19.11.2013 12:38 Uhr

Relegations-Historie: Von Handspielen und Fußtritten

Frankreich benötigt am Dienstagabend ein kleines Wunder gegen die Ukraine, um eine historische Blamage abzuwenden. Im vorletzten Turnier noch Vize-Weltmeister, könnte die "Grande Nation" trotz vieler internationaler Stars in Brasilien zum Zuschauen verdammt sein. Es wäre wohl die bislang größte Überraschung der WM-Relegationsgeschichte. weltfussball blickt vor den entscheidenden Playoff-Rückspielen auf die denkwürdigsten Momente bisheriger WM-Ausscheidungen zurück.

WM-Relegationsspiele gibt es bereits seit 1958. Meist gab es ein oder zwei Spiele von Mannschaften unterschiedlicher Kontinentalverbände, doch erst mit der Aufstockung der WM-Teilnehmer auf 32 Mannschaften zur WM 1998 gewannen die Ausscheidungsspiele an Bedeutung. Nach Abschluss der regulären kontinentalen Qualifikationsrunden ermitteln sie inzwischen ganze sechs Teilnehmer.

Mit Hand und Fuß zur WM

Allerdings ging es bislang nicht immer gerecht zu. Die Iren wissen davon ein Lied zu singen: Im Rückspiel der Playoff-Partien gegen Frankreich 2009 wurde ihre 1:0-Führung im Stade de France in der Verlängerung erst durch ein irreguläres Tor ausgeglichen. Thierry Henry nahm den Ball im Strafraum deutlich mit der Hand mit und bereitete daraufhin das 1:1 durch William Gallas vor.

Der Schiedsrichter sah die Regelwidrigkeit nicht und hielt es trotz wütender irischer Proteste nicht für nötig, Henry nach dem Treffer zur Rede zu stellen. Der Weltmeister von 1998, der bis dahin als Saubermann und Vorzeige-Kapitän gegolten hatte, sah sich plötzlich übelsten Beschimpfungen ausgesetzt. Und das, obwohl er sein Handspiel im Nachhinein zugab: „Ich will ehrlich sein: Es war Handspiel. Aber ich bin nicht der Schiedsrichter. Er entscheidet, ob weitergespielt wird oder nicht.“

Gewalt unter Spielern

Dass auch ein regulärer sportlicher Wettkampf zu einem Skandal führen kann, zeigte sich bereits vier Jahre vorher beim Rückspiel Türkei vs. Schweiz. Bereits vor der Partie wurden die Eidgenossen von heißblütigen türkischen Fans mit Schmährufen am Istanbuler Flughafen empfangen. Nach 90 Minuten Fußballkrimi und einem 4:2 der Türkei, das der schweizer "Nati" zur Qualifikation ausreichte, kochten die Emotionen auch auf dem Platz über.

Nach dem Abpfiff feierten die Schweizer nicht, sondern flüchteten rasch vor der giftigen Atmosphäre im Sükrü Saracoglu-Stadion in die Katakomben. Noch vor dem Kabinengang gingen einige Spieler aufeinander los: Der seinerzeit beim 1. FC Köln unter Vertrag stehende Alpay verpasste seinem späteren Teamkollegen Marco Streller einen wüsten Tritt, Benjamin Huggel nahm Alpay daraufhin in den Schwitzkasten. Stephane Grichting musste mit Unterleibsverletzungen ins Krankenhaus. Es waren wilde Szenen, die fast zum Ausschluss der Türkei von der nächsten WM-Quali geführt hätten.

Der Underdog aus Down Under

Sportlich sauber und ohne böses Blut ging die bisher größte Überraschung einer WM-Relegation über die Bühne. Australien, das bis dahin erst einmal an einer WM-Endrunde teilgenommen hatte und fünfmal in Folge in den interkontinentalen Playoffs gescheitert war, ging auch im Vorfeld der WM 2006 als Underdog in die Partien gegen den zweimaligen Weltmeister Uruguay. Taktisch klug eingestellt vom niederländischen Erfolgstrainer Guus Hiddink kämpften sich die Socceroos vor heimischer Kulisse ins Elfmeterschießen.

Dort avancierte Mark Schwarzer zum Helden eines ganzen Kontinents: Der Keeper mit deutschen Wurzeln hielt gleich den ersten Elfmeter des Ex-Schalkers Dario Rodríguez und parierte auch den letzten und entscheidenden Strafstoß von Marcelo Zalayeta glänzend. Auch bei der folgenden WM in Deutschland schlug sich der Außenseiter erstaunlich wacker und rückte bis ins Achtelfinale vor - wo er in letzter Sekunde aufgrund eines äußerst fragwürdigen Elfmeters gegen den den späteren Weltmeister Italien ausschied.

Johann Mai