackner gehen im Sommer und die beiden Ersteren sind auch erst seit Kurzem wieder zurück im Team. Dem Erfolgslauf der Admira hat alle Abwesenheit ihrer Leistungsträger keinen Abbruch getan.

Wohl auch, weil einer in dieser Saison besonders konstant und vor allem stark performt: Lukas Grozurek geigt in der Form seines Lebens, ist endlich verletzungsfrei und sorgt mit Traumtoren für Begeisterung in der Südstadt und weit über deren Grenzen hinaus.

Höchste Zeit, sich mit dem 26-jährigen Instinktfußballer näher auseinanderzusetzen. weltfussball hat den hochveranlagten Offensivmann, der einst über den Sportclub zu Rapid gekommen war, zum Interview gebeten und Interessantes über das Erfolgsgeheimnis der Admira, seine Wandlung vom schlampigen Talent zum Vollprofi und den Spielerflüsterer Ernst Baumeister erfahren.

weltfussball: Lukas, der Frühling erstrahlt endlich in voller Blüte, die Admira ist auf Europacupkurs und du selbst spielst eine überragende Saison. Wie darf man sich die Stimmung bei euch im Training derzeit vorstellen?

Lukas Grozurek: Natürlich überragend! Es läuft richtig gut, jeder freut sich aufs Training, in der Kabine rennt der Schmäh. Wir haben momentan einen Riesenspaß und jeder versteht sich mit jedem großartig.

Die positive Stimmung kommt durch den Erfolg. Geht man davon aus, dass sich der Cupsieger auch über die Liga für das internationale Geschäft qualifizieren wird, liegt ihr voll auf Europacupkurs. Was ist das Geheimnis eurer starken Saison?

Ich denke einfach, dass wir richtig viel Qualität haben. Wir sind zwar eine sehr junge Mannschaft, aber die Älteren wissen, wie sie mit den Jungen umgehen müssen.

Du bist 26. Bei euch musst du dich auch schon zu den Älteren zählen.

Absolut! Ich bin meistens der Drittälteste in der Startelf. Ein Wahnsinn! Da fühlst du dich schon richtig alt (lacht). Aber im Ernst: Wir haben eine sehr gute Mischung in der Mannschaft. Sehr gute junge Spieler, die auch auf die älteren hören. Das ist wichtig. Bei uns gibt's auch keine besondere Hierarchie. Wir sind einfach ein Team und das macht uns so stark.

Es kann also - unabhängig vom Alter - jeder jedes Thema ansprechen und es wird auf ihn gehört.

So ist es und das traut sich auch jeder. Unsere "Alten" - Thomas Ebner, Markus Lackner, Stephan Zwierschitz und ich - machen es den Jungen auch einfach, auf uns zuzukommen. Wir haben ein super Verhältnis zueinander und das ist für unsere Jungen, glaube ich, sehr angenehm.

Die Admira zaubert immer wieder neue Talente hervor. Wenn bei anderen Klubs zwei Stammspieler fehlen, werden diese Ausfälle im Falle eines Misserfolgs als Mitgrund dafür genannt. Bei euch fielen mit Max Sax und Markus Wostry zwei Leistungsträger länger aus und ihr habt trotzdem erfolgreich weitergespielt. Wie ist das zu erklären?

Puh, gute Frage... Ich glaube, das liegt am Kollektiv. Bei uns ist nichts von nur einem Spieler abhängig. Wir haben keinen, den du nicht ersetzen kannst. Natürlich gibt es ein paar Leistungsträger und wenn es einmal zu viele Ausfälle sind, kann es auch schiefgehen. Wie zum Beispiel gegen den LASK (0:1, Anm.), als einige noch dazu auf für sie ungewohnten Positionen spielen mussten. Aber gegen Altach hat man wieder gesehen, dass wir eine enorme Qualität haben. Dann können wir auch von der Bank jemanden bringen, der noch einmal richtig Dampf macht.

Ein Erfolgsfaktor ist sicher auch der Trainer, der einmal in einem Interview gemeint hat: "Das Einfache ist schon kompliziert genug." Ist Ernst Baumeister die Antithese zu den vielzitierten Konzepttrainern, der zeigt, dass das Beherrschen der Sprache der Spieler nach wie vor nicht zu unterschätzen ist?

Das kann man wohl so sagen. Ich denke, es ist 50:50. Sicher muss ein Trainer der Mannschaft taktisch vieles mitgeben, das macht er bei uns mit Co Michael Horvath richtig gut. Aber es ist genauso wichtig, wie du mit den Spielern umgehst. Baumeister weiß genau, wie er jeden einzelnen anpacken muss. Ohne ihn hätte ich nicht so eine Saison gespielt. Für mich ist er ein ganz entscheidender Faktor.

