25.05.2018 11:32 Uhr

Champions League: Darum holt Liverpool den Pokal

Mohamed Salah und der FC Liverpool bitten Real im CL-Finale zum Tanz
Mohamed Salah und der FC Liverpool bitten Real im CL-Finale zum Tanz

Am Samstag kommt es im Olympiastadion in Kiew zum ultimativen Showdown in der Fußball-Champions-League zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid. Die Chancen? Stehen 50:50. Die Erfahrung spricht zwar ganz klar für Real, dennoch gibt es genügend Gründe, warum am Ende der FC Liverpool jubeln wird. 

  • Das Rekord-Trio

Die Offensive des FC Liverpool hat in diesem Jahr neue Maßstäbe gesetzt. Mit 29 Toren (!) stellte das Trio Salah/Firmino/Mané in der laufenden Champions-League-Saison einen Rekord auf und löste den "BBC"-Sturm Reals (28 Tore in der Saison 2013/14) an der Spitze dieser Bestenliste ab.

Sage und schreibe 109 Torschüsse hat das Reds-Gespann in zwölf Spielen abgegeben. Salah traf dabei im Schnitt alle 90 Minuten, Mané ließ es alle 94 Minuten klingeln, Firmino alle 96 Minuten. Einzig Cristiano Ronaldo (traf alle 72 Minuten) kann in dieser Statistik Schritt halten. 

Selbst Toni Kroos sagt mit Blick auf Salah: "Das ist speziell, was er in dieser Saison spielt." Auch CR7 adelt den Ägypter und schwärmt: "Salah ist ein völlig anderer Spieler als ich, aber ich muss schon sagen, dass er in der Champions League und Premier League fantastisch war." Thomas Müller spricht sich für den 25-Jährigen gar als neuen Weltfußballer aus.

Vor allem das Duell von Salah gegen Marcelo dürfte Real Kopfzerbrechen bereiten. Der Brasilianer ist in der Defensive immer für einen Stellungsfehler gut. Die hohe Abwehrlinie der Königlichen ist anfällig für schnelles Umschaltspiel, einer Spezialität der Reds und  - vor allem - Mo Salah.

Neben den offensiven Qualitäten zeichnet das LFC-Trio zudem auch die Arbeit gegen den Ball aus. Vor allem Roberto Firmino sticht dabei hervor.

  • Die Euphorie

Für Real Madrid ist das Finale in der Champions League mittlerweile "business as usual". Zum vierten Mal in den letzten fünf Jahren laufen die Königlichen am Samstag auf der größten aller Bühnen auf. Liverpool steht dagegen zum ersten Mal seit elf Jahren im Endspiel. 

Während Real seine Rolle als Nummer eins des europäischen Fußball "nur" festigen kann, hat Liverpool die Chance, einen historischen Lauf zu stoppen und gleichzeitig selbst Geschichte zu schreiben. Ein Anreiz, der Flügel verleihen kann.

"Das ist die größte Chance unseres Lebens. Für einige Spieler wird es die einzige sein", beschreibt Dejan Lovren die Stimmung im Lager des FC Liverpool. Der Hunger, die Gier, die am Ende vielleicht den kleinen Unterschied ausmacht, spricht für die Engländer, die ihr letztes Hemd geben werden, um den Pott auf die Insel zu holen.

  • Der "Klopp-Effekt"

Es gibt nur wenige Trainer auf der Welt, die eine positive Bilanz gegen Real Madrid vorweisen können. Jürgen Klopp ist einer von ihnen (6 Spiele, 3 Siege, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden). Wie der 50-Jährige die Königlichen in der Vergangenheit teilweise entzaubert hat, haben sie in der spanischen Hauptstadt bis heute nicht vergessen.

Anders als viele seiner Kollegen scheut Klopp in den Duellen gegen die Königlichen nicht davor, sein Heil in der Flucht nach vorne zu suchen. Der Ex-BVB-Trainer weiß, wo Real am verwundbarsten ist. In Dortmund hatte er vor allem in den Jahren 2012 und 2013 eine junge, extrem hungrige sowie offensiv- und spielstarke Mannschaft, die einem scheinbar übermächtigen Gegner mit ihrem enormen Einsatz und unbändigen Willen den Zahn zog.

Eine ganz ähnliche Elf hat der Deutsche nun auch in Liverpool beisammen, wobei die Reds des Jahres 2018 ihren schwarz-gelben Pendants in Sachen Erfahrung und offensiver Durchschlagskraft klar voraus sind.

Dazu kommt: Während der BVB unter Klopp besonders im Endspiel 2013 nur den Vollgas-Modus kannte, beherrscht Liverpool neben dem Kloppschen Überfall-Fußball auch die kontrollierte Offensive. Sowohl mit viel als auch mit wenig Ballbesitz wissen sie umzugehen. In den Duellen gegen ManCity hat das Team außerdem gezeigt, dass es geduldig auf seine Chancen warten kann.

  • Die Form

Seit Wochen liefert Real, wenn es drauf ankommt - zumindest Resultate. Das reichte bisher, um hier und da ein Spiel zu gewinnen bzw. die nächste Runde zu erreichen. Irgendwann ist eine solche Serie jedoch zwangsläufig vorbei.

Wenn Ergebnisse die Leistung kaschieren, kommt an einem gewissen Punkt das böse Erwachen. Nicht umsonst ist es sechs Jahre her, dass eine Mannschaft mit reinem Ergebnis-Fußball Champions-League-Sieger wurde (Stichwort: Finale dahoam). Zwar ist Real mindestens eine Klasse besser als der FC Chelsea, die aktuelle Formschwäche ist aber nicht von der Hand zu weisen. 

Schon gegen Juve zitterte sich Madrid eine Runde weiter, gegen den FC Bayern reichte ebenfalls eine mittelmäßige Leistung zum Weiterkommen. Die Münchner versiebten in beiden Halbfinals Dutzende Chancen und scheiterten an sich selbst. Dass Salah, Mané und Firmino ebenso verschwenderisch mit ihren Möglichkeiten umgehen, ist höchst unwahrscheinlich.

Christian Schenzel