20.06.2018 13:43 Uhr

Marco Reus als "Impuls" in der Startelf?

Marco Reus hofft auf einen Startelfeinsatz gegen Schweden
Marco Reus hofft auf einen Startelfeinsatz gegen Schweden

Gegen Mexiko brachte Marco Reus nach seiner Einwechslung frischen Wind. Für das Spiel gegen Schweden drängt er in die Startelf.

Marco Reus spricht mit leiser Stimme. Auf dem Podium des Konferenzsaals im Fünf-Sterne-Hotel Radisson Blu wirkt der Dortmunder neben Teamkollege Thomas Müller ein bisschen schüchtern. Auch als er auf einen Einsatz von Beginn an im wegweisenden WM-Spiel gegen Schweden am Samstag (20:00 Uhr) in Sotschi angesprochen wird, äußert sich Reus zurückhaltend. "Es liegt nicht in meiner Hand. Ich gebe im Training Gas und biete mich an", sagte der 29-Jährige. Ein Lautsprecher klingt anders.

Diese Rolle haben für Reus andere übernommen. Experten und Fans fordern eine Startelfgarantie für den Offensivspieler. "Das bekommt man natürlich grundsätzlich mit. Der Bundestrainer hat sich aber noch nicht festgelegt. Er weiß aber um meine Fähigkeiten", sagte Reus.

Beim WM-Fehlstart gegen Mexiko (0:1) durfte er diese erst nach einer Stunde unter Beweis stellen. Mit seiner Geschwindigkeit und seinen Ideen brachte der immer wieder von Verletzungen geplagte Reus bei seinem WM-Debüt zumindest etwas Schwung ins lahmende deutsche Angriffsspiel. "Alle Einwechslungen waren positiv. Jeder hat sich reingehauen", sagte Kapitän Manuel Neuer. Das gilt besonders für Reus.

Für das Schweden-Spiel in der Olympiastadt von 2014 ist er nun zum Hoffnungsträger avanciert. Reus ist torgefährlich und kann mit seinen teils überraschenden Aktionen mehr Flexibilität ins zuletzt starre Spiel des Weltmeisters bringen. Bei der WM-Generalprobe gegen Saudi-Arabien (2:1) war er einer der wenigen Lichtblicke.

Die Position ist Reus egal

Auch wenn sich Löw offiziell noch nicht entschieden hat, dürfte es daher verwundern, wenn er erneut auf Reus verzichten würde. Er könnte entweder im Angriff für den noch unerfahrenen Timo Werner oder in der offensiven Mittelfeldreihe eingesetzt werden. Dort müssten entweder Mesut Özil oder Julian Draxler weichen.

"Ich hoffe, dass ich zum Einsatz komme und der Mannschaft helfen kann. Die Position ist mir eigentlich egal", sagte Reus, der betonte, dass er "den Ehrgeiz" habe zu spielen: "Sonst wäre ich hier fehl am Platz."

Angesichts seiner langen Liste an Verletzungen kam er bisher nur bei der EM 2012 zum Einsatz. Auch die Anzahl der gewonnenen Titel ist mit dem Pokalsieg 2017 überschaubar. Vor dem WM-Triumph 2014 in Brasilien verletzte er sich ausgerechnet bei der Generalprobe gegen Armenien.

Daher hat Reus große Hoffnungen in die Endrunde in Russland gesetzt. Noch lebt sein Traum vom Titel. Dass er nicht schon am Samstag platzt, dazu will er unbedingt mit Toren in der Startelf beitragen. Öffentlich sagen würde er das aber nie.

Bierhoff erwartet personellen "Impuls"

Auch Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff deutete im ersten WM-"Endspiel" der DFB-Auswahl personelle Veränderungen an. "Natürlich weiß der Jogi, was er an bewährten Spielern hat, aber wir haben natürlich auch aufstrebende, junge Spieler, die das im Confed Cup gezeigt haben. Das muss jetzt genau überlegt werden. Irgendeinen Impuls wird es dann schon geben", sagte Bierhoff am Mittwoch.

Berichte über mögliche Risse im Team nach dem 0:1 zum Auftakt gegen Mexiko wies er vehement zurück. "Das kann ich nur dementieren. Ich sehe keinerlei Konflikte in der Mannschaft. Es gibt immer Spieler, die mehr oder weniger miteinander zusammen sind, aber da sehe ich null Probleme."

Kritik sollte nicht unter die Gürtellinie gehen

Der Europameister von 1996 verwahrte sich zudem gegen Anfeindungen der Nationalspieler. "Der größte Teil der Kritik ist gerechtfertigt, aber ich finde es schade, wenn es unter die Gürtellinie geht wie bei Mesut Özil oder anderen Spielern, die sich um Deutschland verdient gemacht haben. Sie sollten hart und kritisch bewertet werden, aber man sollte nicht zu sehr in Häme gehen", sagte Bierhoff (50).

Gegen Schweden, das sein erstes Spiel 1:0 gegen Südkorea gewonnen hatte, erwartet Bierhoff "kein Hurra-Spiel", sondern einen "harten Kampf, darauf müssen wir uns einstellen". Sollte es schief gehen und die Mannschaft erstmals in einer WM-Vorrunde scheitern, wäre dies "ein Misserfolg. Aber das ändert nichts daran, was wir in den letzten 14 Jahren geleistet haben", betonte Bierhoff.


