08.07.2018 10:54 Uhr

WM 1990: Deutschlands kurzes Hurra

Rudi Völler setzte sich mit Deutschland im Finale durch
Rudi Völler setzte sich mit Deutschland im Finale durch

Im Jahr 1990 gewann die deutsche Nationalmannschaft das Endspiel bei der WM in Italien gegen Argentinien und krönte sich damit zum dritten Mal in ihrer Geschichte zum Weltmeister.

Wenige Minuten vor dem Abpfiff wird das WM-Finale 1990 entschieden. Nach einem Pass von Lothar Matthäus kommt Rudi Völler im Sechzehner zu Fall. Es folgt der Pfiff von Schiedsrichter Edgardo Codesal und Deutschland bekommt einen schmeichelhaften Elfmeter zugesprochen. Die Argentinier protestieren, doch es hilft nichts – nun muss sie ihr bisheriger Elfmeterkiller Sergio Goycochea retten.

Statt des bisher so sichere schießenden Lothar Matthäus schnappt sich Andreas Brehme das Leder und geht zum Punkt. Matthäus hatte in der Halbzeitpause sein Schuhwerk wechseln müssen und fühlte sich nicht sicher. Brehme hingegen wirkt entschlossen und konzentriert, tritt an und versenkt den Ball unhaltbar links unten. 1:0 Deutschland!

Die DFB-Elf bringt die hochverdiente Führung sicher über die noch verbleibenden fünf Minuten Spielzeit und krönt sich nach zuvor zwei verlorenen Endspielen zum dritten Mal zum Weltmeister. Es war ein Erfolg mit Ansage.

Weltmeister-Boom in Italien

Schon vor der Weltmeisterschaft waren die Namen der späteren Weltmeister in Italiens Stadien nicht unbekannt. Immerhin verdienten bereits vor dem Titelgewinn der Deutschen sieben DFB-Kicker ihre Brötchen in der damals hoch angesehenen Serie A.

Nach dem Triumph folgten Berthold, Brehme, Häßler, Matthäus, Klinsmann, Riedle und Völler bald noch die Teamkollegen Kohler, Reuter und Möller sowie kommende Nationalspieler wie Thomas Doll oder Matthias Sammer.

Eine anderes Reiseziel für Weltmeister tat sich Mitte der Neunziger in Asien auf. Mehr zum Ende ihrer Karriere hin suchten die Herren Buchwald, Bein und Littbarski ein größeres Abenteuer als Italien. Das Weltmeister-Trio heuerte unabhängig voneinander bei Klubs in Japan an und folgte damit dem Ruf der Asiaten, die eine eigene namhafte Profiliga aufbauen wollten und dafür gerne auch Weltmeister verpflichteten.

Der Fluch des Erfolgs

''Es tut mir Leid für den Rest der Welt, aber diese Mannschaft wird auf Jahre hinaus nicht zu schlagen sein.'' Diese euphorischen Worte äußerte Franz Beckenbauer unmittelbar nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft. Ein Gedanke, der sich nach dem Gewinn der WM zwar nachvollziehen, aber nicht bewahrheiten sollte.

Die von der Weltmeisterelf geprägten folgenden Turniere endeten nicht mit dem erhofften Erfolg, sondern mit einer überraschende Finalniederlage gegen Außenseiter Dänemark (EM 1992) und dem Viertelfinal-Aus gegen Bulgarien (WM 1994). Erst 1996, lediglich sechs Akteure der einstigen Weltmeistern-Elf waren noch Teil des Kaders, konnte Beckenbauer-Nachfolger Berti Vogts den deutschen Titelhunger stillen und in England den EM-Sieg einfahren.

Blamage 1998

Doch geblendet von den Erfolgen 1990 und 1996 zeigte sich 1998, dass der deutsche Fußball vergessen hatte, seine Hausaufgaben in Sachen Nachwuchsförderung und taktischer Ausrichtung zu machen. Mit nun wieder acht Weltmeister im Kader und einem Durchschnittsalter von 30,3 Jahren folgte erneut im Viertelfinale das Aus für die DFB-Elf.

Die Leistungsträger waren zu alt und die Spieler nicht mehr bissig genug, um noch einen zweiten WM-Titel einfahren zu können. Das Image der einstigen Ikonen erlitt erste ernsthafte Kratzer.

Mit Matthäus' erneuter Nominierung in den EM-Kader musste 2000 auch der letzte verbliebene Weltmeister das deutsche Vorrunden-Aus verdauen. Die aktive Nationalmannschaftszeit der Weltmeister von 1990 fand ein unrühmliches Ende.

Die Weltmeister heute: Kaum Präsenz in der Bundesliga

Anders als in den Neunziger Jahren, in denen die Weltmeister von 1990 noch nationale und internationale Begehrlichkeiten weckten, spielen sie im heutigen Profifußball nur noch eine untergeordnete Rolle.

Viele von ihnen versuchten sich bereits als Trainer, wirklich erfolgreich blieben die wenigsten: Rudi Völler (2002) und Jürgen Klinsmann (2006) kratzten als DFB-Teamchefs immerhin am WM-Titel. Ein Erfolg, von dem der Rest des Kaders bis heute weit, weit entfernt ist. 

Nils Marlow