04.07.2015 10:00 Uhr

Parma: Nevio und das Nudel-Geld

Klubpräsident und Hoffnungsträger: Nevio Scala
Klubpräsident und Hoffnungsträger: Nevio Scala

Der Pleiteklub FC Parma hat sich nach dem Zwangsabstieg aus der Serie A neu aufgestellt und tritt künftig in der höchsten Amateurliga an. Hoffnung auf bessere Zeiten machen der ehemalige BVB-Trainer Nevio Scala und ein Investment vom Chef des größten italienischen Nudelherstellers.

Die richtigen Worte fand der große Hoffnungsträger bei seinem Amtsantritt als Klubpräsident zweifellos. "Parma ist nicht verschwunden und wird es nie sein. Ich übernehme die Führung des Vereins mit viel Verantwortungsbewusstsein", versprach Nevio Scala, als er am vergangenen Dienstag auf einer Pressekonferenz den neuen Klub "Parma Calcio 1913" aus der Taufe hob.

Der 67-jährige Trainerrentner, der seit 2004 nicht mehr in seinem ursprünglichen Job arbeitet, soll den radikalen Neuanfang bei den Norditalienern moderieren. "Echten, gesunden und nachhaltigen Fußball" und "absolute Transparenz" verspricht die Parma-Legende für die Zukunft des Vereins, der sich in den letzten Monaten als der Chaos-Klub schlechthin im ohnehin skandalträchtigen italienischen Fußball profilierte und Negativschlagzeilen am Fließband produzierte.

Chaos wohin man blickt

Bereits vor der gerade zu Ende gegangenen Saison schloss die UEFA das sportlich qualfizierte Parma nach Jahren der Misswirtschaft wegen steuerlicher Unregelmäßigkeiten von der Europa League aus. Als im Februar ein russisch-zyprisches Investorenkonsortium nach nur zwei Monaten Engagement seinen Rückzug erklärte, war der Klub in seiner damaligen Form nicht mehr zu retten. Der Schuldenberg stieg auf mehr als 200 Millionen Euro, Pfändungen und der Abzug von insgesamt sieben Punkten folgten.

Topstar Antonio Cassano suchte im Winter unter großem Getöse das Weite. Der Rest der kickenden Belegschaft drohte wegen ausstehender Gehaltszahlungen zunächst mit Streik, verzichtete aber schließlich sogar auf einen Teil seines Salärs. Nur dank einer Fünf-Millionen-Euro-Finanzspritze der Serie A konnte der Spielbetrieb überhaupt aufrechterhalten werden. Trainer Roberto Donadoni machte monatelang gute Miene zum bösen Spiel, um nach Ende seines Engagements im Gespräch mit der "Gazzetta di Parma" aufzudecken, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ihn "betrogen" habe.

Scala als Reminiszenz an eine Goldene Ära

Was der Klub in diesen dunklen Zeiten mehr als alles andere braucht, ist eine Identifikationsfigur. Diese Rolle übernimmt nun Nevio Scala. Während sein Name in Deutschland seit dem äußerst durchwachsenem Intermezzo auf der Trainerbank von Borussia Dortmund in der Saison 1997/1998 keinen guten Klang hat, steht Scala in Parma für eine längst vergangene erfolgreiche Ära. Von 1989 bis 1996 coachte der aus der Nähe von Padua stammende Fußballlehrer die Gelb-Blauen. Unter seiner Regie gewann der damalige AC Parma den italienischen Pokal, den Europapokal der Pokalsieger und den UEFA-Cup.

Von solchen Erfolgen kann Parma Calcio voraussichtlich für lange Zeit erst einmal nur träumen. Die harte Realität heißt Amateurfußball statt Europapokal. Ein logischerweise völlig neuformiertes Team startet in der viertklassigen Serie D. Mittel- bis langfristig soll es nach dem Willen von Scala aber wieder nach oben gehen. "Erst einmal brauchen wir ein starkes Fundament. Aber natürlich starten wir in Regionen, die eigentlich nicht zu Parma passen", meint der Präsident.

Kein Trainer, kein Stadion, aber immerhin Kapital

Auf dem Weg zurück in den bezahlten Fußball braucht es allerdings mehr als die neuerdings vorgelebte Fußballromantik. Auch Scalas Parma kann auf finanzielle Unterstützung aus der Wirtschaft nicht verzichten. Der milliardenschwere Unternehmer Guido Barilla, Chef des ortsansässigen Lebensmittelkonzerns, brachte mit Hilfe weiterer Investoren das Gründungskapital von 500.000 Euro zusammen. "Ich musste das einfach tun. Ich schuldete es den Menschen hier", begründet der 56-Jährige seinen Eintritt ins Fußball-Mäzenatentum.

Die Vereinsführung will zusätzlich aber auch treue Anhänger mit ins Boot holen und verkauft Fananleihen im Wert von 500 Euro pro Stück. Gleich in den ersten Stunden nach der Gründungszeremonie wurden 100 dieser Anteile gezeichnet - keine schlechte Bilanz für einen Klub, bei dem alles auf Anfang steht.

Viele drängende Problem müssen Scala, Barilla und ihre Mitstreiter in den kommenden Wochen nämlich noch lösen. So verfügt Parma bislang weder über einen Cheftrainer für seine erste Mannschaft noch über eine Spielstätte für die kommende Spielzeit. Die Verhandlungen mit der Stadt über die Nutzung des altehrwürdigen Stadio Ennio Tardini verliefen bislang ergebnislos.

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Tobias Knoop