So lief die DFB-Pressekonferenz mit Thomas Müller, Marco Reus und Oliver Bierhoff:

+++ Marco Reus über seine Leistung +++

"Ich bekomme die Zustimmung mit. Es liegt aber nicht in meiner Hand. Jedes Spiel ist anders. Ich hoffe, dass ich zum Einsatz komme. Wo ich dann spiele, ist mir eigentlich egal. Es muss für die Mannschaft am besten sein."

+++ Thomas Müller über die jungen Spieler +++

"Egal wer am Samstag spielt. Es ist wichtig, dass jeder seine Aufgaben erfüllt. Wir sind jetzt dabei, die Aufgaben noch klarer zu definieren. Wenn die Offensivspieler diese erfüllen, ist jeder in der Lage Tore zu schießen oder vorzubereiten."

+++ Thomas Müller über Leistung +++

"Wir haben leichtfertig gedacht, dass wenn das Turnier losgeht, dass wir dann mit einer Frische und unsere gewohnten Stärke auf dem Platz stehen. Das haben wir falsch eingeschätzt. Doch wir haben ähnliche Fehler begangen wie in den Testspielen. Das Umschaltspiel der Schweden wird nicht so gut sein wie das der Mexikaner."

+++ Thomas Müller über Hector und Plattenhardt +++

"Unsere linke Seite war im Spielaufbau isoliert, weil die Mexikaner das taktisch so wollten. Wie das gegen Schweden sein wird, wird nicht von der Personalie des Spielers abhängen."

+++ Thomas Müller über Gruppen +++

"Wir haben natürlich mehrere Tische. Da sitzen immer wieder Spieler, die privat was miteinander zu tun haben, zusammen. Auch dort bin ich variabel einsetzbar. Grundsätzlich sind wir da flexibel. 2012 hatten wir nicht die beste Chemie. Aber davon ist heute nichts zu spüren."

+++ Marco Reus über Startelfeinsatz +++

"Natürlich spricht man vorher über die Ziele. Ich war lange verletzt und habe langsam meinen Rhythmus gefunden. Für mich war es kein Problem, dass ich auf der Bank saß. Es stand vorher fest."

+++ Thomas Müller über Ballverluste +++

"Ballverluste entstehen, wenn man zu forsch agiert. Die Ursache kann technischer Natur sein aber kann auch durch Übermotivation entstehen. Die Mischung aus Geduld und Zielstrebigkeit ist extrem spannend. Das liegt ganz nah beieinander."

+++ Marco Reus über Ballverluste +++

"Die gemeinsame Sprache ist, weniger Ballverluste im Spielaufbau zu machen. Je weniger Ballverluste, desto besser sehen wir als Team aus."

+++ Thomas Müller über seine Leichtigkeit +++

"Diese Leichtigkeit wird hinterher attestiert. Den Überraschungsmoment kann man nicht trainieren. Das passiert nur, wenn man den Gegner problemlos bespielen kann. Wir machen auch viele Wege, die nicht zu einem Tor führen."

+++ Thomas Müller über seine Leistung+++

"Aus meiner Sicht ist es nciht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Beim Aufwärmen hatte ich noch einen Super-Abschluss. Die Spielweise der Mexikaner hat uns zu oft in Situationen gebracht, in denen die Schwächen der Spieler aufgezeigt wurden. Ich war nicht zufrieden, dass ich nicht zum Abschluss gekommen bin. Da muss ich mich auch hinterfragen, was ich verändern kann."

+++ Thomas Müller über das Mexiko-Spiel+++

"Grundsätzlich muss man sagen, dass das Spiel in den letzten Tagen sehr stark aufgearbeitet wurde. In Deutschland war es schon immer so, dass man das Gefühl hatte, dass man gepusht wird. Aber wir haben eine Angriffsfläche geliefert. Wir werden nie die richtige Antwort finden, sodass alle glücklich sind. Wir sind selbstkritisch genug, um die Situation zu analysieren. Der Druck ist enorm hoch. Wir werden sicherlich nicht die beiden Spiele gewinnen, wenn wir uns jetzt zu zerfleischen. Es bringt nichts die Fehler beim anderen zu suchen. Heute können wir die Fehleranalyse abschließen. Dann können wir wieder positiv nach vorne blicken."

+++ Bierhoff über Watutinki +++

"Ich traue mir schon zu, Dinge einzuschätzen. Ich kenne mich mit den logistischen Dingen aus. Ich glaube, dass es genau der richtige Weg ist. Ich kann mit der Kritik leben."

+++ Bierhoff über die Offensive +++

"Wir haben viele kreative gute Spieler, die die Fähigkeit haben, Löcher in die Abwehr zu reißen. Wir müssen die Wege in die Tiefe gehen. Das haben wir gegen Mexiko vermissen lassen. Die Schnelligkeit dafür haben wir. Trotzdem müssen wir auf Konter achten.

