15.06.2004 21:00 Uhr

Auftakt in der Todesgruppe

Am späten Nachmittag kommt es zur ersten Begegnung in der "deutschen" Gruppe D zwischen Geheimtipp Tschechien und dem krassen Außenseiter aus Lettland. Für das Team von Coach Karel Brückner geht es gleich im ersten Spiel um mehr als nur eine Standortbestimmung - drei Punkte sind fest eingeplant, um entspannt in die Top-Duelle gegen Deutschland und die Niederlande gehen zu können.

Die Tschechen setzen ihre Erwartungen vor allem in ihre international erfahrene Offensive, die mit Stars wie Nedved und dem Borussen Rosicky überdurchschnittlich gut besetzt ist. Trotzdem weiß Brückner um die Wichtigkeit des Mannschaftsspiels: Durch die Vielzahl von Individualisten soll die Qualität des Teams allgemein gestärkt werden. Deshalb sollen auch Ausnahmekönner wie Pavel Nedved ihre Fähigkeiten uneingeschränkt in den Dienst der Mannschaft stellen.

Brückner: "Mit Respekt und Demut zum Erfolg"

Tschechien wird mit großer Sicherheit in der 4-4-2 Formation spielen, mit der man schon in der erfolgreichen EM-Qualifikation (keine Niederlage) den Grundstein für die Endrunde in Portugal gelegt hat. Dabei setzt Brückner vor allem auf ein diszipliniertes Spiel, dessen Mittelpunkt das kongeniale Duo Rosicky / Nedved bilden. Anders als in früheren Tagen steht für den Trainer jedoch auch der Respekt vor dem Gegner im Vordergrund: "Nur mit Respekt und Demut können wir zu unserem Erfolg kommen", drückt der erfahrene Brückner (64) in diplomatischer Manier die Mannschaftssituation aus. Helfen sollen dabei auch und vor allem die Flügelspieler Jankulovski und Grygera, die offensiv wie defensiv einsetzbar sind und durch ihre Fähigkeiten zu einem erfolgreichen Spielaufbau beitragen sollen.

Vorne ragt, nicht nur aufgrund seiner Länge, der Dortmunder Jan Koller heraus, der entweder als einzige echte Spitze (wenn Smicer als hängende Spitze agiert) spielt, oder mit dem Jungstar Milan Baros das Sturmduo bildet. Angesichts des Gegners wird Brückner wahrscheinlich mit zwei echten Angreifern, also Koller und Baros beginnen. Unklarheit besteht bis jetzt im Übrigen nur auf der Innenverteidigerposition, wo sich Bolf und Hübschmann ein Duell um den verbliebenen Platz neben dem HSVer Ujfalusi streiten.

Lettland strotzt vor Zuversicht und setzt auf Konter

Die "Familie", wie Trainer Starkovs seine Schützlinge unlängst bezeichnete, geht äußerlich entspannt in das erste Gruppenspiel gegen Tschechien. Als Außenseiter haben die Letten gegen einen der Favoriten auf den EM-Titel nichts zu verlieren und setzen zunächst auf die Defensive und eine kompakte Mannschaftsleistung. Weiterhin vertraut die Mannschaft auf ihren Teamgeist, der sie schon die Qualifikationsspiele gegen die Türkei hat überstehen lassen.

Starkovs wird auch im ersten Spiel gegen die Tschechen auf das bewährte 4-4-2 mit deutlich defensivem Charakter vertrauen. Dabei sollen sich die beiden Viererketten verschieben und sich auf das "totale" Offensivspiel des Gegners einstellen. Sogar die Stürmer um Nationalheld Verpakovskis sollen sich am druckvollen Verteidigungsspiel beteiligen, um den Spielaufbau von Nedved & Co. frühzeitig zu stören.

Wichtigstes Mittel ist ohne Frage das Konterspiel, welches auf die schnellen Offensivkräfte wie Pahars oder Rubins auf der linken Seite zugeschnitten ist. Weiterhin setzen die Letten auf die Eingespieltheit des Teams, das in den letzten Monaten fast durchgehend in der gleichen Formation gespielt hat. Ein sicherer Rückhalt ist seit längerer Zeit auch Torwart Aleksandrs Kolinko, der das Spiel seiner Vorderleute von Hinten mit lenkt.

Top-Favorit gegen Außenseiter

Man darf vor dem Hintergrund so mancher bisheriger Überraschung bei der EM 2004 (siehe Griechenland) sicherlich gespannt sein, zu welchen Taten die Letten heute bereit sind, beziehungsweise welche ihnen von den Tschechen eingeräumt werden. Für Tschechien ist alles andere als ein Sieg vor den "Endspielen" gegen Deutschland und Holland eine derbe Enttäuschung, während ihr Gegner entspannt in die Partie starten kann. Die Devise der Letten kann nur lauten, befreit aufzuspielen und sich vor großem Publikum für höhere Aufgaben im europäischen Ausland zu empfehlen.