29.07.2013 15:34 Uhr

Angerer: Erst Titelgarant, dann Australien-Abenteuer

Torfrau Nadine Angerer hat wesentlich zur Titelverteidigung beigetragen. Foto: Federico Gambarini
Torfrau Nadine Angerer hat wesentlich zur Titelverteidigung beigetragen. Foto: Federico Gambarini

Solna (dpa) - Erst sorgte sie mit zwei gehaltenen Elfmetern im Finale für ein EM-Novum, dann drehte Nadine Angerer auf der Titelparty nochmal richtig auf. Ihrem Verbandschef Wolfgang Niersbach gab die Finalheldin im improvisierten Interview mit «DFB-Radio» gewohnt schlagfertige Antworten.

«Da muss man unseren Torwarttrainer Michael Fuchs kritisieren. Er hat nur gesagt: Halten! Von Festhalten hat er nichts gesagt», konterte die deutsche Fußball-Nationaltorhüterin Niersbachs Einlassung, sie könne ihre Leistung nur noch dadurch steigern, dass sie Strafstöße künftig festhalte.

Doch auch so war Angerer die gefeierte Matchwinnerin und der Mittelpunkt nach dem denkwürdigen Endspiel gegen Norwegen, das die eingewechselte Anja Mittag mit ihrem Siegtreffer zum 1:0 in der 49. Minute entschieden hatte. Das Geheimnis von Angerers drittem Frühling hatte Silvia Neid bereits einige Tage zuvor ausgeplaudert, als beide auf dem Podium saßen. «Sie hat im Winter sechs Kilo abgenommen - darf ich das eigentlich erzählen, Natze?»

Sie durfte, denn das ehrliche und gute Gespräch zwischen der Bundestrainerin und ihrem verlängerten Arm im vergangenen November hat wahrscheinlich die Basis für den achten EM-Triumph der deutschen Fußballerinnen gelegt, die im gesamten Turnier nur einen Gegentreffer kassierten. «Wir haben erkannt: Die Fitness ist das A und O. Im Februar hat sie mir dann eine SMS geschickt und geschrieben, dass sie sechs Kilo abgenommen hat. Ich habe sie aber nicht selbst gewogen», scherzte Neid am Sonntagabend in Solna.

«Mir ist sowas noch nicht passiert. Es war fantastisch», meinte die 34 Jahre alte Angerer nach den zwei artistisch gehaltenen Strafstößen gegen Trine Rønning (29.) und Solveig Gulbrandsen (61.). Zwar hatte sie sich gemeinsam mit Fuchs am Morgen das Elfmeterschießen der Norwegerinnen im Halbfinale gegen Dänemark angeschaut. «Aber letztlich weißt du doch nie, wo sie wirklich hinschießen. Es ist ein Psychospiel. Letztlich reagiere ich dann immer intuitiv. Manchmal hat man Glück, manchmal eben nicht.»

Torwarttrainer Fuchs, der nach der EM durch Klaus Thomforde abgelöst wird, verriet, dass zumindest die zweite Parade gegen Gulbrandsen «erarbeitet» sei. Angerer sollte Norwegens Spielführerin, die gern den Anlauf verzögert, eine Ecke anbieten und dann in die andere springen. «Zum Glück habe ich den zweiten Elfer auch gehalten», meinte Angerer.

Noch während der Pressekonferenz wurde sie von den Mitspielerinnen gefeiert. «Kindergarten hat Ausgang», sagte die «Mutter der Kompanie» betont «verächtlich», als draußen vor der Tür in der Interviewzone plötzlich Triumphgesänge zu hören waren. Dann enterten ihre Teamkolleginnen die Medienrunde und ließen ihre «Chefin» mit «Super Natze, hey hey hey»-Gesängen hochleben.

Das Lied könnte noch zum Klassiker werden, denn der Spaßvogel der Truppe hat nicht vor, die Torwarthandschuhe so bald in die Ecke zu legen. «Mein Plan ist, noch ein wenig weiter zu machen, auch in der Nationalmannschaft», sagte Angerer, die in einigen Wochen ihr Australien-Abenteuer bei Brisbane Roar beginnt. Im kommenden Frühjahr wechselt sie dann für eine Saison in die US-Profiliga. Niersbach hatte die passende Retourkutsche parat: «Das wird für den DFB aber teuer, wenn du weiter in der Nationalmannschaft spielst.»