Was hat Ernst Baumeister bei dir gemacht, dass du so explodiert bist?

Er weiß eben genau, wie er mit mir umgehen muss. Er weiß, was er von mir erwarten kann und lässt mich mein Spiel spielen. Er verlangt von mir nicht, dass ich ohne Ende zurückarbeite, weil er weiß, dass das nicht meines ist. Nur muss dann nach vorne auch etwas kommen. Natürlich unterstütze ich auch meinen Hintermann, aber meine Stärken liegen in der Offensive. Das weiß der Trainer und er verzeiht mir den einen oder anderen Meter, den ich nicht nach hinten mache und den mir andere Trainer in der Vergangenheit vielleicht nicht verziehen haben.

Bei so vielen Freiheiten, muss man als Spieler dann auch liefern.

Genau. Von meinen bis jetzt neun Toren in der Meisterschaft sind mir einige in der Schlussphase gelungen. Bei anderen Trainern wäre ich zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich gar nicht mehr auf dem Platz gewesen, weil sie mich vorher ausgetauscht hätten. Baumeister weiß, was er an mir hat und was er von mir erwarten kann. Es passt einfach zwischen uns beiden.

Bei Rapid galtest du damals als großes Talent, der Durchbruch blieb dir dort allerdings verwehrt. Was waren aus deiner Sicht die Gründe dafür?

Das lag zu 99 Prozent am Kopf, da werfe ich niemand anderem etwas vor. Es war ganz alleine mein Fehler, dass ich dort gescheitert bin. Vielleicht war ich noch nicht bereit, noch nicht reif genug für Rapid. Der Lebenswandel war nicht der beste und auch auf dem Platz war es zu wenig. Aus jetziger Sicht kann ich mich mit damals überhaupt nicht mehr vergleichen. Heute würde ich mir das zutrauen. Dass ich die Qualität dazu habe, davon bin ich überzeugt.

Wann war für dich der ausschlaggebende Moment, an dem du umgedacht hast?

Den einen Moment gab es eigentlich nicht. Irgendwann kam die Zeit, wo ich dachte: Du bist ja nicht schlechter als andere. Wieso spielst du nicht mehr dort? Wieso ist es sich bei dir nicht ausgegangen? Da beginnst du, Lebenswandel und Einstellung zu überdenken. Es geht um Kleinigkeiten. Du machst abseits des Platzes mehr, gehst früher schlafen, frühstückst besser.

Welche Erinnerungen hast du an deinen Abschied von Rapid?

Ich hab' irgendwann gemerkt, dass es sich dort für mich nicht mehr ausgehen wird und ich einen Neustart brauche. Rapid legte mir zum Glück keine Steine in den Weg und ich konnte zur Admira gehen. Hier lief es am Anfang ja auch nicht optimal, als wir gegen den Abstieg spielten. In der zweiten Saison war ich dann öfter verletzt und jetzt ist die erste Saison, in der ich komplett fit bin und durchspielen kann.

Von der Gegenwart in die Zukunft: Hast du dir schon Gedanken über einen möglichen nächsten Schritt gemacht? Einige wichtige Spieler werden die Admira verlassen. Ist es für dich entscheidend, dass der Klub wieder eine schlagkräftige Mannschaft für die nächste Saison zusammenstellt?

Sicher schaut man, wer kommt und wer geht, aber ich habe mich mit der nächsten Saison überhaupt noch nicht befasst.

Aber man hat einen Karriereplan. Du bist mit 26 Jahren im besten Fußballeralter, spielst eine bärenstarke Saison. Ist für dich das Ausland mehr Thema oder möchtest du in Österreich bleiben?

Wie gesagt, ich hab' mir darüber noch keine konkreten Gedanken gemacht.

Hast du eine Lieblingsliga?

Ich schaue mir am liebsten die englische Liga an, wobei ich gleich dazusagen muss, dass das wahrscheinlich nicht unbedingt meine Liga wäre. Zum Anschauen ist die Premier League aber richtig cool. Wenn ich mir eine Liga aussuchen könnte, dann wahrscheinlich Spanien oder Italien. Mich hat aber auch immer die Niederlande interessiert, mit ihrem Offensivfußball. Auch die Schweiz ist interessant, wenn du bei einem guten Verein bist. Und Deutschland natürlich sowieso immer.

David Mayr