+++ Bierhoff über Führungsspieler +++

"Ich denke, dass von jedem Spieler eine Reaktion kommen wird und jeder weiß, dass wir nicht dass abgerufen haben, was wir leisten können. Die Spieler müssen Ruhe bewahren und ihre Qualitäten einbringen. Das wird von ihnen im nächsten Spiel erwartet."

+++ Bierhoff über Riss in der Mannschaft +++

"Das kann ich nur dementieren. Wir hatten einen schlechten Start und dann wird nach Ursachen gesucht. Ich sehe keine Konflikte innerhalb der Mannschaft."

+++ Bierhoff über Schweden +++

"Sie werden alles dicht machen. Es wird ein ganz hartes Spiel. Wir müssen gewinnen. Das bringt Schweden in eine andere Position. Wir müssen unser Spiel wieder dem Gegner aufdrängen. Wenn wir das einhalten und unsere Qualitäten zeigen, ist nicht so wichtig wie der Gegner spielt. Es wird mit Sicherheit ein zähes Spiel. Wir müssen Geduld haben."

+++ Bierhoff über Löws Festhalten an erfahrenen Spielern +++

"Ich bin auf der Seite der Trainer und der Mannschaft. Auch wenn Jogi den Eindruck erweckt hat, er hölt an Spieler fest, dann nur weil er eine Bestätigung der Spieler erhalten hat. Es ist verkehrt, ein oder zwei Spieler herauszunehmen. Jogi weiß, was er an erfahrenen Spielern hat. Einen Impuls wird es geben."

+++ Bierhoff über mögliche Wechsel +++

"Mehrere Punkte spielen eine Rolle. Es war keine Einstellungsfrage aber wir haben natürlich etwas vermissen lassen. Wir müssen aufpassen, dass es keine Kettenreaktion gibt und dürfen unsere Linie nicht verlieren. Das haben wir angesprochen. Die Trainer werden sich Gedanken machen, dass personell und taktisch passiert."

+++ Bierhoff über Mesut Özil +++

"Ich möchte keine Einzelkritik abgeben. Nach dem Spiel müssen wir mit der Kritik rechnen. Damit können wir umgehen. Der größte Teil der Kritik ist gerechtfertigt. Ich finde es aber schade, wenn es unter die Gürtellinie geht. Es sollte keine Häme geben. Das darf uns aber nicht beschäftigen."

+++ Bierhoff über die neue Umgebung +++

"Wir hatten einen großen Erfolg hier. Licht und Wärme spielen eine gewisse Rolle. Es war schön, hierher zu kommen und war in guter Break. Ich bleibe aber dabei, dass Moskau die richtige Wahl ist. Das Wetter darf einfach keine Rolle spielen."

+++ Bierhoff über die Stimmung im Team +++

"Jeder, der mal in einer Mannschaft gespielt hat weiß, wenn es um eine Aussprache geht, wie wichtig das ist. Wir wollten nicht in die Tagesordnung übergehen, sondern tiefer gehen. Die Spieler sollten sich einbringen. Wichtig war, dass wir das mit der gesamten Truppe gemacht haben. Es hat nicht so geknallt wie vielleicht früher. Aber es war sehr offen und ehrlich. Wir müssen einen guten Mix zwischen Fokussierung und Angespanntheit finden. Ruhe heißt aber nicht Gelassenheit, sondern einen Gewissheit in die eigene Stärke."

+++ Grüppchen-Bildung statt #ZSMMN? +++

Mit dem Hashtag #ZSMMN (zusammen) startete das DFB-Team in die Mission Titelverteidigung. Doch von Teamgeist ist bislang wenig zu spüren. Offenbar sorgt Grüppchen-Bildung in der Mannschaft für Probleme.

+++ Rippenprobleme bei Boateng +++

Trotz leichter Rippenprobleme trainiert Innenverteidiger Jérôme Baotang normal mit.

+++ Bier-Knappheit in Moskau +++

Während wir auf die Spieler warten, erreicht uns eine traurige Nachricht aus Moskau: Den Bar-Besitzern geht das Bier aus. Sie haben wohl nicht mit dem immensen Bier-Durst der ausländischen Fans gerechnet. Wer nicht auf Wodka umsteigen will, ist aufgeschmissen.

+++ Sotschi? Da war doch was +++

Bundestrainer Joachim Löw startete das heutige Training auf einem Platz gegenüber dem WM-Stadion 'Fischt' in praller Sonne. Während der Übungen wurde der Rasen bei Temperaturen um 30 Grad immer wieder bewässert.

Für Löw und 13 seiner WM-Spieler ist es ein bekannter Ort. Schon beim Confed-Cup-Sieg im Vorjahr hatte das deutsche Team auf dem Übungsplatz mit Blick auf einen großen Vergnügungspark in Sotschi trainiert.

+++ Gute Nachrichten +++

Jonas Hector ist nach überstandenem Infekt ins Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zurückgekehrt. Der Kölner Abwehrspieler, der das erste WM-Gruppenspiel verpasst hatte, war heute bei der ersten Übungseinheit des DFB-Teams in Sotschi wie alle anderen 22 WM-Spieler dabei.